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Bernd Ziesemer Schlechter Deal für die BASF-Aktionäre

Capital-Kolumnist Bernd Ziesemer
Capital-Kolumnist Bernd Ziesemer
© Martin Kress
Der neue Chef des Chemiekonzerns BASF bringt frischen Wind nach Ludwigshafen. Aber die Aktie befeuern die Pläne von Markus Kamieth nicht

Der neue BASF-CEO Markus Kamieth will einiges ändern in seinem verknöcherten Konzern. Die Vorstellung seiner Strategie geriet in der vergangenen Woche zu einer großen Ankündigungsarie: Fokussierung auf Kernbereiche, Ausgliederungen und Stilllegung vieler unprofitabler Anlagen im Ludwigshafener Stammwerk. Das alles soll langfristig den Börsenwert von BASF erhöhen. Die Betonung liegt dabei auf dem Wort „langfristig“. Denn kurzfristig können die Aktionäre des Chemiekonzerns nichts Gutes erwarten.

Der Wert ihrer Aktie hat sich in den letzten sechs Jahren halbiert. Aber immerhin konnten sich die Anteilseigner über eine hohe Dividende freuen – zuletzt 3,40 Euro.  Börsenexperten empfahlen BASF-Papiere deshalb als „Dividendenaktie“ für Anleger, die vor allem Wert legen auf regelmäßige Ausschüttungen. Damit ist nun Schluss: Künftig zahlt der Konzern nur noch 2,25 Euro. Der BASF-Chef spricht von einer „Mindestdividende“. Aber man muss davon ausgehen, dass sie in den nächsten drei, vier Jahren kaum höher ausfallen dürfte. Denn der Konzern muss viel Geld für den angekündigten Umbau ausgeben.

Kamieth verspricht „spätestens ab 2027“ zusätzliche Aktienrückkäufe, die den Kurs treiben sollen. Aber auch das ist zunächst nur ein Versprechen in die Zukunft. Drei Jahre sind eine lange Zeit, in der viel passieren kann in der Welt, dass die jetzige Rechnung wieder zunichtemacht. Man denke nur an die höchst riskante Großinvestition von BASF in China, die sich noch zu einer schweren Belastung für den Konzern auswachsen könnte. Die Lage in der Volksrepublik ist toxisch: Die Konkurrenz durch chinesische Konzerne wächst, gleichzeitig sinkt die Nachfrage nach Chemieprodukten. Solange sich die Gesamtwirtschaft in China nicht berappelt, ändert sich nichts an dieser gefährlichen Zwickmühle.

Viele verlorene Jahre für BASF

Im Kern richtet sich Kamieths Blick weit in die Zukunft. Kurzfristig sind keine Impulse zu erkennen, die BASF-Aktien als Anlage attraktiv machen. Die massive Kürzung der Dividende trifft vor allem die Kleinanleger, nicht zuletzt Tausende von ehemaligen BASF-Arbeitern, die Belegschaftsaktien erworben haben. Sie haben sich in der Vergangenheit als sehr geduldig erwiesen, weil sie an „ihr“ Unternehmen glauben. So dürfte es wohl auch bleiben.

Fast die Hälfte der Stammaktien liegt in den Händen von Privatanlegern, die fast ausschließlich in Deutschland leben. Es gibt keinen eigentlichen Großaktionär, Fonds aus aller Welt halten durchweg nur kleinere Positionen. Für das Management des Konzerns bedeutet das in der Praxis: Es kann schalten und walten wie es will, ohne ernsthaft unter Druck zu kommen. Das erklärt die vielen verlorenen Jahre für die BASF, als alles so weiter lief wie gewohnt, obwohl sich die Welt draußen mit rasender Geschwindigkeit veränderte.

Wird das jetzt unter Kamieth anders? Sein erster Auftritt auf dem Kapitalanlegertag in der vorigen Woche schürte diese Hoffnung. Ob der neue Chef wirklich durchgreift und sich vor allem gegen die Gewerkschaft IGBCE durchsetzen kann, die vor allem im Stammwerk Ludwigshafen über sehr viel Macht verfügt, das kann niemand sagen. Für ein Kursfeuerwerk reicht das, was sich bisher abzeichnet, auf jeden Fall nicht aus.  

Bernd Ziesemer ist Capital-Kolumnist. Der Wirtschaftsjournalist war von 2002 bis 2010 Chefredakteur des Handelsblattes. Anschließend war er bis 2014 Geschäftsführer der Corporate-Publishing-Sparte des Verlags Hoffmann und Campe. Ziesemers Kolumne erscheint regelmäßig auf Capital.de. Hier können Sie ihm auf X folgen.

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