Die Vermögensverwaltung, dessen Vorstandsvorsitzender Dirk Rüttgers ist, verwaltet u.a. ein ganz besonderes Vermögen. Zu einem großen Teil gehört es der Familie von Silvius Dornier, einer der Erben des Flugzeugbauers Claude Dorniers. Seit 2005 hat sich die zunächst familieneigene Vermögensverwaltung anderen Kunden geöffnet und eigene Fonds aufgelegt. Diese folgen eigenen Regeln, Margin Calls kennt man bei Do Investment nicht. Das hat Vorteile, erklärt Dirk Rüttgers im Interview.
Capital: Herr Rüttgers, wie haben Sie auf den Einbruch der Märkte im März reagiert?
DIRK RÜTTGERS: Dieser Absturz kam mit einer Heftigkeit , die alle überrascht hat. Es war ein Schock für viele, die Aktienindizes sind ja zum Teil um 40 Prozent abgestürzt. Aber wir wissen, dass sich die Welt weiterdreht und die Kurse auch wieder steigen werden. Wir haben nach dem Absturz Kaufkurse gesehen und sind eingestiegen, vor allem in den Branchen Konsum, Pharma und Technologie haben wir bestehende Investments ausgebaut, Beispiele sind Apple und Tencent. Tatsächlich hatten wir in unserem Do Absolute Return-Fonds Mitte März mit 28 Prozent die höchste Aktienquote unserer Geschichte. Mittlerweile sind wir wieder bei 18 Prozent, weil wir besonders bei Technologiewerten Gewinne mitgenommen haben. Softbank haben wir beispielsweise schon wieder komplett verkauft.
Das wäre einigen zu riskant gewesen.
Wir haben das Risiko reduziert, indem wir diversifiziert haben: In der Regel halten wir in unserem Aktien-Musterportfolio 20 Positionen. Die Anzahl der Titel haben wir auf 30 erhöht und die Gewichtung einzelner Unternehmen damit reduziert. Auch im Hochzinsbereich haben wir abgebaut.
Warum haben Sie Gewinne mitgenommen? Denken Sie nicht, dass die Erholung anhalten wird?
Na ja, bei Online-Einzelhändlern, wie Amazon, oder einzelnen Pharma-Unternehmen sehen wir gerade neue Rekordhöhen. Grundsätzlich werden diese hohen Niveaus wohl aber nicht so bleiben. Wir erwarten durchaus, dass das Ausmaß der durch das Coronavirus bedingten Krise in der Realwirtschaft erst in drei bis neun Monaten ankommt. Dann werden wir eine Welle der Entlassungen sehen.
Wie kann es denn sein, dass trotz dieser trüben Prognose die Aktienkurse einzelner Unternehmen schon wieder so hoch sind?
Es ist sehr viel Optimismus im Markt, unterfüttert von den Notenbanken, die Liquidität in den Markt gespült haben. Das hat sich auch positiv auf den Anleihenmarkt ausgewirkt. Investoren handeln nicht mit der Realität von morgen, sondern versuchen die nächsten zwölf Monate zu durchschauen. Die Unternehmensgewinne von 2020 sind da nicht relevant, die sind in den meisten Branchen sowieso verhagelt. Kaum einer kann absehen, wie die Gewinnsituation aussehen wird, selbst viele Unternehmen nicht. Wichtig ist, dass die Unternehmenskonzepte überleben und auch nach der Krise bestehen können. Auch die Verschuldungsquote und das Cash sind bei der Auswahl entscheidend. Nur finanzstarke Unternehmen sind überlebensfähig und nur dann bleiben ihre Anleihen und Aktien handelbar. Wir glauben, Liquidität ist Trumpf. Ein Unternehmen wie Lufthansa hat sicher ein enormes Erholungspotenzial, wenn die Märkte zur Normalität zurückkehren. Aber beispielsweise Amazon bleibt liquide, das ist uns jetzt wichtiger.
Apropos Cash: Wenn Sie Gewinne mitgenommen haben, dürfte Ihre Cash-Quote jetzt hoch sein, oder?
Unsere Cash-Position war vor allem vor der Krise hoch. Wir hatten Glück: Zu Jahresanfang haben wir diese erhöht und unsere Portfolien teilweise mit Long-Put-Optionen abgesichert. Deshalb haben wir den Einbruch der Märkte nicht in vollem Umfang mitgenommen. Jetzt warten wir auf Opportunitäten und bevorzugen wie gesagt hochliquide und wenig zyklische Unternehmen. In Hochzins- oder Schwellenländeranleihen trauen wir uns den Einstieg noch nicht zu. Zum ersten Mal seit Jahren differenzieren die Märkte wieder anhand des Ratings, das sieht man am Beispiel Italiens. Während wir in der Eurozone negative Zinsen sehen, ist Italien unter Druck.
Welche Regionen haben Sie denn statt der Schwellenländer im Blick?
