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Erbschaft Wann Erben das Erbe ausschlagen sollten

Erbe annehmen oder ausschlagen? Hinterbliebene sollten den Nachlass zunächst gründlich sichten
Erbe annehmen oder ausschlagen? Hinterbliebene sollten den Nachlass zunächst gründlich sichten
© imagebroker / IMAGO
Nicht immer hinterlassen Verstorbene nur Vermögen. Es gibt Fälle, wo Erben das Erbe ausschlagen können – und dies auch tun sollten, um ihr eigenes Geld zu schützen

Wer etwas erbt, geht in vielen Fällen davon aus, ein Haus, Gegenstände oder das Barvermögen der verstorbenen Person zu bekommen. Rund 34 Prozent der Deutschen rechnen damit, irgendwann Erbschaften im Wert von 250.000 Euro oder mehr zu machen. Das hat eine Studie der Deutschen Bank ergeben.

Doch es kann auch anders kommen: Statt eines dicken Bankguthabens stehen die Erben manchmal vor einem großen Schuldenberg. Oder es flattern erst mit der Zeit immer mehr offene Rechnungen ins Haus, die sich durch das übertragene Vermögen nicht bezahlen lassen. Ist das der Fall oder die Befürchtung, können Hinterbliebene ein Erbe ausschlagen. 

Erbe ermitteln: Konten sichten und Post öffnen

Potenzielle Erbinnen und Erben sollten sich grundsätzlich einen Überblick über die Konten, das Barvermögen oder die Immobilien des Erblassers verschaffen. Und dessen Post öffnen, sofern sie können. All das sollte so schnell wie möglich passieren. Denn die Nachkommen müssen ein Erbe innerhalb von sechs Wochen ausschlagen. Und diese Frist beginnt mit dem Tag, an dem sie postalisch von dem Erbe erfahren.

Zur Erbausschlagung kann man beim Amtsgericht im eigenen Bezirk oder im Bezirk des Verstorbenen einen Termin machen, und zahlt eine Gebühr von 30 Euro. Alternativ können Betroffene auch eine Erklärung beim Notar abgeben, dann fallen allerdings zusätzlich Notarkosten um die 40 Euro an, sofern das Erbe wertlos ist. Gibt es kein Testament, beginnt die sechswöchige Ausschlagungsfrist ab dem Tag, an dem man vom Tod des Angehörigen erfahren hat.

Wer als potenzieller Erbe im Ausland wohnt, bekommt mehr Zeit: Dann haben die Hinterbliebenen sechs Monate, um das Erbe auszuschlagen. Sie müssen auch nicht extra nach Deutschland reisen, sondern können die Erklärung bei einer deutschen Auslandsvertretung abgeben. Die Sechsmonatsfrist gilt umgekehrt auch dann, wenn der Erblasser seinen Lebensabend nicht in Deutschland verbracht hat. Doch egal, welche Frist gilt: Wer sie verpasst, nimmt das Erbe beziehungsweise die Schulden automatisch an.

Wichtig ist außerdem, die Erbfolge zu beachten: Schlägt man selbst eine Erbschaft aus, geht der Anspruch zunächst automatisch auf die eigenen Erben über, zum Beispiel auf die Kinder. Die müssen das Erbe dann rein rechtlich ebenfalls aktiv ausschlagen. „Bei Minderjährigen müssen dafür beide Erziehungsberechtigte zum Amtsgericht gehen und die Erklärung abgeben, sofern die Eltern gemeinsam gesetzliche Vertreter sind“, sagt Thomas Bichat, Anwalt für Erbrecht. Wer das alleinige Sorgerecht hat, muss den anderen Elternteil nicht mitbringen. 

Was tun bei unklaren Vermögensverhältnissen

Das Problem für die Hinterbliebenen: Es kann schwierig sein, genaue Einblicke in das Vermögen zu bekommen – etwa, wenn es sich um einen entfernten Großonkel handelt. „Dann kann es helfen, eine Person zu kontaktieren, die den Verstorbenen bis zum Tod gut kannte“, sagt Jurist Bichat. Das können Freunde oder Bekannte sein, oder auch ein Betreuer, wenn die Person pflegebedürftig war. 

Bleiben die Vermögensverhältnisse weiterhin undurchsichtig, kann man beim Amtsgericht eine Nachlassverwaltung beantragen. „Der Vorteil ist, dass die Erben dann nicht mehr mit ihrem Privatvermögen haften“, sagt Jurist Bichat. Der Nachlassverwalter kümmert sich darum, dass alle offenen Rechnungen des Verstorbenen beglichen werden – allerdings nur so lange auch Geld dafür aus dem Erbe vorhanden ist.

Bleibt am Ende ein Guthaben übrig, bekommen die Hinterbliebenen es ausgezahlt, abzüglich einer Gebühr für den Verwalter. Die orientiert sich an der Höhe des Nachlasses, beträgt jedoch mindestens 200 Euro. „Wenn sich herausstellt, dass das Erbe nicht reicht, um alle Schulden zu begleichen, wird ein Nachlassinsolvenzverfahren eingeleitet“, erklärt Bichat. 

Ausschlagung lässt sich anfechten

Doch was passiert, wenn die Hinterbliebenen ein Erbe ausschlagen, sich der Nachlass am Ende dann aber doch als großer Geldsegen herausstellt? „Wenn man sich geirrt hat, kann man die Ausschlagung anfechten und nachträglich beim Gericht einen Erbschein beantragen“, sagt Bichat. Das funktioniert auch umgekehrt: Haben die Hinterbliebenen das Erbe angenommen, es flattern jedoch nachträglich immer mehr Rechnungen ins Haus, können sie ebenfalls die Erklärung anfechten.

Auch hier gibt es eine Frist, sagt der Anwalt. „Ab dem Zeitpunkt, an dem man feststellt, dass man sich geirrt hat, müssen die Erben die Erklärung innerhalb von sechs Wochen anfechten.“ Dann prüft das Gericht erst einmal, ob alles wirklich fristgerecht eingereicht wurde und ob überhaupt ein Anfechtungsgrund vorliegt. Trotzdem sollten sich die Erben nicht von vorneherein auf diese Option verlassen. Denn dafür brauchen sie einen Anwalt und es ist nicht garantiert, dass sie mit der Anfechtung auch erfolgreich sind. 

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