Die Corona-Pandemie dämpft die Lust an Jobs im Ausland. 2014 waren in der Studie „Decoding Global Talent“ noch knapp zwei von drei Befragten (63,8 Prozent) bereit, für eine passende Stelle in ein anderes Land zu ziehen. 2018 fiel dieser Anteil auf 57,1 Prozent.
Die Corona-Pandemie scheint den Trend verschärft zu haben. In der von Oktober bis Anfang Dezember 2020 durchgeführten Umfrage war nur noch die Hälfte der Teilnehmer (50,3 Prozent) aus 190 Ländern zu einem Auslandsjob bereit. „Decoding Global Talent“ ist eine Untersuchung der Managementberatung Boston Consulting Group, der Jobplattform StepStone und von The Network , einem weltweiten Zusammenschluss von Online-Jobbörsen.
Corona entmutigt Expats
Die Corona-Krise hat unter den beliebtesten Ländern für potenzielle Expats Spuren hinterlassen. „Erfolg im Kampf gegen die Corona-Pandemie scheint Staaten auch zu attraktiveren Zielländern in Sachen beruflicher Mobilität zu machen“, urteilte StepStone bei der Vorstellung der Ergebnisse im März 2021. „Staaten, die die erste Welle erfolgreich bekämpft hatten, haben sich im Ranking vorgeschoben.
Umgekehrt haben die Länder an Beliebtheit verloren, die bis zum Zeitpunkt der Befragung im Herbst 2020 besonders schwer von Covid-19 getroffen wurden, wie zum Beispiel Italien und Spanien , die beide zum ersten Mal seit 2014 keinen Platz unter den ersten zehn erreichen konnten.“
Deutschland bekam diese Folgen ebenso zu spüren wie der langjährige Spitzenreiter der Rangliste, der auch für die Analysten überraschend Platz eins räumen musste.
Studie: Beliebteste Länder für Auslandsjobs
Für die Erhebung haben den Angaben zufolge 208.807 Menschen einen Fragebogen ausgefüllt. Die Mehrheit von ihnen
- war zwischen 20 und 40 Jahre alt
- befand sich also am Anfang oder in der Mitte der Karriere
- arbeitete in der Privatwirtschaft
- hatte einen Hochschulabschluss
- war männlich (51 Prozent).
Die Teilnehmer (über 5000 von ihnen aus Deutschland) beantworteten 40 Fragen zu Aspekten des Arbeitslebens, darunter die Bereitschaft, im Ausland zu arbeiten und die Veränderungen infolge der Corona-Pandemie.
Das waren Ende 2020 laut der Untersuchung die beliebtesten Länder für einen Auslandsjob:
Beliebteste Länder zum Arbeiten weltweit
Neuseeland belegte in der Studie „Decoding Global Talent“ auf der Liste der beliebtesten Länder für einen Auslandsjob Platz zehn. Acht Prozent der Teilnehmer, die bereit wären, für die passende Stelle in ein anderes Land zu ziehen, konnten sich Neuseeland als Destination vorstellen. Der Staat war damit einer von nur zwei Neuzugängen in den Top Ten. Neuseeland hatte es weder 2018 noch 2014 in die Spitzengruppe geschafft. „Neuseeland war fast seit Beginn der Pandemie ein Vorbild für effektives Coronavirus-Management“, lobten die Autoren und hoben weitere Vorzüge für ausländische Fachkräfte hervor.
Frankreich hingegen hat sich kontinuierlich in dem Ranking verschlechtert – und symbolisiert damit den generellen Abstieg Europas. 2014 waren noch sieben Plätze in den Top Ten nach Europa gegangen. In der aktuellen Ausgabe sind nur vier Länder des Kontinents zu finden. Frankreich hatte 2014 auf Platz sechs gelegen. 2018 rutschte es einen Rang ab. 2020 reichte es mit neun Prozent Zustimmungsrate nur für Platz neun.
