US-Präsident Donald Trump drückt einem Medienbericht zufolge bei der Suche nach einem Nachfolger für den im kommenden Jahr aus dem Amt scheidenden Notenbankchef Jerome Powell aufs Tempo. Er spiele mit dem Gedanken, den Kandidaten bereits bis September oder Oktober auszuwählen und bekanntzugeben, berichtete das „Wall Street Journal“ am Mittwoch (Ortszeit). Es beruft sich dabei auf mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Der US-Dollar fiel nach dem Bericht auf den tiefsten Stand seit dreieinhalb Jahren zum Euro. „Die Märkte werden sich wahrscheinlich über jede frühe Ernennung eines Nachfolgers für Powell ärgern, insbesondere wenn die Entscheidung politisch motiviert zu sein scheint“, sagte Analyst Kieran Williams vom Finanzhaus Intouch Capital Markets. „Ein solcher Schritt würde Fragen über eine mögliche Aushöhlung der Unabhängigkeit der Notenbank Fed aufwerfen und möglicherweise deren Glaubwürdigkeit schwächen.“
Trump bezeichnet Powell als „schrecklich“
Trump hat nach eigenen Angaben drei oder vier Personen als Nachfolger des von ihm scharf kritisierten Powell im Sinn. „Ich kenne drei oder vier Leute, aus denen ich auswählen werde“, sagte Trump am Mittwoch vor Journalisten während des NATO-Gipfels in Den Haag auf die Frage, ob er bereits Kandidaten für die Nachfolge treffe. Er bezeichnete den amtierenden Notenbankchef als „schrecklich“. Trump hat Powell wiederholt dafür kritisiert, die Zinsen nicht zu senken, und mit dessen Entlassung gedroht. Allerdings nahm er diese Drohungen fast ebenso oft wieder zurück. So sagte er am 12. Juni: „Ich werde ihn nicht feuern.“
Unklar ist, ob Trump den Fed-Chef überhaupt entlassen darf. Trump sagt Ja, das geltende Recht sagt Nein. Powells Position als Chef der unabhängigen Fed ist eigentlich gesetzlich geschützt. Er könnte nur „aus wichtigem Grund“ (for cause) entlassen werden – sprich: wenn grobes Fehlverhalten oder Amtsmissbrauch vorliegt, das nicht als politische Meinungsverschiedenheit ausgelegt werden kann. Die juristischen Hürden hierfür liegen extrem hoch. Einige Analysten sehen in der Diskussion über einen Nachfolger aber den Versuch, die Geldpolitik bereits vor dem Ende von Powells Amtszeit im Mai 2026 durch einen „Schatten-Notenbankchef“ zu beeinflussen.
Das sind die möglichen Nachfolger
Klar dürfte sein, dass der nächste Notenbankchef stärker nach Trumps Wünschen handelt. Auch Powell war seinerzeit von Trump eingesetzt worden, agierte aber nicht nach Trumps Vorstellungen. Aus Trumps Sicht war dies sicher ein strategischer Fehler, den er nicht wiederholen will. Als Kandidaten für den Posten werden immer wieder der Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, Kevin Hassett, der ehemalige Fed-Direktor Kevin Warsh und Finanzminister Scott Bessent genannt. Auch dem amtierenden Fed-Direktoriumsmitglied Christopher Waller werden Chancen eingeräumt. Jüngst dachte Waller laut über eine baldige Zinssenkung nach, was ganz im Sinne des US-Präsidenten sein dürfte.
Etwas abseits davon brachte sich jüngst Fed-Vizechefin Michelle Bowmann in Stellung, als sie sich offen für eine Zinssetzung im Juli zeigte. Bowmann war erst kürzlich von Trump zur obersten Bankenaufseherin der Zentralbank befördert worden. In Frankfurter Bankenkreisen wird sie allerdings schon länger als heiße Kandidatin für den Powell-Posten gehandelt.
Es muss nicht so schlimm kommen
Egal wer es am Ende wird: Dass er oder sie eine reine Trump-Marionette wird, muss nicht unbedingt so sein, meint zumindest der deutsche Princeton-Ökonom Markus Brunnermeier im Gespräch mit Capital. „Niemand will doch, dass die Leute noch in 50 Jahren darüber reden, was für eine Katastrophe du als Zentralbankpräsident warst“, sagt Brunnermeier. „Menschen ändern sich, sobald sie in einen institutionellen Rahmen eingebettet werden, weil sie dann auch auf ihre eigene Reputation achten müssen“.
Deshalb sei der institutionelle Rahmen der Fed sehr wichtig – sprich: dass Trump den Notenbankpräsidenten nicht entlassen kann. „Ein Rauswurf von Powell wäre ein Frontalangriff auf die Institution Fed und ihre Unabhängigkeit. Sollte der US-Präsident Notenbankpräsidenten absetzen können, würde das alle künftigen Amtsinhaber schwächen.“