Galab Laboratories in Hamburg ist ein Hightech-Labor mit 250 Mitarbeitenden. Hier werden Lebensmittel und ihre Verpackungen, Sanitärprodukte und andere Bedarfsgegenstände analysiert und bewertet. Marcus Demuth ist Personalleiter und mitverantwortlich für die sechs Auszubildenden zu Chemielaboranten, die Galab jährlich einstellt.
Herr Demuth, wie finden Sie passende Kandidaten für die Ausbildung zum Chemielaboranten?
MARCUS DEMUTH: Wir sind keine große Marke, die jeder kennt. Deswegen gehen wir die Suche sehr persönlich an. Natürlich nutzen wir mehrere Kanäle, auch Social Media, aber eine wichtige Plattform für uns sind Berufsmessen. Das mag altmodisch klingen, doch die Menschen dort sind ehrlich interessiert, und wir können uns direkt mit ihnen austauschen. Azubis aus dem aktuellen Jahrgang führen kleine Experimente vor, tragen Kittel – wie im echten Arbeitsalltag. Sie berichten, was ihnen an der Ausbildung gefällt und was nicht. Das ist viel authentischer, als blumige Flyer auszulegen.
Und reicht das in Zeiten des Fachkräftemangels?
Wir merken, dass die Zahl der Bewerbungen in den vergangenen Jahren rückläufig ist, auch weil viele lieber zuerst studieren wollen. Bislang haben wir aber immer noch alle Plätze besetzen können und auch geeigneten Kandidaten absagen müssen. Natürlich bildet die Schulnote in Chemie einen wichtigen Indikator, trotzdem steht der menschliche Faktor bei uns im Einstellungsprozess über den Noten. Wir können nur dann Wissen vermitteln, wenn die Kandidaten unserem Eindruck nach wirklich Lust auf Chemie und wissenschaftliches Arbeiten haben.
Ihr Betrieb zeichnet sich durch eine sehr gute Betreuung aus, bietet aber auch ein hochmodernes Arbeitsumfeld mit den neuesten Methoden und Messgeräten. Was zieht bei jungen Menschen mehr?
Wir punkten mit beidem. Wir sind das größte inhabergeführte Labor in Europa, haben aber keine komplizierten Konzernstrukturen wie viele andere. Die Hierarchien sind flach, das Miteinander ist familiär. Unser Gründer und Geschäftsführer, Doktor der Chemie mit 30 Jahren Erfahrung in der Branche, ist in der Ausbildung auch selbst sehr aktiv und gibt wöchentlich Theorieunterricht zusätzlich zur Berufsschule. Mehr Engagement für die Ausbildung geht doch kaum.
Wie ist die Ausbildung organisiert?
Wir haben eine hauptberufliche Ausbilderin, die vor Jahren selbst ihre Ausbildung bei uns gemacht hat und daher alles genau kennt. Außerdem haben wir ein eigenes Azubi-Labor, wo sich alle auch über verschiedene Jahrgänge hinweg als Gruppe finden können. Neue Azubis machen dort am Anfang ein Grundpraktikum, wo sie die Grundfähigkeiten wie den richtigen Umgang mit der Pipette erlernen. Teils haben sie unterschiedliche Wissensstände, weil einige direkt von der Realschule kommen und andere schon mal ein Studium ausprobiert haben. Während der dreieinhalbjährigen Ausbildung durchlaufen sie dann alle Fachabteilungen bei Galab von der Mikrobiologie bis zur Elementanalytik.
Wie finden Sie die richtige Balance zwischen enger Betreuung und Eigenverantwortung der Azubis?
Es geht um die Frage, wie viel man ihnen zutrauen kann, ohne sie zu überfordern oder zu unterfordern. Bei uns haben die Azubis schon dadurch früh viel Verantwortung, da sie im echten Tagesgeschäft mitarbeiten. In anderen Betrieben bekommen Azubis manchmal nur Muster- oder Beispielaufgaben. Unsere Azubis sollen nicht in einer theoretischen Blase lernen, sondern mit echten Proben – auch in eigenem Interesse.
Was macht die Laborantenausbildung bei Ihnen noch besonders?
Wir haben Gleitzeit, ein hohes Gut im Laborwesen. In den meisten Laboren gibt es Schichtarbeit, auch am Wochenende und an Feiertagen. Dieses System hat viele Vorteile, ist wirtschaftlicher, aber sehr starr. Wir wollen, dass unsere Mitarbeitenden noch ein vernünftiges Familienleben haben und ihren Hobbys nachgehen können. Viele Labore sind außerdem extrem auf Kennzahlen getrimmt. Natürlich müssen auch wir gewisse Ziele erreichen, aber wir legen dabei großen Wert auf das Miteinander. Als im Sommer zusätzlich zur Urlaubszeit noch viele krank waren, sind ganz selbstverständlich die Abteilungsleiter eingesprungen, um zu entlasten.
Sie ermöglichen es Mitarbeitenden auch, zehn Prozent ihrer Arbeitszeit für ein Projekt aufzuwenden, das nichts mit ihrer Arbeit zu tun hat.
Ja, sie können zum Beispiel die Unternehmenszeitung mitgestalten oder imkern. Galab hat eigene Bienenstöcke, und Mitarbeiter können Honig herstellen, den es dann beim gemeinsamen Firmenfrühstück gibt oder den wir neuen Azubis zur Begrüßung schenken. Die Azubis können sich an diesen Projekten zwar schon beteiligen, das Angebot richtet sich aber vorrangig an die feste Belegschaft.
Wie gut stehen die Chancen Ihrer Azubis, Teil der festen Belegschaft zu werden?
Sehr gut, wir streben eigentlich immer eine Übernahme an und gehen im letzten Ausbildungsjahr aktiv auf die Azubis zu. Wenn sie bei uns bleiben wollen, setzen wir sie in den letzten Monaten ihrer Ausbildung verstärkt in dem Bereich ein, in den sie gehen wollen, damit sie für den Start perfekt eingearbeitet sind und sich im Team wohlfühlen können.
Wollen die meisten denn nach Ausbildungsende bleiben?
Ja, unsere Übernahmequote liegt bei über 90 Prozent, vor allem weil es menschlich einfach passt. Bei den restlichen zehn Prozent habe ich als Personaler immer ein lachendes und ein weinendes Auge. Denn wir begeistern unsere Azubis manchmal so sehr, dass sie nach der Ausbildung Chemie beziehungsweise Lebensmittelchemie studieren wollen. Im besten Fall bleiben sie uns dann noch als Werkstudenten erhalten.