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Geldanlage So vollziehen Sie den Kohleausstieg in Ihrem Depot

Kohlekraftwerk Niederaussem
Kohlekraftwerk Niederaussem
© Getty Images
Während das Land über die Dieselkrise streitet, können Anleger schon mal tätig werden: Firmen mit wenig CO2-Ausstoß sind nachweislich besser fürs Depot. Nadine Oberhuber erklärt, warum dekarbonisieren die Rendite steigern kann

Drei Jahre später. Die Dieselkrise schwelt noch immer, auch wenn der Autokonzern VW am Donnerstag erstmals zugestimmt, für die Hardware-Umrüstung von alten Dieselfahrzeugen Geld locker zu machen. Der Konzern wolle sich „finanziell beteiligen“ und jedem Kunden ein passendes Angebot vorlegen, sagte der VW-Vorstand dem Verkehrsminister. Ob das nun heißt, dass Volkswagen die Kosten komplett übernimmt oder nur einen Teil davon, muss man weiter abwarten. Marktbeobachter aber werteten das als Einlenken des Konzerns. Es wurde auch Zeit, denn der Streit zieht sich endlos hin: Wer zahlt für die vielen Autos, die weit über die Vorschriften hinaus die Luft verpesten, aber vorgeben, doch sehr viel sauberer zu sein? Darauf wollen viele eine Antwort, doch bisher sträubten sich die Autokonzerne oder lehnten jegliche Schadensbegrenzung aus eigenen Kassen rundweg ab. Obwohl sie doch die Verursacher der Dieselkrise sind. Was das alles mit den Anlegern zu tun hat? Sie könnten schon einmal anfangen selber aufzuräumen in ihren Depots.

Es geht nun nicht darum, die VW-Aktie zwingend aus dem Portfolio zu werfen. Die hat sich übrigens seit ihrem Diesel-Absturz von rund 250 Euro auf unter 100 Euro wieder um zirka 50 Prozent erholt und steht inzwischen wieder bei 150. Die jüngsten Nachrichten haben ihr wieder ein wenig Schub verliehen. Es ist aber noch ein Auf und Ab, das sie derzeit durchläuft. Nein, es geht vielmehr um die Grundfrage: Kann man mit dem eigenen Depot den Schadstoffausstoß der Weltwirtschaft beeinflussen? Könnte man also sozusagen als Aktionär zum Aktivisten werden und Unternehmen zwingen, die Umwelt weniger zu verpesten? Die entscheidende Kenngröße dabei sind die CO2-Mengen, die allerorten in die Luft geblasen werden. Und Analysten sagen: Ja, man kann als Anleger dazu beitragen, dass es weniger CO2 wird.

Börse honoriert geringen CO2-Ausstoß

Das ist schließlich erklärtes Ziel der Staaten, die regelmäßig Klimaabkommen unterzeichnen. Und sich auch daran zu halten versuchen. Demnächst könnte das CO2-Vermeiden auch zum Hauptziel von Anlegern werden. Nicht weil sie die Welt retten wollen oder ihnen die Umwelt so am Herzen liegt, sondern weil es dabei – viel banaler – um Rendite geht. Der Zusammenhang ist nämlich messbar, wie Studien beweisen. Es gebe eine direkte Verbindung zwischen der Intensität des CO2-Ausstoßes von Unternehmen und ihrer Kapitalmarktperformance, ermittelten Forscher der Universität Hamburg. Dazu sahen sie sich die Daten von 4000 Unternehmen an. Einerseits ihre Emissionsdaten, also den Klima-Fußabdruck, den sie durch Treibhausemissionen hinterlassen. Und andererseits ihre Aktienkurse und Unternehmenskennziffern. Das Ergebnis: Gruppiert man die Firmen je nach Schadstoffausstoß in Klassen – also in diejenigen, die wenig CO2 produzieren; in jene, die viel CO2 rausblasen; und eine Gruppe dazwischen – dann fielen die Wenigproduzierer durch eine deutliche Mehrrendite im Vergleich zum Durchschnitt auf. Sie brächten ihren Anlegern demnach 0,39 Prozentpunkte mehr Ertrag als der Referenzindex, sagt die Studie. Während die Vielproduzierer auf eine deutliche Unterrendite kamen. Sie schnitten 0,38 Prozentpunkte schlechter ab als der Index. Insgesamt liegen zwischen den CO2-Guten und den CO2-Bösen also knapp 0,8 Prozentpunkte Rendite. Das kann man als Anleger als Bonus einstreichen, wenn man auf die sauberen Firmen setzt.

Noch auffälliger war der Unterschied beim Marktwert-Buchwert-Verhältnis, also der Marktkapitalisierung (Kurs mal Aktienanzahl) im Vergleich zum Buchwert. Der Marktwert lag bei den Unternehmen mit niedrigem CO2-Ausstoß im Schnitt rund 30 Prozent höher als bei den Vielverbrauchern. Die Börse bewertet also Firmen mit geringem Kohlendioxidausstoß durchweg positiver als es ihre reinen Fundamentaldaten rechtfertigen würden. Was kann man daraus folgern? Der CO2-Fußabdruck eines Unternehmens ist offenbar ein guter Indikator dafür, wie wachstumsstark eine Firma von Investoren gesehen wird. Und welche Wertschöpfung man ihr zutraut.

