Thomas Veitengruberist Unternehmensberater und Gründer der „Veitengruber - Beratung für den Mittelstand“. Gemeinsam mit Jörg Pfützenreuter gründete er die „VerhandlungsWerkstatt“. Hier werden Inhalte rund um das Thema „Verhandeln“ trainiert. In ihrem Buch „Die Everest-Methode“ bieten die beiden Autoren eine praxiserprobte Systematik zur Vorbereitung und Durchführung von Einkaufs- und Verkaufsverhandlungen. Weitere Infos: everest-methode.de
Ob mit der Familie die nächste Urlaubsreise besprochen oder mit einem Kunden über Preise diskutiert wird – wir verhandeln jeden Tag. Und immer müssen verschiedene Interessen auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden. Wirklich? Oder geht es in Verhandlungen schlicht darum, das beste Ergebnis für sich oder für das eigene Unternehmen zu erzielen? Und was ist das, „das beste“? „Gute Verhandlungsführung ist mehr als nur Geschick.“ Es gibt keinen Königsweg, der immer nur optimale Verhandlungsergebnisse garantiert. Keine Verhandlung gleicht der anderen, und was einmal funktioniert hat, kann das nächste Mal falsch sein. Aber ganz gleich, was Sie mit wem verhandeln, die Parameter für den Erfolg bleiben dieselben!
Tipp 1
Ohne Fleiß kein Preis - Gute Vorbereitung und klare Ziele Eine sinnvolle Verhandlungsvorbereitung basiert auf Informationen. Machen Sie sich ein präzises Bild davon, mit wem und was Sie es zu tun haben. Oft entscheiden sich Verhandlungen zugunsten derjenigen, die schlichtweg besser informiert sind. Erst wenn Sie die relevanten Informationen über Markt, Verhandlungsteilnehmer und Entscheidungsstrukturen gesammelt haben, sollten Sie sich über Ihre Ziele Gedanken machen. Entscheidend für den erfolgreichen Verlauf jeder Verhandlung ist es, sein Ziel genau zu kennen. Je genauer Sie es definieren, desto weniger werden Sie in die Verlegenheit kommen, plötzlich auf glattem Eis „herumzueiern“. Mit welchem Ergebnis möchten Sie den Verhandlungstisch verlassen? Haben Sie eine genaue Vorstellung oder ist sie eher vage? In jeder Verhandlung gibt es ein ganzes Bündel von Zielen, die unterschiedlich wichtig sind, sich bisweilen sogar widersprechen können. Vergegenwärtigen Sie sich Ihr Zielsystem, priorisieren Sie einzelne Ziele und stecken Sie auf dieser Grundlage Ihren Verhandlungsspielraum ab.
Tipp 2
Die Schuhe des Anderen – Lernen Sie Ihren Verhandlungspartner kennen! Es geht nicht nur darum, bessere Argumente zu haben, sondern sie auch so zu plazieren, dass Sie nicht entkräftet werden können! Setzen Sie sich ganz konkret mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Argumenten und der erwarteten Argumentation Ihres Verhandlungspartners auseinander. Wenn Sie das Ganze aus seiner Perspektive sehen, werden Sie wissen, wo ihn der Schuh drückt und Sie können maßgeschneiderte und damit schlagkräftige Argumente entwickeln. Wenn Sie wissen, was Ihren Verhandlungspartner antreibt, können Sie darauf eingehen und sind auf offensichtliche Einwände vorbereitet. Vermeiden Sie, dass Ihnen die besten Antworten immer erst hinterher einfallen.
Tipp 3
Setzen Sie sich durch, weil Sie es können – beurteilen Sie die Machtverhältnisse mit kühlem Kopf Die Informationen über Unternehmen und Marktumfeld geben Aufschluss über die Machtverhältnisse. Wer hat in der Verhandlung mehr zu verlieren? Wer hat mehr Macht und kann diese ausspielen? Wie abhängig sind Sie und Ihr Verhandlungspartner voneinander? Welche Auswirkungen hat es, sollte die Verhandlung scheitern? Wer trägt das größere Risiko? Und: Haben Sie Möglichkeiten, die Wahrnehmung des Gegenübers zu verändern? Hier geht es nicht ums Überzeugen, sondern um Zwang.
Tipp 4
„Wenn Du Deinen Feind nicht besiegen kannst, dann umarme ihn!“ (chinesische Sprichwort) Ihr Erfolg hängt immer auch von anderen ab und vom zwischenmenschlichen Zusammenspiel. Wenn es in der Sache nicht weitergeht, müssen Sie Ihren Verhandlungspartner auf der emotionalen Ebene abholen, denn Ihr Gegenüber muss eine Einigung auch wollen! Bauen Sie Wellenlänge auf! Suchen Sie ein für alle verträgliches Verhandlungsergebnis, dann verhandelt man miteinander. Oder: Verunsichern Sie gezielt Ihren Verhandlungspartner! Wenn Sie stark genug sind und Ihre Interessen durchsetzen können, dann werden Sie hart verhandeln. Dann zählen weniger Achtung und Teamgeist, sondern Angst vor dem Scheitern.
Tipp 5
„Pläne sind nichts, Planung ist alles!“ ( D. Eisenhower) Können Sie Ihre Ziele durchsetzen? Oder schielen Sie besser auf einen Kompromiss, weil Sie sich ein Scheitern der Verhandlung nicht erlauben können? Jede Situation erfordert ein anderes Vorgehen. Der vielbeschworene Begriff der Partnerschaft ist in vielen Fällen unpassend, wenn Sie das Optimum für sich und Ihr Unternehmen erreichen wollen. Wenn Sie am längeren Hebel sitzen und es die Wettbewerbssituation erlaubt, können Sie auch Maximalforderungen durchsetzen. In anderen Fällen kann ein (fauler) Kompromiss für Sie das Beste sein, was zu erreichen ist. Welchen Verhandlungsspielraum benötigen Sie? Und vergessen Sie nicht: Jeder Plan kann auch scheitern! Sie brauchen vielleicht einen „Plan B“! Planen Sie auch die Umsetzung, die Dramaturgie der Verhandlung! In der Wahl der Mittel ist Ihr persönlicher Geschmack entscheidend. Sicher, das Gebot der Fairness sollte immer gelten. Klar ist aber auch, dass Fairness anders verstanden wird, wenn ein Unternehmen um sein Überleben kämpft. Gibt Ihre Firma Ihnen Regeln für dem Umgang mit Geschäftspartnern vor? Sieht man sie tatsächlich als Geschäftspartner? Oder gilt die Devise: geht raus und zieht sie über den Tisch? Eine gute Vorbereitung bringt innere Sicherheit und damit äußere Souveränität: Ihr Auftreten spiegelt Ihre innere Einstellung wider und jeder erkennt, dass Sie ein ernst zu nehmender Gesprächspartner sind, der weiß, was er will und bereit ist, sich dafür einzusetzen. Sie liefern sich nicht dem Zufall aus und können agieren statt reagieren. Wer erfolgreich verhandeln möchte, sollte die Sache also systematisch angehen. Wer Ordnung in die vielen Parameter einer Verhandlung bringt, hat einen klaren Blick auf sein Ziel und verliert es nicht aus den Augen, so haarig die konkrete Verhandlung dann auch werden mag.