Jack Dorsey hat mit seinem Fintech eine der größten Banking-Apps der Welt gestartet und ist gleichzeitig ein wichtiger Payment-Anbieter für mehrere Millionen Händler weltweit. Mit Block, das ursprünglich unter dem Namen Square gestartet war, hat es der Twitter-Gründer geschafft, sich mit zwei unterschiedlichen Finanz-Geschäftsmodellen breitzumachen.
Die Cash App bedient eigenen Angaben zufolge mehr als 51 Millionen Kunden, sie kaufen Aktien oder bezahlen mit der dazugehörigen Kreditkarte. Bitcoin-Handel bietet Block ebenfalls an. Zusätzlich kaufte es 2021 den „Buy Now, Pay Later“-Anbieter Afterpay für 29 Mrd. Dollar. Das Geschäft boomte, Block galt als Vorzeige-Fintech. Es wollte nach Europa expandieren (Finance Forward berichtete).
Am Donnerstag veröffentlichte der umstrittene Shortseller Hindenburg Research einen Bericht, in dem er Block beschuldigt, seine Nutzerzahlen künstlich aufzublähen und betrügerische Transaktionen zu ermöglichen. Der Aktienkurs stürzte in der Folge ab.
Cash App anfälliger für Betrug als Paypal
Das Unternehmen stand bereits in den vergangenen Jahren wegen Scam-Aktivitäten in der Kritik. Kriminelle wollten Nutzer unter falschen Vorwänden dazu bringen, ihnen Geld über die App von Block zu schicken. Die Zahl solcher Fälle ist während der Coronapandemie explodiert. Nach Angaben der US-amerikanischen Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde FTC sind die Beschwerden gegen Cash App innerhalb eines Jahres um 472 Prozent gestiegen, von 735 Beschwerden im Jahr 2019 auf 4204 im Jahr 2020. Die Zahlen liegen weit über denen der Konkurrenz, etwa Paypal oder Zelle.
Doch das ist in der Aktie von Block bereits eingepreist, die Problematik ist bereits bekannt. Hindenburg Research behauptet nun, die Compliance-Probleme von Cash App seien noch größer als bislang bekannt. Die internen Systeme von Block beschreibt der Shortseller als einen „Wildwest“-Ansatz für die Einhaltung von Vorschriften.
Eine zweijährige Untersuchung habe ergeben, dass Block seine Kundinnen und Kunden „systematisch ausgenutzt“ habe. Die „Magie“ hinter dem Geschäft von Block seien nicht „bahnbrechende Innovationen“, sondern die Bereitschaft des Unternehmens, Betrug an Verbrauchern und der Regierung zu erleichtern, Regulierungsvorschriften zu umgehen und Investoren mit überhöhten Kennzahlen in die Irre zu führen. Ehemalige Mitarbeiter würden davon ausgehen, dass 40 bis 75 Prozent der von ihnen überprüften Konten gefälscht oder in Betrug verwickelt waren oder dass es sich um zusätzliche Konten handelte, die mit einer einzigen Person verbunden waren.
Block prüft rechtliche Schritte gegen Hindenburg
Dabei stützt sich Hindenburg Research auf Gespräche mit „Dutzenden ehemaligen Mitarbeitern, Partnern und Branchenexperten, umfassende Prüfung von Unterlagen zu Vorschriften und Rechtsstreitigkeiten und Dokumente von staatlichen Behörden“.
Block reagierte am Abend mit einem Statement. Das Unternehmen prüfe rechtliche Schritte gegen Hindenburg Research wegen „des sachlich falschen und irreführenden Berichts“. Hindenburg sei für diese Art von Angriffen bekannt, die einzig und allein darauf abzielten, Shortsellern die Möglichkeit zu geben, von einem fallenden Aktienkurs zu profitieren, teilte Jack Dorseys Unternehmen mit. „Wir haben den vollständigen Bericht im Zusammenhang mit unseren eigenen Daten geprüft und sind der Meinung, dass er darauf abzielt, die Anleger zu täuschen und zu verwirren.“
Der New Yorker Shortseller wurde erstmals 2020 bekannt, als er behauptete, das Mobilitäts-Start-up Nikola sei ein Betrug. Anfang dieses Jahres beschuldigte Hindenburg Research den indischen Milliardär Gautam Adani, „den größten Betrug in der Unternehmensgeschichte“ begangen zu haben. Der Bericht verringerte den Marktwert seines Imperiums um etwa 100 Mrd. Dollar. Adani, zuvor der drittreichste Mann der Welt, bestritt die Vorwürfe.
Rapper prahlen von Betrug mit Cash App
Nathan Anderson, der 38-jährige Gründer von Hindenburg Research, leitet ein Team von nur zehn Mitarbeitern. Shortseller sind umstritten, weil sie von Spekulationen auf fallende Aktienkurse profitieren und damit den Unternehmen schaden, auf die sie es abgesehen haben. In Fällen wie etwa Wirecard hatten Shortseller allerdings einen großen Anteil daran, kriminelle Machenschaften aufzudecken.
Das Prinzip funktioniert so: Sie leihen sich gegen eine Gebühr Aktien eines Unternehmens, verkaufen sie und kaufen sie dann zu einem niedrigeren Preis zurück, sobald der Aktienkurs fällt. Anschließend geben sie die Aktien an den Eigentümer zurück und behalten den daraus resultierenden Gewinn.
Damit der Plan aufgeht, sucht der Shortseller alle möglichen Kritikpunkte an einem Unternehmen zusammen, um die Öffentlichkeit dann davon zu überzeugen, dass die entsprechende Aktie überbewertet ist. Hindenburg wies beispielsweise daraufhin, dass Rapper in ihren Liedern damit prahlen würden, Cash App für kriminelle Aktivitäten zu nutzen. „Eine Überprüfung dieser Songs zeigt, dass die Künstler im Allgemeinen nicht über die reibungslose Benutzeroberfläche von Cash App rappen“, schrieb der Shortseller.
Der Beitrag ist zuerst bei Finance Forward erschienen