Nun sind solche Bewertungen und Börsenkurse ja reine Zukunftsbetrachtungen. Erwartungen, die vom Markt bereits eingepreist sind, heißt es oft. Aber können die umweltfreundlicheren Firmen das auch in Gewinne umsetzen? Sind sie profitabler? Das ließ sich bisher noch nicht eindeutig belegen. Es gibt Studien, die das bereits zu belegen versucht haben. Das Ergebnis lautet bisher: 45 Prozent der Studien wiesen nach, dass weniger CO2-Ausstoß auch eine bessere Unternehmensperformance bedeutete. In 39 Prozent der Studien kam heraus, dass wenig CO2-Emission mit einer schlechteren Firmenbilanz einherging. Und gut 15 Prozent der Untersuchungen fanden keinen eindeutigen Zusammenhang. Die Schwäche der Analysen war allerdings, dass sie „Unternehmensperformance“ nicht einheitlich definierten. Sie machten sie mal an Kapitalmarktdaten fest, mal am Wachstum der Unternehmen, mal an Profitabilität und mal an der Liquidität der Firmen.

Schlechte Aussichten für Kohle-Sünder

Die Hamburger Studie sah sich daraufhin noch einmal speziell den Punkt Profitabilität an, nachdem sie ja schon einen Zusammenhang zwischen Finanzmarktperformance und CO2-Intensität gefunden hatte. Bei der Profitabilität gebe es noch keinen eindeutigen Zusammenhang, dass weniger CO2-Produktion zwingend mit steigenden Profiten einhergehe, stellte auch sie fest. Begründet wird das so: Fossile Brennstoffe seien zuletzt eher günstiger als teurer geworden, das habe natürlich auch positive Effekte auf die Unternehmensgewinne. Zudem seien die Umweltauflagen von staatlicher Seite noch sehr hoch, das koste die „sauberen“ Unternehmen natürlich mehr Geld. Beides klingt plausibel.

Aber: Dennoch lasse sich die bessere Finanzmarktperformance der umweltfreundlicheren Unternehmen nicht leugnen, betonten die Forscher. Diese Überperformance zeige sich nicht nur in Kursgewinnen, sondern auch in höheren Dividenden. Daraus nun wiederum könne man indirekt schließen, dass jene Firmen dennoch profitabler wirtschaften müssten. Sonst würden sie ja keine üppigeren Dividenden ausschütten, so lautet der Schluss der Studienautoren. Das ist freilich eher eine Schlussfolgerung als ein eindeutiger Beleg. Aber sie weisen auch mahnend auf etwas anderes hin: Darauf nämlich, dass es die „schmutzigen“ Unternehmen künftig teuer zu stehen käme, sollten sich die Gesetze so ändern, dass man sie an den Umweltschäden beteilige, die sie produzieren. Dann nämlich sähe es bei den Stromversorgern so aus, dass fünf von acht Unternehmen keinen Gewinn mehr machten, sondern eher Verluste produzierten, wenn das Verursacherprinzip zu 100-Prozent griffe. Würde man ihnen nur die Hälfte der Kosten auferlegen, wären es immerhin zwei Firmen, die nicht kostendeckend arbeiten würden. Bei den Automobilfirmen sähe die Bilanz ebenfalls erheblich schlechter aus als bisher. Sie müssten entweder die Autopreise um 1500 bis 2000 Euro erhöhen oder mit sinkenden Gewinnen rechnen.

Umschichtung produziert nicht nur heiße Luft

Analysten finden deshalb, dass es für Anleger sinnvoll wäre, das Depot jetzt zu durchforsten. Und zwar dergestalt, dass sie entweder Aktien aus den schlimmsten Verschmutzerbranchen aus ihren Portfolios werfen. Dazu gehören die Versorger, Stromproduzenten und die Rohstoffproduzenten (vor allem die Ölindustrie) und auch die Automobilhersteller über den Ausstoß ihrer Autos. Das brächte schon eine Menge, denn laut Analysen verursachen 15 Prozent der MSCI-Werte dieser wenigen Branchen rund 70 Prozent des globalen Kohlendioxidausstoßes. Tilgen viele Anleger und Großinvestoren sie aus dem Depot, wäre das zumindest eine Warnung an die schlimmsten Verschmutzer. Möglicherweise brächte es einige zum Umdenken. Oder aber, indem sie zumindest nur jene Firmen im Depot lassen, die in Sachen CO2-Abdruck besser wirtschaften als andere. Das ist der Best-in-Class-Ansatz. Statistiken dazu sind bei Nachhaltigkeitsrating-Agenturen einzusehen.

Oder aber – das ist die einfachste Variante – die Anleger fokussieren sich gezielt auf solche Fonds, deren „Carbon Risk Score“ klein ist, die also CO2-sparender wirtschaften und deshalb auch weniger Risiken unterliegen. Dazu gehören Fonds aus dem Bereich Biotech und Healthcare sowie Technologiefonds. Sie haben das geringste Risiko. Auch die Kommunikationsbranche gehört dazu, ebenso globale und europäische Wachstumswertefonds mit Standardaktien. Sie gelten als „gute Fonds“. Hoch belastet wären demnach Rohstoff-, Russland- und Schwellenländerfonds, Osteuropa-Aktienpakete und Energiefonds. Man kann sich also überlegen, ob man die Guten im Depot behält und künftig stärker zukauft. Und die Schlechten künftig eher meidet.

Auf jeden Fall würde eine Umschichtung in diesem Sinne nicht nur heiße Luft produzieren. Denn langfristig werde sich eine ressourcensparende und CO2-vermeidende Produktion schon messbar auf die Renditen der Firmen auswirken, prognostizieren die Unternehmensberater von Mercer. Die „guten“ Sektoren würden dadurch Renditeaufschläge von zwei bis 3,5 Prozentpunkten verzeichnen. Andere Branchen würden künftig eher vier bis fünf Prozentpunkte an Rendite verlieren. In welches Lager die Autohersteller langfristig gehören, wenn sich die Dieselära einmal ihrem Ende entgegen neigt, ist die spannende Frage.

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