Vor allem USA und Japan. In Deutschland tendiert man dazu, die USA und den Präsidenten Donald Trump zu unterschätzen. Die US-Wirtschaft ist eine der anpassungsfähigsten der Welt. Klar, es sind eine Menge Arbeitskräfte in einer enormen Geschwindigkeit freigesetzt worden. Aber die Unternehmen werden die Arbeitsplätze auch relativ schnell wieder aufbauen. Japan haben wir im Portfolio etwas stärker akzentuiert, weil wir der japanischen Wirtschaft viel zutrauen: Der Yen ist stark und der Markt liquide.
Und Europa trauen Sie keine schnelle Erholung zu?
Europa haben wir relativ stark untergewichtet. Aber nicht, weil wir nicht von einer Erholung ausgehen. Wir haben uns vorgenommen, Marktführer zu kaufen. Da gibt es nicht viel, im Dax ist nach BASF und SAP Schluss. Auch im Eurostoxx werden wir kaum fündig. Interessant sind eher Unternehmen aus der Schweiz wie Nestlé oder Roche sowie britische Konzerne wie Reckitt Benckiser.
Wo sehen Sie China in diesen Betrachtungen?
China ist eine Sondersituation. Die Region übersteht die Krise besser als viele entwickelte Märkte. In diesen Zeiten fällt es einem zentral gesteuerten System viel leichter, zu reagieren. Wir haben China nicht gewichtet, aber die Werte dort sind etwas, was wir wieder kaufen würden.
Do Investment hat auch eine Vorliebe für Gold und Goldminen. Am Anfang der Krise sind die Preise gefallen, aber zuletzt gestiegen. Werden Sie auch Gold verkaufen?
Ja, die temporären Kursverluste kamen zustande, da es bei einigen Investoren zu einem Margin Call kam, also einer Nachschusspflicht und sie Gold verkauft haben. Gold ist sehr liquide. Aber wir glauben, dass der Goldpreis und auch die Aktienkurse der Goldminen-Betreiber ihre Hochs noch nicht gesehen haben. Es fällt uns schwer, ein Szenario zu finden, in dem der Goldpreis fallen könnte, auf der Klaviatur, die Regierungen und Notenbanken derzeit spielen. Die Geldmenge, die auf den Markt drückt, zusammen mit dem Trend zu Deglobalisierung und Protektionismus dürfte zu steigenden Preisen und steigenden Zinsen führen. In so einem Umfeld steigt auch der Goldpreis. Die Goldminen-Betreiber profitieren vom günstigen Öl, das sie brauchen.
Aber in der vergangenen Dekade hat die Geldflut der Notenbanken auch nicht zu steigenden Zinsen geführt. Wieso sollte das jetzt anders sein?
Die ökonomische Lehre besagt, dass ein zusätzliches Angebot an Geld im Regelfall zu steigenden Zinsen führt. Das wurde in den vergangenen Jahren durch die Globalisierung konterkariert. Wenn die Unternehmen etwa in Europa aber Produktionen zurückholen und Lieferketten neu strukturieren und damit die Globalisierung verlangsamen oder umkehren, wird das zu steigenden Preisen führen, einfach weil es mit höheren Arbeitskosten einher geht. Die Unternehmen haben ja wegen der günstigen Preise ihre Produktionen nach Osteuropa oder Asien ausgelagert.
Bremsen die niedrigen Rohstoffpreise eine Inflation nicht aus?
Die großen Treiber einer Inflation sind Arbeitskosten und Öl. Und ja, der niedrige Ölpreis wird zu Basiseffekten führen, die einer Inflation entgegenwirken. Aber es wird eine Gegenbewegung geben, wenn der Preis wieder steigt. Dann haben wir eine enorme Liquidität im Markt und wenn die Notenbanken nicht alles aufkaufen, dürften die Zinsen steigen. Es wird auch deshalb noch etwas dauern, bis die Inflation anzieht, weil es in der Realwirtschaft derzeit wenig Spielraum für Lohnerhöhungen gibt. Und steigende Preise müssen von den Konsumenten mitgetragen werden.
Sie investieren aus Ihrer Historie und der Nähe zur Familie von Silvius Dornier in Agrarflächen. Wie schlägt sich die Krise denn hier nieder?
Momentan sehen wir keine Veränderung, aber wir gehen von Preissteigerungen in den nächsten Monaten aus. Zum einen, weil die Nahrungsmittelpreise wie der des Weizens hoch sind. Die Trockenheit in Europa trägt dazu bei. Zum anderen, weil andere Investoren Agrarfläche als Anlageklasse entdecken könnten. Nach der Finanzkrise vor zehn bis zwölf Jahren gab es einen regelrechten Run darauf. Wir arbeiten deshalb mit Hochdruck – und vielen Videokonferenzen – daran, lange geplante Transaktionen in Uruguay und Rumänien abzuschließen.
Wann werden sich die Märkte denn wieder normalisieren?
Wir sind sehr optimistisch, was das Virus anbelangt. Früher oder später wird die Menschheit eine Antwort auf das Virus finden, über den Zeitraum lässt sich streiten. Aber wir gehen davon aus, dass die Märkte in ein bis zwei Jahren zur Normalität zurückkehren.
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