Im April 2015 gründen vier Kommilitonen ein Beratungsunternehmen. Wirtschaftskommunikation hatten sie studiert, und wollten im Anschluss Unternehmen helfen, eine nachhaltige Arbeitsweise zu etablieren. Diesem Ideal selbst treu zu bleiben, ist Priorität der jungen Gründer. Inzwischen ist das Team von Intraprenör auf rund 9 feste und freie Mitarbeiter gewachsen. Wie sich neue Arbeitskonzepte trotz wachsender Teamgröße erfolgreich umsetzen lassen, erklärt Mitgründer Carsten Meier im Gespräch.
Capital: Aus dem Studium heraus ein Beratungsunternehmen gründen. Woher nimmt man da die Expertise?
Carsten Meier: An der Uni hatten wir gelernt, wie man Kultur beobachtet, mit Menschen spricht und gemeinsam kreative Lösungen erarbeitet. Alles andere wussten wir zugegebenermaßen nicht – zum Beispiel wie Change-Prozesse normalerweise ablaufen. Aber genau diese Naivität und Offenheit, mit der wir dadurch an Projekte rangegangen sind, hat sich zu unserem Vorteil entwickelt.
Ihr macht „menschenzentrierte Unternehmensberatung“. Was bedeutet das überhaupt?
Das bedeutet, dass wir die Menschen, die im Unternehmen arbeiten, in Veränderungsprozesse einbeziehen, mit ihnen gemeinsam Neues entwickeln. Unser Traum: Wir wollen die Arbeitswelt so verändern, dass viel mehr Menschen morgens gern zur Arbeit gehen und es ihnen möglich ist, sich mit ihren Talenten und Fähigkeiten einbringen zu können.
Das Generation Y Mindset findet sich in jeder Generation
Also ein typisches Generation Y Thema, wie viele Personaler sagen würden?
Natürlich gehören wir als Gründungsteam alle zur Generation Y, aber was wir tun, hat nichts mit dem Alter zu tun. Dieses Mindset – Arbeit mit Sinn, Work-Life-Balance – das der Generation Y nachgesagt wird, findet sich in jeder Generation, in jedem Unternehmen.
Und wie setzt Ihr dieses Mindset im eigenen Unternehmen um?
Wir probieren verschiedene Methoden aus. Zum Beispiel haben wir eine alljährliche „Workation“ eingeführt, also ein paar Tage, die das Team immer im Frühjahr gemeinsam auf Mallorca verbringt. Das hilft uns, einen reflektierenden Arbeitsrhythmus beizubehalten, statt immer nur durch den Arbeitsalltag durchzurennen. Ein anderes Tool ist das Sommersabbatical, also quasi unsere Betriebsferien im August. Das klappt ganz gut, denn wir legen die laufenden Projekte dann so, dass wir vor den Ferien Projekte abschließen oder einen bestimmten Meilenstein erreicht haben.
Also wie bei Lehrkräften: Urlaub immer zu festgelegten Zeiten?
Im August, ja. Es teilt unser Jahr in zwei Saisons, wodurch ein gut strukturierter Rhythmus in unserer Arbeit entsteht. Das restliche Jahr über nehmen wir die verbleibenden Urlaubstage nach Bedarf.
Dazu kommt noch, dass Ihr freitags nicht arbeitet...
Genau. Vor zwei Jahren haben wir gemerkt, dass wir einfach keine Inspiration mehr hatten. Wir haben unterschiedliche Formate ausprobiert, um das zu ändern, aber keines wollte so richtig fruchten. Wir haben dann in Gesprächen herausgefunden, dass es daran lag, dass wir keine Zeit mehr hatten, uns mit Neuem zu beschäftigen. Also sind wir seitdem diszipliniert und sagen: Freitag macht jeder seins.
Kam so die Inspiration zurück?
Wir haben anfangs immer montags darüber gesprochen, wie wir den Freitag genutzt haben, um zu sehen, ob die Maßnahme auch Früchte trägt. Es hat gut geklappt und in Projekt-Hochphasen haben wir ab und zu auch mal auf den freien Freitag verzichtet. Wichtig ist uns ja, dass die Maßnahmen flexibel sind und immer zu den sich ändernden Umständen passen.
Der Inbegriff von New Work?
Mit dem Begriff ist das so eine Sache. Er ist einerseits gut, weil er den Diskurs formt, andererseits doof, weil er daraus einen Hype macht, den man angeblich wie eine App installieren kann. Dabei gibt es verschiedene Wege, wie Unternehmen mit der vernetzten, digitalen Welt umgehen können.
Die Frage „Warum machen wir das?“
Wird New Work also meistens missverstanden?
Die Frage „Warum machen wir das?“ wird viel zu selten gestellt. Leider wird oft Unternehmenskultur kaputt gemacht, weil man den Mitarbeitern Neues aufzwingt, obwohl es nicht nötig ist. Kicker hier, Plätze im Coworking-Space da. Die Pflicht, hip zu sein, ist damit erfüllt.
Was kann da schief laufen?
Das Beispiel Coworking-Space verdeutlicht das ganz gut. Das ist aktuell ein Trend, die eigenen Räumlichkeiten aufzugeben und in eben solche Spaces umzuziehen. Viele Unternehmen vergessen, dass mit einem Umzug viel Unternehmenskultur verloren geht. Wenn man wie in einem Hotel zu Gast in den Büroräumen ist, gibt es keine Bindung mehr zum Arbeitsplatz.
Was ist für Unternehmen also der Trick, um alles richtig zu machen beim Thema New Work?
Zu wissen: Es gibt keinen perfekten Plan, nur Experimente. Wenn Unternehmen sich auf diese einlassen, kommen sie am schnellsten zum Ziel. Zudem ist Kommunikation ganz wichtig. Was für manche Firmen funktioniert und auf Fotos toll aussieht, muss nicht für alle richtig sein. Mitarbeiter wollen mit einbezogen werden – vor allem, weil man sich heutzutage immer häufiger fragt „Warum arbeite ich hier?“. Menschen wollen Teil von etwas sein. Ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen und klar zu formulieren, wozu jeder Einzelne beiträgt, sind also das A und O.