Der zweite Newcomer des Rankings war neben Neuseeland Singapur. Das asiatische Finanzzentrum half mit seiner Quote von elf Prozent dabei, Spanien und Italien aus der Spitzengruppe zu verdrängen. Dabei hatte Spanien 2018 sogar noch Platz sechs belegt. Singapur lag damals auf dem 18. Rang und profitierte zuletzt besonders von dem Corona-Bonus für viele Staaten im Asien-Pazifik-Raum.
Japan war 2014 noch nicht unter den beliebtesten Ländern für einen Auslandsjob vertreten. 2018 stieg es auf Platz zehn ein. Im aktuellen Ranking macht Japan einen Sprung auf Rang sechs. Noch beeindruckender fiel der Popularitätsschub für die Republik Korea aus. Japans Nachbar lag 2014 auf Rang 37. Zuletzt verbesserte er sich vom 24. auf den zwölften Platz. „Dies ist ziemlich beeindruckend für ein Land, dessen Sprache nicht weit verbreitet ist und es zeigt, wie wichtig den Befragten das öffentliche Gesundheitssystem ist“, urteilten die Experten von BCG und StepStone.
Deutschland blieb mit 19 Prozent die beliebteste nicht-englischsprachige Nation des Rankings. Allerdings verschlechterte sich die Bundesrepublik im Vergleich zu 2018 um zwei Plätze. Sie kam damit auf ihr Ergebnis der Umfrage von 2014. Die Autoren bescheinigten Deutschland zwar einen vergleichsweise erfolgreichen Kampf gegen die erste Corona-Welle. „Das Image des Landes hat aber unter der Gesamtzahl der Coronavirus-Fälle in der Europäischen Union gelitten“, schlussfolgerten sie und monierten zudem ein nachlassendes Engagement im Bereich Einwanderung. „Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, braucht der deutsche Arbeitsmarkt ausländische Fachkräfte“, mahnte StepStone und appellierte an hiesige Unternehmen, stärker um ausländische Talente zu werben.
Australien ist einer der Aufsteiger der Rangliste. Der Kontinent konnte sich vom siebten Platz (2014) über Platz vier (2018) auf Rang drei vorschieben. Exakt jeder fünfte Befragte, der generell an einem Auslandsjob interessiert war, würde laut der Umfrage nach Australien ziehen. Das Land punktete den Angaben zufolge neben Englisch als Amtssprache mit dem Pandemie-Management, dem Sozialsystem und einer Kultur, die im Vergleich zum ehemaligen Spitzenreiter als offener empfunden wurde.
„Die auffallendste Veränderung in unserer Umfrage ist der Fall der USA vom Spitzenplatz“, hieß es in dem Bericht. Die Vereinigten Staaten mussten nach 2014 und 2018 erstmals den ersten Rang räumen. Sie kamen mit einer Zustimmungsrate von 20 Prozent nur dank höherer Nachkommastellen vor Australien auf Platz zwei. Uneinheitlicher Kampf gegen die Pandemie, zunehmender Nationalismus und soziale Unruhe führten nach Ansicht der Autoren zum Sturz der USA. Selbst unter digitalen Fachkräften reichte es für die Heimat von Apple, IBM und Amazon nur für Platz zwei. Die Umfrage fand von Oktober bis Anfang Dezember 2020 statt, fiel also in die Zeit um die US-Präsidentschaftswahl.
Kanada ist laut dem Bericht „Decoding Global Talent“ in der Corona-Pandemie zum beliebtesten Land für potenzielle Expats aufgestiegen und das mit deutlichem Abstand vor den USA. 24 Prozent der an einem Auslandsjob Interessierten würden demnach Kanada in Betracht ziehen. Das Land hat es den Angaben zufolge geschafft, eine große Bandbreite von Menschen für sich einzunehmen. So war es in fünf von sieben demografischen Kategorien (Alter, Bildungsgrad, Branche) die Nummer eins. Dasselbe galt für vier von sechs Weltregionen, aus denen die Befragten stammten. Kanada und Australien profitierten dabei laut dem Bericht vom selben positiven Image.