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Kenfo Deutscher Atomfonds wechselt fast alle Berater aus

Kenfo-Chefin Anja Mikus mit dem damaligen Finanzminister Christian Lindner 2023 auf einer Veranstaltung zum geplanten Generationenkapital
Kenfo-Chefin Anja Mikus mit dem damaligen Finanzminister Christian Lindner 2023 auf einer Veranstaltung zum geplanten Generationenkapital
© picture alliance/dpa/Jörg Carstensen
Deutschlands größter Staatsfonds hat einen neuen Anlagebeirat. Ein Großspender der Grünen ist aus dem Gremium ausgeschieden. Die Amtszeiten der Berater werden nun begrenzt

Deutschlands größter Staatsfonds Kenfo verwaltet mehr als 20 Mrd. Euro, um damit die Entsorgung von Abfällen der deutschen Atomkraftwerke zu finanzieren. Bislang unbemerkt von der Öffentlichkeit blieb jedoch, dass er bereits vor geraumer Zeit fast alle Berater aus der Investmentbranche ausgetauscht hat. Wie das zuständige Bundeswirtschaftsministerium auf Capital-Anfrage bestätigte, wurde ein Kenfo-Beratergremium bereits im vergangenen Jahr weitgehend neu besetzt.

Zu den neuen Beratern zählen namhafte Vertreterinnen und Vertreter großer internationaler Investmentgesellschaften, darunter eine der mächtigsten Frauen der globalen Finanzbranche: Sonja Laud, Chief Investment Officer beim britischen Vermögensverwalter Legal & General Investment Management. Bei den weiteren neuen Kenfo-Beratern handelt es sich um Christian Kopf, führender Anleiheexperte der Fondsgesellschaft Union Investment, Isa Scheunpflug, Leiterin Automation Office bei der Schweizer Großbank UBS, und Claus Stickler, Chef der Allianz-Tochter Allianz Investment Management. Als einziger im Amt verblieben ist der Vorsitzende des aus fünf Mitgliedern bestehenden Beratergremiums, Immo Querner vom Lebensversicherer Athora. 

Der Kenfo war 2017 im Schulterschluss der damaligen Großen Koalition mit den Grünen unter seinem vollständigen Namen „Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung“ im Zuge des geplanten Atomausstiegs eingerichtet worden. Ausgestattet wurde der Fonds mit Einzahlungen der Betreiber der deutschen Atomkraftwerke in Höhe von 24,1 Mrd. Euro, um in den kommenden Jahrzehnten die Zwischen- und Endlagerung von Atommüll zu finanzieren. Formal handelt es sich bei dem Kenfo um eine öffentlich-rechtliche Stiftung. 

Kenfo sollte auch für Aktienrente anlegen

Die Neubesetzung des Expertenkreises, der das Kuratorium der Stiftung berät und selbst keinen Einfluss auf konkrete Investmententscheidungen des Vorstands hat, ging einher mit Plänen der damaligen Ampel-Regierung, dem Atomfonds zusätzliche Aufgaben zu übertragen. So sollte der Kenfo als wichtigster Staatsfonds auch bei der im Koalitionsvertrag vereinbarten Aktienrente eine zentrale Rolle spielen. Für das geplante sogenannte Generationenkapital wollte die Ampel dem Fonds dieses Jahr 12 Mrd. Euro bereitstellen, die dieser am Kapitalmarkt anlegen sollte. Durch den Bruch der Koalition Anfang November kam es dazu aber nicht mehr. 

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Neben der personellen Neuaufstellung des Beraterkreises im Februar 2024 hat das für Grundsatzfragen zuständige Kuratorium des Kenfo weitere Neuerungen beschlossen, die zu einer Professionalisierung führen sollen. Wie das Wirtschaftsministeriums auf Capital-Anfrage mitteilte, soll die Amtszeit der Berater künftig fünf Jahre betragen, mit der Möglichkeit einer einmaligen Verlängerung um weitere fünf Jahre. Bis dahin gab es keine Regelungen für die Amtsdauer der Mitglieder. Die neuen Bestimmungen entsprächen „den Regelungen für vergleichbare Gremien“, erklärte das Ministerium. Der Kenfo selbst wollte sich auf Anfrage nicht äußern.

Kritik unter anderem wegen Russland-Anlagen

Zudem wurde der Name des Gremiums von Anlageausschuss in Anlagebeirat geändert, um seine „rein beratende Funktion“ zu unterstreichen, wie das Wirtschaftsministerium weiter mitteilte. Der Anlagebeirat hat keinerlei Entscheidungsbefugnisse zu konkreten Anlagen des Kenfo, dies ist die Aufgabe des Vorstands um Chefin Anja Mikus. Er berät das mit Vertretern mehrerer Bundesministerien und Bundestagsabgeordneten besetzte Kuratorium, das die Geschäftsführung des Vorstands kontrolliert, in Investment- und Risikofragen. Der Staatsfonds war in der Vergangenheit mitunter in die Kritik geraten, weil er einen kleinen Teil seiner Assets auch in Anlagen hält, die als nicht nachhaltig gelten, und er etwa auch in Russland investiert hatte. 

Beratung vom Ex-Geschäftspartner

Zu den Kenfo-Beratern, die ihr Mandat in letzter Zeit abgegeben haben, gehört Elga Bartsch. Die frühere prominente Morgan-Sanley-Ökonomin war 2023 als Abteilungsleiterin ins Wirtschaftsministerium gewechselt und gab in der Folge ihr Beratermandat beim Kenfo auf. Ebenfalls ausgeschieden ist Jochen Wermuth. Der Berliner Fondsmanager ist als einer der größten Parteispender der Grünen bekannt und saß seit 2017 in dem Beratergremium. 

Zu den Investoren eines von Wermuths Greentech-Fonds zählte zeitweise auch Wirtschaftsstaatssekretär Udo Philipp (Grüne), wie Capital Anfang 2023 berichtete. Philipp leitet seit 2022 das Kenfo-Kuratorium, zu dessen Beratern Wermuth zählte. Dass in dieser Konstellation ein möglicher Interessenkonflikt liegen könnte, hat das Wirtschaftsministerium stets bestritten. 

Als Grund für Wermuths Ausscheiden verwies das Ministerium jetzt auf das Ziel, durch die Begrenzung der Amtsdauer der Beiräte „neue Perspektiven und Erfahrungen“ in die Arbeit des Gremiums einfließen zu lassen. Neben Wermuth legten im Februar 2024 auch Mats Anderson, früherer Chef des schwedischen Pensionsfonds AP4, und der Banker Martin Korbmacher ihre Mandate nieder. Auch sie hatten dem Beraterkreis bereits seit seiner Einrichtung 2017 angehört.

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