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Beste Ausbilder Fresenius: „Wir gehen stärker in die Berufsberatung“

Fresenius-Konzernzentrale in Bad Homburg
Fresenius-Konzernzentrale in Bad Homburg: Das Unternehmen bietet vielfältige Ausbildungsmöglichkeiten
© Arne Dedert/dpa / Picture Alliance
Von Hebammen bis zu Fachinformatikern – der Gesundheitskonzern hat ein breit gefächertes Ausbildungsangebot. Wie der Konzern Nachwuchskräfte von sich überzeugen will, erklärt Ausbildungsleiter Jürgen Muthig im Interview 

Fresenius ist in der Medizintechnik und im Pharmabereich international vertreten und mit den Helios Kliniken einer der größten privaten Krankenhausbetreiber Deutschlands. Das Unternehmen beschäftigt im aktuellen Ausbildungsjahr mehr als 6300 Azubis und über 400 dual Studierende, unter anderem aus den Bereichen Gesundheit und IT. Jürgen Muthig ist Ausbildungsleiter von Fresenius.

Herr Muthig, Fresenius hat die Zahl seiner Ausbildungsplätze zuletzt Jahr für Jahr aufgestockt. Wie finden Sie trotz Nachwuchskräftemangel gerade im Gesundheitsbereich Azubis?
JÜRGEN MUTHIG: Wir werben mit Videos auf Tiktok und Snapchat, aber auch Messen oder Praktika bleiben für uns wichtig. Welche Maßnahmen wir umsetzen, hängt von der Region ab. Mancherorts ist die Konkurrenz um Auszubildende im Pflege- und Gesundheitsbereich sehr groß. Dort muss unser Krankenhausbetreiber Fresenius Helios mehr Praktikumsplätze und Präsenzveranstaltungen anbieten als in anderen Gegenden. Auch das Recruiting ist regional angepasst. An manchen Standorten laden wir Bewerberinnen und Bewerber für einen Praktikumstag ein. Und es kann durchaus sein, dass am Abend gleich ein Ausbildungsvertrag angeboten wird.

Auch die dualen Studienplätze sind zuletzt zahlreicher geworden. Warum?
Das ist generell dem Bildungsmarkt und der Bildungspolitik geschuldet. Die Nachfrage von Abiturientinnen und Abiturienten nach dualen Studiengängen ist sehr hoch und auch der Bedarf in unserem Konzern. Darauf haben wir schon vor Längerem reagiert und auch das Angebot immer weiter ausgebaut. In diesem Jahr bieten wir zum ersten Mal ein duales Studium „Data Science und Künstliche Intelligenz“ an. Studierende lernen dabei, wie man große Datenmengen KI-gestützt auswertet und dadurch Geschäftsprozesse optimieren kann.

Wie bewirbt man sich auf diese Ausbildungsmöglichkeiten?
Bei den meisten Stellen brauchen wir anfangs nur die Kontaktdaten, dann laden wir zu einem Online-Einstellungstest ein. Er liefert uns ein sogenanntes Stärkenprofil, das zum Beispiel Risikobereitschaft, Verantwortungsbewusstsein, Kommunikationsfähigkeit und Prozessdenken beschreibt. Erst danach fordern wir Schulzeugnisse und Lebenslauf an und laden zum Vorstellungsgespräch ein. Dabei können wir auf Basis des Stärkenprofils eventuell auch noch mal in das Thema Berufsorientierung einsteigen. Diesen Bereich wollen wir weiter ausbauen, indem wir von Anfang nächsten Jahres an eine Initiativbewerbung für Ausbildungen zulassen. Dann kann man sich bewerben, ohne sich vorab für eine Ausbildung oder ein duales Studium zu entscheiden. Das Vorstellungsgespräch geht künftig stärker in Richtung Berufsberatung.

Haben Sie nicht mehr von jemandem, der weiß, wo er hinwill?
Die Mehrheit trifft ja für sich die richtige Berufswahl. Der eine oder andere stellt jedoch während der Ausbildungszeit fest, dass er doch nicht die richtige Wahl getroffen hat. Ein Wechsel während der Ausbildung ist für uns zwar kein Beinbruch, weil wir bundesweit über 40 Ausbildungsberufe und mehr als 30 duale Studiengänge anbieten. So können wir aber schon direkt bei der Bewerbung ansetzen.

Wie machen Sie die künftigen Berufseinsteiger schon während der Ausbildung fit für die Zukunft?
Wir haben im gerade gestarteten Ausbildungsjahrgang die Themen „Future Skills“ und „Employability“ platziert. Das sind zwei Buzzwords, auf die man jetzt überall trifft. Mit Blick auf die Entwicklungen der künstlichen Intelligenz spielen etwa digitale Kompetenz, kritisches Denken und lebenslanges Lernen eine große Rolle. Gerade als junger Mensch sollte man nicht mit Scheuklappen he­rumlaufen. Durch Technik verändern sich Berufsbilder oder fallen ganz weg – und damit auch Ausbildungswege. Digital Natives haben zum Glück kaum Berührungsängste. Sie sollen bei uns lernen, ihre Ideen und privaten Erfahrungen stärker einzubringen.

Wie geht Fresenius damit um, wenn Berufsfelder obsolet werden?
Wir prüfen jedes Jahr aufs Neue, welche Ausbildungsberufe und dualen Studiengänge wir anbieten möchten. Das ist für uns auch ein strategisches Thema. Wir bilden schließlich für den eigenen Bedarf aus, denn am Arbeitsmarkt allein können wir unseren Fachkräftebedarf nicht decken.

Wenn die Fachkräfte dringend gebraucht werden, warum bieten Sie dann keine flächendeckende Übernahmegarantie?
Wenn wir eine Garantie aussprechen müssten, könnten wir weniger Ausbil­dungsplätze anbieten, weil wir eben nicht hundertprozentig wissen, wie es in zwei oder drei Jahren aussieht. Es hat bislang auch noch keine Bewerberin und kein Bewerber eine Übernahmegarantie eingefordert. Solch eine verbindliche Zusage wäre also nicht sinnvoll. Wir haben außerdem eine Übernahmequote von über 90 Prozent.

Was ist das nächste große Projekt, das Sie im Ausbildungsbereich anpacken?
Wir wollen bis Jahresende ein „Pre-On­boarding-Programm“ umsetzen. Zwischen Zusage und Ausbildungsbeginn liegen oft Monate, und wir wollen die jungen Leute in dieser Zeit darin bestärken, dass sie sich für das richtige Unternehmen entschieden haben. Früher war es selbstverständlich, zu einem unterschriebenen Ausbildungsvertrag auch zu stehen. Das ist heute nicht mehr so. Wir haben für das aktuelle Ausbildungsjahr mehr Vertragsrückgaben bekommen als in den vergangenen Jahren. Das zeigt, wie hart die Wettbewerbssituation ist. Über die geplante Plattform können sich die künftigen Auszubildenden und dual Studierenden schon einmal kennenlernen und untereinander an den jeweiligen Standorten vernetzen. Sie können sich auf den ersten Ausbildungstag vorbereiten und zusammen auf Wohnungssuche gehen. So möchten wir die jungen Talente noch früher und dauerhaft von Fresenius überzeugen.

Erschienen in Capital 11/2023

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