Oliver Lederle , 49, gründete 1999 mit vier Partnern das digitale Kinderkaufhaus Mytoys. Heute ist die Mytoys Group Europas größter Onlinespezialist mit Produkten für die junge Familie, führt rund 500.000 Produkte und erzielt über eine halbe Mrd. Euro Umsatz. Die Otto Group hält mittlerweile 94,8 Prozent der Anteile.
Herr Lederle, Sie haben Mytoys 1999 gegründet, als der Hype um die ersten Internetfirmen gerade auf den Siedepunkt stieg. Warum haben Sie auf Spielzeug gesetzt?
Wir hatten fünf Jahre zuvor die kleine pfälzische Teddybärfabrik Grisly übernommen. Meine Frau ist leidenschaftliche Plüschtiersammlerin und war auf eine Verkaufsanzeige der Erben gestoßen. Ohne Grisly hätte es Mytoys wahrscheinlich nicht gegeben. Außerdem war ich damals als Berater bei McKinsey mit ein paar Kollegen für Internetprojekte zuständig. In der damaligen Boomphase war es naheliegend, etwas Eigenes zu gründen.
Was hat Sie daran gereizt?
Wirtschaft hat mich immer interessiert, und ich wollte immer Unternehmer sein. Das wusste ich schon mit 14. Mit 16 habe ich Capital abonniert und lese sie bis heute. Meine erste Firma durfte ich allerdings erst mit 18 gründen.
Was war das denn?
Eine Direktmarketingagentur. Ich hatte als Schüler Zeitungen und Prospekte ausgetragen, um mein Taschengeld aufzubessern. Dann dachte ich: Das kann ich doch auch selbst organisieren. Erst habe ich für ein paar Händler in Ulm Prospekte in unserem Viertel zugestellt, dann in der ganzen Stadt, dann im Umland, dann in Süddeutschland.
Aber mit solchen „Schweinebauchanzeigen“ haben Sie nicht schon Ihre erste Million gemacht?
Doch. Ich trug einen Schnurrbart, damit ich älter wirkte, und hatte schnell große Ketten wie Metro als Kunden. Nach ein paar Jahren arbeiteten mehr als tausend Zusteller für die Firma. Um die Jahrtausendwende herum habe ich wohl meine erste Million gemacht. Da war ich Anfang 30 und hatte die Werbefirma, die Teddyfabrik und Mytoys.
Haben Sie sich etwas gegönnt?
Ja, aber schon vorher. Das war der Moment, als ich zu meiner Frau gesagt habe: Ich könnte dir zwar ein Leben lang Teddys schenken – aber vielleicht ist es günstiger, wenn wir gleich die Teddyfabrik kaufen. Es war am Ende nicht das erfolgreichste unternehmerische Unterfangen, aber eine sehr schöne Zeit für uns.
Und Mytoys lief so nebenbei?
Nein, nachdem die Idee da war, habe ich im Sommer 1999 bei McKinsey gekündigt. Dann musste alles sehr schnell gehen, um das Weihnachtsgeschäft mitzunehmen. In den ersten Wochen hat einer meiner Gründungspartner bei uns zu Hause im – wie er es nannte – „Gruselzimmer“ geschlafen, einem Raum voller Teddymuster. Das Schwierigste war, eine IT-Plattform zu entwickeln und Lagerräume zu finden. Das Einfachste war, die Finanzierung zu bekommen. Damals musste man Internet nur richtig buchstabieren können.
Aber wenige Monate nach Ihrem Start brach im Frühjahr 2000 der Neue Markt zusammen. Hatten Sie Angst, mit unterzugehen?
Ja, das wäre möglich gewesen. Nach dem Crash war es überaus schwierig, an Venturecapital zu kommen. In Deutschland herrschte in manchen Unternehmen bis 2007, 2008 die Meinung: Dieses Internet war doch nur eine Modeerscheinung – das verschwindet wieder. Der Handelskonzern Otto hat von Anfang an an uns geglaubt. Das hat sehr geholfen.