Nach Monaten heftigen politischen Streits quer durch die Regierungs- und Oppositionsparteien wird am Freitag das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) vom Bundestag verabschiedet. Dafür reicht die Mehrheit der Ampelkoalition. Die Regierung, vor allem Wirtschaftsminister Robert Habeck, wirkt schon jetzt erleichtert.
Endlich Zeit zum Durchatmen? Kaum. Habeck muss damit rechnen, dass die Kampfpause nicht lange anhalten wird. Denn der Widerstand gegen das GEG formiert sich längst wieder neu. Er wird umgehend weitergehen. Nach dem Zoff ist vor dem Zoff. Dafür sorgt nicht nur die CDU, die die Antistimmung seit Mai mit einer Kampagne namens „Fair heizen statt verheizen“ befeuert.
Anfang der Woche trafen sich Vertreter von den 14 mächtigsten Vereinen und Verbänden, die irgendetwas mit Energie und Wärme zu tun haben. Eingeladen hatten der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion, Andreas Jung, und der baupolitische Sprecher, Jan-Marco Luczak. Dabei in der Videoschalte unter anderem: der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches, der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, der Deutsche Städte- und Gemeindebund, die Klima-Allianz Deutschland, das Hauptstadtbüro Bioenergie, der Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer. Es gaben aber auch Verantwortliche des Verbraucherzentrale Bundesverbands und des Deutschen Mieterbunds ihre Statements ab.
Was alle einte, war Kritik am neuen GEG. So kann es noch nicht funktionieren, da müssen wir noch mal ran, lautete der Tenor. Wobei die Vorhaltungen bei Handwerk und Industrie naturgemäß heftiger ausfielen als bei den Verbraucherschützern, denen der Klimaschutz sehr wichtig ist. Am liebsten würden einige der Interessenvertreter die Abstimmung im Parlament noch mal durchkreuzen und aufschieben, um eine weitere Chance zu bekommen, in offenen Diskussionen und mit Hinterzimmerdiplomatie ihre Interessen im Wärmemarkt durchzusetzen.
Die Verbände zweifeln weiterhin erheblich am Gebäudeenergiegesetz
Die Kritik der Lobbyisten fällt teils noch immer grundsätzlich aus. Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie hat vor nicht allzu langer Zeit Habecks Ansinnen kritisiert, die Umstellungspflicht auf grüne Heizenergie, also vor allem auf Wärmepumpen, schon 2024 einzuführen. Nun, nachdem Besitzern von Altbauten viele Jahre Zeit für eine Umstellung eingeräumt wurde, kann es dem BDH scheinbar nicht schnell genug gehen. Die Verbraucher seien verunsichert, die Förderlage unklar, die Bestellungen von Wärmepumpen brächen gerade drastisch ein. Der Branche drohe im kommenden Jahr ein Auftragsdesaster.
Jeder kämpft für sich. Das „Hauptstadtbüro Bioenergie“, der Zusammenschluss des Bundesverbands Bioenergie, des Deutschen Bauernverbands, des Fachverbands Biogas und des Fachverband Holzenergie, will unbedingt mehr Holz und Biomasse im Heizsystem der Zukunft. Der Verband kommunaler Unternehmen will auf alle Fälle die Gasnetzstruktur erhalten, mit der sich so gut Geld verdienen lässt, und drängt darauf, durch sie später private Heizungen mit grünem Wasserstoff zu versorgen.
Die Klimaallianz will die Option Wasserstoff am liebsten ganz aus dem Gesetz streichen lassen, weil der Stoff zu ineffizient sei, um damit Wohnstuben zu wärmen. Der Mieterbund macht sich sogar Sorgen, dass die Vermieter bei der Förderung zu schlecht wegkommen und Mieter darunter leiden. Und der Bundesverband der Deutschen Industrie moniert, die Heizungsförderung sei halbiert worden, eine Radikalität, die den Herstellern der Anlagen und den Handwerkern massiv schade.
Zwar sprach sich niemand direkt dafür aus, die Verfassungsmäßigkeit des GEG sofort einmal höchstrichterlich prüfen zu lassen. Doch klar ist: Die Schlacht ist für die Ampel längst noch nicht geschlagen. Noch bevor die Tinte von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der das Gesetz unterzeichnen muss, trocken ist, wird eine neue Welle des Widerstands losrollen. Denn alle Interessengruppen wollen vor allem eines: die eigenen Pfründe sichern.
Ute Czylwik von der Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF) bläst schon mal zur Attacke: „Die nächste GEG-Novelle ist schon am Horizont.“ Und bis zu der kann es nun den Lobbyisten nicht schnell genug gehen.
Der Beitrag ist zuerst bei stern.de erschienen