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Kolumne Warum die Erholung am Aktienmarkt ihr Ende finden könnte

Dax-Kurstafel an der Frankfurter Börse
Dax-Kurstafel an der Frankfurter Börse
© Hans-Günther Oed / IMAGO
Mehr als 25 Prozent legte der Dax seit dem Crash-Tief im März zu. Wer beim Absturz die Nerven behielt, kann nun die Erholung nutzen und die Gewinne einstreichen. Denn die Saisonalität spielt den Bären in die Karten

Das Börsenjahr 2020 wird mit zahlreichen Rekorden in die Geschichtsbücher eingehen. Nie zuvor sackte der Markt in vergleichbar kurzer Zeit in den Keller und schnellte anschließend ähnlich dynamisch wieder nach oben. Angetrieben von beispiellosen Liquiditätsspritzen der Notenbanken und Regierungen scheinen die Dividendenwerte jeden Bezug zu fundamentalen Bewertungsrelationen verloren zu haben. Denn während die Kurse kräftig zulegten, erodierten die Gewinnschätzungen. Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) weisen daher beim S&P 500 sowie Stoxx 600 einen Aufschlag auf den langjährigen Durchschnitt von 20 bis 30 Prozent auf und stehen auf Mehrjahreshoch.

Erst allmählich aktualisieren Analysten ihre Bewertungsmodelle – und nehmen meist historisch kräftige Revisionen vor. Prognosen zufolge drohen die Unternehmensgewinne der Dax-Firmen in diesem Jahr um 50 Prozent einzubrechen. Bei 27 der 30 Blue Chips kippten die Gewinnschätzungen in den zurückliegenden drei Monaten in den Keller, wie eine Auswertung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY zeigt. Eine Absicherung gegen fallende Kurse bevor sie wieder einsetzen, lohnt sich daher jetzt. Dies gelingt mit Turbo-Bear-Papieren sehr einfach, weil sie von sinkenden Kursen profitieren. Allerdings empfiehlt sich ein moderater Hebel: Die Papiere mit der WKN UD4MZ8 (UBS) und mit der WKN JM3V4R (J.P. Morgan) besitzen Hebel von 5 beziehungsweise 3.

Bumerang für die deutsche Wirtschaft

Für die Anfälligkeit deutscher Aktien gibt es aber noch mehr Gründe. Während der Dax in einem Umfeld mit wachsender Weltwirtschaft aufgrund der starken Exportabhängigkeit meist zu den Gewinnern zählt, erweist sich die zyklische Ausrichtung nun als Bumerang. Bei sechs Konzernen drohen die Gewinnprognosen sogar um mehr als 60 Prozent abzustürzen. „Besonders schwer wiegt die Tatsache, dass zunehmend mehr Unternehmen keine Prognose für das Gesamtjahr abgeben können. Investoren fehlt somit die Grundlage für eine belastbare fundamentale Bewertung“, erklärt Norbert Betz, Leiter der Handelsüberwachung der Börse München/Gettex.


DAX Index


DAX Index Chart
Kursanbieter: L&S RT

Die Aussichten könnten daher kaum schlechter sein. Eine interessante Entwicklung lässt aber aufhorchen: Inzwischen reagiert die Börse recht gelassen auf neue Hiobsmeldungen. Im vergangenen Jahr sackte der Kurs bei Gewinnwarnungen um durchschnittlich sieben Prozent ab, während Anleger zuletzt negative Meldungen nur mit einem Minus von rund drei Prozent quittierten.

Sell in May

Hier zeigt sich: Die Erwartungen sind inzwischen sehr tief, jeder kleinste Hoffnungsschimmer in den Unternehmensberichten wird gekauft. Allerdings fehlt noch eine allmähliche Normalisierung des Welthandels, von der die heimischen Firmen kräftig profitieren würden. Allerdings lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Auch an der Börse gilt das Motto: „Klein, aber fein.“ Wer in den vergangenen gut 20 Jahren Anfang Mai in den Dax eingestiegen ist und Ende September verkaufte, war nur in gut 40 Prozent der Fälle erfolgreich und musste ein Minus von durchschnittlich 4,4 Prozent verkraften, wie eine Auswertung von Index Radar zeigt.

Die Trefferquote für den MDax fällt in den schwierigen Sommermonaten etwas besser aus, besonders die Durchschnittsrendite von minus 0,4 Prozent sticht hervor. In einem freundlichen Umfeld kletterten die Nebenwerte im Schnitt sogar um elf, die Blue Chips hingegen nur um sieben Prozent. Nur im Abschlussquartal glänzt meist der Dax mit einer Outperformance gegenüber dem MDax. Wer also für die Zukunft nicht schwarz sieht, sollte an der Börse die zweite Reihe im Blick behalten. Mit etwas Glück kann so auch das turbulente Börsenjahr 2020 noch erfreulich enden.

Daniel Saurenz betreibt das Börsenportal Feingold Research. Es bietet täglich einen Börsenbrief an, den Sie für 14 Tage kostenfrei testen können. Melden Sie sich unter Info@feingold-research.com an oder probieren Sie den Börsendienst unter diesem Link aus

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