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Junge Elite „Keiner kommt mit großen Ideen“

Heiko Fisher, Gründer Resourceful Humans
Heiko Fisher, Gründer Resourceful Humans
© Heiko Fisher
Heiko Fischer will mit Resourceful Humans die deutsche Arbeitskultur demokratisieren. Er kritisiert die vorherrschende Angst vor Innovationen: in Unternehmen wie in der Politik.

Heiko Fischer, Jahrgang 1977, ist Mitglied der Capital Top 40 unter 40. Sein Karriereweg führte ihn über Jobs im Personalwesen u.a. bei HP, Bayer, eBay, Jack Russell und Crytek zur Gründung von Resourceful Humans. Mit einem Team von mittlerweile 23 Mitarbeitern entwickelt das Unternehmen Software-Lösungen für ein demokratischeres Personalwesen in Unternehmen und begleitet die damit angestoßenen Veränderungsprozesse. Der Gründer ist der Meinung, dass neue Technologien in Unternehmen nur sinnvoll sind, wenn Mitarbeiter ihren Nutzen daran verstehen. Im Interview erklärt er seine Idee von einer modernen Arbeitswelt.

Capital: Was waren die wichtigsten Stationen deines Karrierewegs?

Heiko Fischer: Sehr prägend war für mich als erstes die Schulzeit. Ich habe in Genf eine internationalen Ganztagsschule besucht. Dort durfte man größtenteils selbst entscheiden, welche Kurse man belegen will, meine Mitschüler kamen aus so verschiedenen Umfeldern, dass keine Herangehensweise an ein Probleme selbstverständlich war. Ich war es von Anfang an gewohnt, andere zu fragen „Wie siehst du das?“ statt auf meiner eigenen Denkweise zu beharren. Auch sehr wichtig für mich persönlich war, dass ich nach der Schule unter anderem ein Jahr in Kairo gelebt habe. Das hat mich sehr geprägt, denn dort wurde ich in eine Kultur aufgenommen, die mir fremd war, der ich umgekehrt aber genauso fremd war. Das war eine wertvolle Erfahrung.

Wann wusstest du, was du beruflich machen willst?

Mein Vater hat bei Hewlett Packard gearbeitet und war dort immer sehr glücklich. Seine Arbeitskollegen waren gleichzeitig seine Freunde, für unsere Familie waren sie wie Familienmitglieder. Die Atmosphäre im Unternehmen war toll, das hat mich so beeindruckt, dass ich auch dort angefangen habe zu arbeiten.

Wurden deine Vorstellungen erfüllt?

Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht, ich musste aber trotzdem aufhören, dort zu arbeiten, weil ich immer mit meinem Vater verglichen wurde. Ich wollte einfach etwas eigenes ausprobieren, bin dann zu Bayer gewechselt und war geschockt von dem, was ich dort erlebt habe.

Und zwar?

Die Unternehmenskultur war eher leidend. Ich war es von HP gewohnt, dass Bürotüren immer offen stehen, als Symbol dafür, dass man offen für Gespräche ist. Bei Bayer war ich der Einzige, der seine Türe offen stehen ließ. Mit neuen Ideen wurde man schief angeguckt. Innovationen waren nicht erwünscht, bis zur Rente wollte man eigentlich nur seine Ruhe haben.

Du bist dort also nicht lange geblieben?

Nein, ich habe mich noch weiter umgeguckt und musste feststellen: Großunternehmen haben immer versprochen anders, offener, moderner zu sein. Doch meistens waren es nur verschiedene Grautöne derselben verkrusteten Struktur.

Verschiedene Grautöne der verkrusteten Struktur

Wann hast du einen Arbeitgeber gefunden, mit dem du dich besser identifizieren konntest?

Durch Zufall habe ich irgendwann einen Typ kennengelernt, der ein Videospieleunternehmen gegründet und sich gefragt hat, wie man sein Unternehmen davor bewahren kann, in hierarchische, verkrustete Strukturen zu fallen. Mit ihm habe ich dann experimentiert und neue Organisationsformen ausprobiert.

Der Anfang von Resourceful Humans?

Genau, die Gründung von Resourceful Humans ging mit dem Wunsch einher, sich intensiv mit der Zukunft von Organisationen zu beschäftigen, der Hybrid zwischen Software und dem Verhalten der Menschen zu sein.

Hybrid zwischen Software und Verhalten der Menschen

In welchen Bereichen reformiert ihr die Arbeitskultur?

Wir haben eine AI namens AImee, die Organisationen hilft in menschengerechten Netzwerken zu arbeiten statt in verkrusteten Hierachien. Unsere Kunden können mit ihrer Hilfe Leistungs, Budgetierungs- und Vergütungssysteme unternehmerischer und agiler machen, die Feedback- und Entscheidungsfindungskultur radikal verbessern und den Umgang mit Meetings effektiver gestalten.

Warum brauchen Unternehmen all diese Veränderungen?

Weil gerade ein „model shift“ stattfindet. Die zunehmend vernetzte Welt trifft auf geschlossene Organisationen. Das geht nicht gut.

Eure Kunden sind diesbezüglich also schon einsichtig und vorausschauend?

Es gibt zwei Gruppen von Kunden. Die einen sind Überzeugungstäter. Sie probieren gerne Neues aus und entwickeln sich und ihr Unternehmen weiter. Die anderen sind Verzweiflungstäter. Sie haben gemerkt: Wir müssen etwas verändern, sonst gibt es uns bald nicht mehr.

Das Beste aus zwei Welten

Und alle dazwischen?

Die haben entweder noch keinen Leidensdruck oder haben Angst vor dem Neuen, Unbekannten. Darin besteht unsere Herausforderung in Europa: Wenn wir das beste aus der Unternehmenskultur der USA mit unserem Solidardenken verbinden, wäre das ein großer Wettbewerbsvorteil für den Standort.

Was hindert uns daran?

Uns fehlt es an Menschen in Führungspositionen, die verstehen, was der positive Platz der Organisation in der Zukunft sein kann und wie man diese Sinnhaftigkeit mit den Mitarbeitern in ihre Arbeit und ihr Leben übersetzt. In der Politik haben wir ein ähnliches Problem: Keiner kommt mehr mit großen Ideen und konkreten Ansatzpunkten.

Capital wählt seit über zehn Jahren Deutschlands Top 40 unter 40 aus den Bereichen Management, Unternehmertum, Staat, Politik, Gesellschaft und Wissenschaft. Mitte November ist es wieder soweit: Dann werden die aktuellen Preisträger des Jahres 2018 bekannt gegeben (in Ausgabe 12/2018 von Capital). Am 21. November findet zudem der große Junge Elite Gipfel der Top 40 unter 40 statt, bei dem exklusiv die aktuellen Preisträger mit Alumni des Netzwerks zusammenkommen - in diesem Jahr in Kooperation mit Roland Berger und Spielfeld.

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