Anzeige
Anzeige

Leben ohne Zins Haus in Sicht – dank niedriger Zinsen

Symbolbild Hauskauf
Symbolbild Hauskauf
© dpa
Die Immobilienzinsen fallen weiter. Für manche, die bisher mit dem Kauf gezögert haben, könnte er sich nun doch lohnen

Christian Langer (Name v.d. Red. geändert) ist Single und träumt vom Wohneigentum, aber bisher hatte er darauf nur eine Antwort: „Ich bin Mitte 40 und habe nur 30.000 Eigenkapital. Wie soll ich bis zur Rente noch 300.000 Euro abbezahlen? Utopisch.“ So viel Geld müsste er sich nämlich von der Bank leihen, um in der Großstadt wenigstens eine Wohnung mit zwei Zimmern zu finanzieren. 2018 ging der Ingenieur trotzdem zur Bank, die bot ihm Folgendes an: ein Volltilgerdarlehen, 20 Jahre Laufzeit, zu einem Zins von 2,03 Prozent. Das fand Langer günstig, eine andere Zahl aber nicht: 1530 Euro Monatsrate – 500 Euro mehr, als er momentan an Miete zahlt. Zu viel. Er legte das Thema ad acta. Bis vor Kurzem.

Als die Zinsen nämlich noch einmal fielen, bot ihm ein Kreditvermittler dasselbe Volltilgerdarlehen für rund 1,5 Prozent Zinsen an. Das wären rund 1450 Euro Monatsrate, aber der Vermittler machte noch einen anderen Vorschlag: Langer könnte den Kredit mit nur 15 Jahren Zinsbindung aufnehmen, der würde ihn bloß 1,16 Prozent Zinsen kosten. Das ergäbe eine Rate von 1270 Euro, damit wäre er in gut 22 Jahren schuldenfrei. Und selbst wenn die Zinsen in 15 Jahren zwei Prozentpunkte höher lägen als jetzt, würde die Rate dadurch nur um 60 Euro steigen. Das hört sich für Christian Langer nun irgendwie machbar an. Soll er das wagen?

Tilgungsparadox Niedrigzins

Für ein einfaches Ja oder Nein ist die Sache zu komplex. Kurz: Er könnte schon – nur muss er die Risiken dabei noch einmal gründlich kalkulieren. Ob Käufer die Raten tatsächlich langfristig stemmen können, hängt sehr an den eigenen Lebensumständen, eventuell vorhandenen Reserven und dergleichen mehr. Generell aber gilt im jetzigen Zinsumfeld: Niemand sollte sich zur höheren Kreditaufnahme verleiten lassen, nur weil durch die günstigen Konditionen das Abzahlen so viel leichter erscheint.

Was viele vergessen, ist das Tilgungsparadox: Bei niedrigem Zins dauert das Tilgen länger. Die monatliche Kreditrate nämlich besteht aus einem Tilgungs- und einem Zinsanteil. Nimmt man nun dieselbe Summe bei niedrigerem Zins auf, dann sinken zwar die Monatsraten – aber bei gleicher Tilgungsrate dauert das Abbezahlen automatisch länger. Durch den niedrigen Zins nämlich fällt der Zinsanteil an der Monatsrate langsamer, also wächst auch der Tilgungsanteil zäher. Darum: nicht von den niedrigen möglichen Monatsraten blenden lassen, sondern eine höhere Tilgung wählen.

Alle aber, die nur deshalb noch nicht gekauft haben, weil ihnen die letzten Euro fehlten, können mit den derzeitigen Zinsen eine Finanzierung ruhig neu kalkulieren. Dabei am besten eine 15-jährige Zinsbindung wählen und eine Tilgung von rund vier Prozent anpeilen. Nur das garantiert, dass die Restschulden am Ende so überschaubar ausfallen, dass auch ein enormer Zinssprung die Finanzierung in 15 Jahren nicht ins Wanken bringt.

Eigenkapital ist essentiell

Zudem gilt unabhängig vom Zins: Es muss genug Eigenkapital da sein. Wer mehr als 80 Prozent per Kredit finanziert, zahlt immer einen Zinsaufschlag von 0,5 bis zu einem
Prozentpunkt. Oder sollte man gar warten, ob es tatsächlich bei Baukrediten zu Negativzinsen kommt? In Dänemark gibt es die schon. Aber Vorsicht: Inklusive aller Gebühren zahlt man dort trotzdem mehr zurück, als man aufnimmt. Zudem frisst das Abwarten bei den steigenden Preisen hierzulande den potenziellen Zinsvorteil schnell wieder auf.

Oder sollte man gar warten, ob es tatsächlich bei Baukrediten zu Negativzinsen kommt? In Dänemark gibt es die schon. Aber Vorsicht: Inklusive aller Gebühren zahlt man dort trotzdem mehr zurück, als man aufnimmt. Zudem frisst das Abwarten bei den steigenden Preisen hierzulande den potenziellen Zinsvorteil schnell wieder auf.

Oder ein neuer Kredit?

Auch wer schon eine Immobilie abzahlt, kann von den Niedrigzinsen oft profitieren: durch Umschulden

Immobiliendarlehen, die schon länger als zehn Jahre laufen, lassen sich ohne weitere Kosten kündigen – unabhängig von der vereinbarten Zinsbindung. Hausbesitzer können also unkompliziert an die günstigen Zinsen kommen. Läuft der Kredit noch keine zehn, aber länger als sieben Jahre, hilft ein Forward-Darlehen, das dann in zwölf bis 36 Monaten den jetzigen Kredit ablöst. Allerdings zahlt man dafür einen Zinsaufschlag von rund 0,25 bis zu einem Prozentpunkt. Läuft die Baufinanzierung erst kürzer, gilt aber leider: abwarten. Eine Vertragsauflösung vor der Zehnjahresfrist ist wegen der hohen Vorfälligkeitsentschädigung meist zu teuer.

Leben ohne Zinsen: Lange Zeit dachte man, dass Nullzinsen ein vorübergehendes Phänomen sein würden. Nun aber lockern Notenbanken wie die EZB erneut ihre Geldpolitik, die Zinsen fallen weiter ins Minus. Eine ganze Generation wächst ohne die Gewissheit auf, dass sparen sich lohnt. Capital hat analysiert, was das für Konsumenten, Sparer, Bauherren und Aktionäre bedeutet

Wird fortgesetzt ...

Der Beitrag ist in Capital 11/2019 erschienen. Interesse an Capital? Hier geht es zum Abo-Shop , wo Sie die Print-Ausgabe bestellen können. Unsere Digital-Ausgabe gibt es bei iTunes und GooglePlay

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel