Das Leben ist voller Risiken. Vor allem dann, wenn man danach sucht: Eine Reise läuft zwar meist entspannt ab, es könnte aber auch der Koffer verloren gehen. Ein neues Smartphone ist für die meisten ein Grund zur Freude, aber das Gerät könnte vielleicht auch wenige Tage später unerwartet den Geist aufgeben. Und wie ärgerlich wäre es, sich monatelange auf ein Konzert zu freuen, nur um dann zu erkranken und nicht hingehen zu können?
Um auf jeden Fall der Fälle vorbereitet zu sein, bietet die Versicherungsbranche zahlreiche Angebote zur Absicherung. Davon sind zwar einige sinnvoll – viele aber auch nicht. Das Risiko: Verbraucher verzetteln sich und geben, ohne es zu merken, auf einmal monatlich viel Geld für unnötige Absicherung aus. Die unsinnigsten Produkte der Branche kürt der Bund der Versicherten (BDV) jährlich mit dem Versicherungskäse-Award.
Der größte Versicherungskäse: Die Nachhilfe-Versicherung
Diesjähriger Gewinner ist die Nachhilfe-Versicherung „Plus“ der Astra Versicherung AG. Und die funktioniert wie folgt: Angenommen, das eigene Kind wird krank oder hat einen Unfall, und verpasst deshalb die Schule. In so einem Fall zahlt der Versicherer Geld für die Nachhilfe, damit das Kind den verpassten Schulstoff nachholen kann.
„Zieht sich die Krankheit über einen längeren Zeitraum, ist im schlimmsten Fall die Versetzung gefährdet“, heißt es auf der Homepage. Je nachdem, wie lang das Kind dem Unterricht fernbleibt, gibt es 400 Euro oder 600 Euro vom Versicherer. Der Jahresbeitrag liegt dafür bei rund 30 Euro. „Es besteht keinerlei Notwendigkeit, ein solches Produkt zu kaufen“, sagt Julia Alice Böhne vom BDV. Für sie ist klar: Wenn ein Kind erkrankt, ist die Schulleistung erst einmal nachrangig.
Auch überflüssig: Der Familien-Kombischutz
Im diesjährigen Award fällt eine weitere Nominierung auf: der Kombischutz der Deutschen Familienversicherung (DFV) AG. Für etwa 40 Euro pro Monat erhalten Kunden ein Paket aus Unfall-, Hausrats-, Glas-, Privathaftpflicht-, Fahrraddiebstahl- und Verkehrsrechtsschutzversicherung. Auf den ersten Blick wirkt das wie ein guter Deal. Versicherungsexpertin Böhne rät dennoch ab: „Die Vorstellung davon, mit einem Produkt alles Wichtige abzudecken, ist natürlich bequem“, erklärt Böhne. Solche Angebote wirken daher wie eine sinnvolle Absicherung, sind aber in Wahrheit vor allem ein guter Verdienst für den Versicherer.
„Die individuellen Bedürfnisse der Kunden berücksichtigt so ein pauschales Paket überhaupt nicht“, sagt die Expertin. Außerdem: Die einzigen Produkte aus dem DFV-Paket, die es wirklich braucht, sind die Privathaftpflicht- und die Hausratversicherung. Zusammen kosten die im Branchendurchschnitt jährlich etwa 100 Euro – und damit fast 400 Euro weniger als das Paket der DFV.
Nur existenzielle Risiken absichern
Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist es häufig schwer, sinnvolle von unnützen Versicherungen trennscharf zu unterscheiden. Böhne empfiehlt deshalb: „Sichern Sie nur die Risiken ab, die Sie finanziell überfordern würden.“ Dazu sei es immer wichtig zu prüfen, was die Versicherung genau abdeckt, und was nicht. Bei vielen Policen schließt der Versicherer zahlreiche Risiken im Vorhinein aus. So etwa auch bei einer Reiserücktrittversicherung. Die zahlt nämlich nur dann, wenn die versicherte Person unerwartet schwer erkrankt. „Oft ist aber unklar, was unerwartet und schwer ist. Im Zweifel zahlt die Versicherung also überhaupt nicht“, erklärt Böhne. Für sie gilt eine solche Versicherung auch deshalb als unnötig, weil verlorenen Urlaubskosten keinesfalls zu ernsthaften finanziellen Problemen führen.
Ähnlich sieht es bei Kleinst-Versicherungen aus. Verbraucher sollten also auch davon absehen, Reisegepäck oder Elektrogeräte abzusichern. Noch dazu gibt es einzelne Versicherungen, die bereits bei anderen Produkten eingeschlossen sind. Eine Insassenunfallversicherung zum Beispiel verspricht, entstehende Kosten von Mitfahrern bei einem Unfall zu übernehmen. Wer jedoch ein Auto fährt, braucht sowieso eine Kfz-Haftpflichtversicherung – und die deckt genau diesen Fall mit ab.
Ganz großer Versicherungsmurks
Eine besonders große Gefahr sieht die Expertin aber bei kapitalbildenden Versicherungen. Dabei wird eine Police mit der Altersvorsorge kombiniert. Es handelt sich zwar um existenzielle Risiken, aber für Böhne gilt: „Altersvorsorge ist Geldanlage und keine Versicherung. Diese zwei Bereiche sollte man nicht vermischen.“ Egal, ob Fondspolice oder Kapitallebensversicherung – mit Kosten von teils mehr als drei Prozent pro Jahr sind solche Produkte meist sehr teuer. Und: Möchte man den Vertrag vorzeitig aufkündigen, muss man in vielen Fällen mit hohen Einbußen rechnen und könnte damit am Ende sogar Geld verlieren. „Wer wirklich Geld ansparen will, soll das lieber mit einem ETF-Sparplan tun“, lautet das Fazit der BDV-Expertin.