Wenn in den ersten Frühlingsmonaten Hagelschauer und Sturmböen übers Land fegen, ist es mit einer Tasse Tee und einer Kuscheldecke in den eigenen vier Wänden umso gemütlicher. Die Behaglichkeit hat aber spätestens dann ein jähes Ende, wenn es von oben in die Wohnung tropft, weil der Wind ein paar Dachziegel mitgenommen hat. Dann wird es für Hausbesitzer in der Regel teuer: Selbst kleinere Reparaturen am Dach erfordern in der Regel ein Gerüst und kosten so schnell mehrere tausend Euro.
Umso praktischer ist es, wenn die Wohngebäudeversicherung einspringt. Nur: Diese wird für viele Versicherte nun kostspieliger denn je. Laut Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungsnehmer (GDV) ziehen viele Versicherungen dieses Jahr ihre Beiträge um genau 14,7 Prozent an – der Grenze bis zu der Sonderkündigungen nicht möglich sind. Grund dafür sind vor allem die drastisch gestiegenen Baukosten: „In einer Zeit steigender Inflation, hoher Bau- und Energiekosten können die Anpassungen in der Wohngebäudeversicherung viele Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer hart treffen. Sie sind aber notwendig, damit ein Haus auch künftig ausreichend versichert ist und existenzielle Risiken abgewendet werden können“, begründet Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin.
Die Preisanpassung betrifft Policen, die Häuser zum sogenannten „gleitenden Neuwert“ versichern, in manchen Verträgen auch „Prämienwert“ genannt. Das trifft auf so gut wie alle in Deutschland versicherten Häuser zu. Gebäudeversicherer müssen bei ihren Prämien demnach jedes Jahr die Kosten im Baugewerbe berücksichtigen. Dabei nutzen die Versicherer einen Index des Statistischen Bundesamtes, um ihre Versicherungsprämie der jährlichen Baupreis- und Lohnkostenentwicklung anzupassen. So gewährleisten Versicherer, dass die Häuser nicht unterversichert sind. Für Verbraucher mögen die Kostensteigerungen somit zwar ärgerlich sein, allerdings sind sie notwendig, damit die Versicherungssumme die Reparatur im Schadensfall abdecken kann.
Sonderkündigung unter Umständen möglich
In der Regel steht Versicherten kein Sonderkündigungsrecht zu, auch wenn der Anbieter die Prämie angehoben hat. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Eine Sonderkündigung ist unter Umständen dann möglich, wenn die Versicherung ihre Beiträge um mehr als 14,7 Prozent erhöht. Berater berichten, dass einige Gebäudeversicherer ihre Beiträge im laufenden Jahr um bis zu 30 Prozent erhöhen.
Das hängt auch mit den Regulierungskosten für die häufiger werdenden Unwetterkatastrophen infolge des Klimawandels zusammen. So hat die Flutkatastrophe im Juli 2021 viele Anbieter an ihre finanziellen Grenzen gebracht, laut einer Bafin-Statistik lagen die Schadensquoten in der Wohngebäudeversicherung bei vielen Versicherern bei mehr als 100 Prozent. Versicherte sollten also gründlich nachkalkulieren, wie stark ihre Beiträge gestiegen sind und können daraufhin eine Kündigung in Erwägung ziehen. Allerdings sollten sie dabei auch die Konditionen anderer Anbieter miteinander vergleichen, etwa bei Portalen wie Mr-Money oder bei der Stiftung Warentest.
Mancher Hausbesitzer könnte in Versuchung geraten, aufgrund der hohen Kosten sogar ganz auf eine Wohngebäudeversicherung zu verzichten. Theoretisch ist das möglich, denn eine offizielle Pflicht dazu gibt es in Deutschland für Eigentümer nicht. Wer gänzlich auf eine entsprechende Versicherung verzichten will, spart allerdings an der falschen Ecke. Denn eine Wohngebäudeversicherung gilt für Hausbesitzer als absolutes Muss. Sie springt in der Grunddeckung ein, wenn das Haus durch Feuer, Leitungswasser oder Naturgefahren wie Sturm oder Hagel beschädigt oder zerstört wird. Somit kann sie Eigentümer im Ernstfall vor dem Ruin bewahren. Nicht umsonst setzen Banken eine Wohngebäudeversicherung in der Regel für eine Immobilienfinanzierung voraus.
Verbraucherzentralen empfehlen zusätzlich zur Gebäudeversicherung auch eine Absicherung gegen Elementarschäden. Dann springt die Police bei Schäden durch Überschwemmung, Rückstau, Erdbeben, Erdsenkung, Erdrutsch, Schneedruck, Lawinen und Vulkanausbruch ein. Mit Blick auf die anstehende Starkregensaison im Mai sollten Versicherer darüber hinaus auf den Baustein Starkregenfälle in der Police achten. „Üblicherweise dauert die Starkregensaison von Mai bis September, aufgrund des Klimawandels treten heftige Regenfälle aber vermehrt schon im April auf“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Laut dem Verband sind bislang nur etwa die Hälfte aller Wohngebäude in Deutschland umfassend gegen Naturgefahren abgesichert.