Anfang Juli sind die Zinssparer plötzlich aufgewacht. Die Verzinsung der zehnjährigen Bundesanleihe schoss innerhalb von zehn Tagen von 0,28 auf 0,6 Prozent. Am Zinsmarkt ist das ein Paukenschlag, der die Hoffnung auf eine Wende im Zinszyklus erwachte. Einige fürchten sich nun sogar vor hoher Inflation, dem Schreckgespenst vieler Deutscher seit dem letzten Jahrhundert. Zu Recht? Mancher Experte stellt sich dieser Tage gegen das Mantra ewig niedrig bleibender Zinsen. Franz-Georg Wenner vom Analyseportal chartanalysen-online beispielsweise sieht den 30-jährigen Zinszyklus von US-Staatsanleihen als weiterhin gültig an und erläutert, dass sich die Zinsen weltweit seit dem Jahr 1800 alle 30 Jahre ihre Richtung wechseln. Demnach stünden bis etwa 2045 kletternde Zinsen an.
Geht die Ära des billigen Geldes zu Ende?
EZB-Chef Mario Draghi hat jüngst davon gesprochen, dass „reflationäre Kräfte“ deflationäre Kräfte ablösen würden. Reflation bedeutet steigende Inflationsraten, während Deflation einen Rückgang der Verbraucherpreise bedeutet. Die Finanzmärkte haben Draghis Äußerungen so interpretiert, dass er im Herbst wohl ankündigen wird, das Anleihekaufprogramm von 60 Mrd. Euro monatlich allmählich zurückzufahren. Diese Aussagen führten dazu, dass sich die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen mehr als verdoppelt haben, auf knapp 0,6 Prozent. Damit liegen sie zum ersten Mal seit Januar 2016 über der Marke von 0,5 Prozent. Doch viele Anleger hierzulande folgen dem EZB-Chef nicht. „Seit Jahresbeginn sind die Kurse für 'Inflationsanleihen der Bundespublik' im Rückwärtsgang. Die aufkeimenden Inflationssorgen zum Jahreswechsel haben sich verflüchtigt“, erklärt Norbert Betz, Leiter der Handelsüberwachung bei Gettex.
Inflation – wirklich?
Viele Faktoren geben deutschen Anlegern Recht und sprechen gegen einen deutlichen Zinsanstieg. Denn nach dem signifikanten Rückgang des Ölpreises liegt er auf dem Niveau von vor einem Jahr. Seinen Boden könnte er gefunden haben, doch für einen massiven Anstieg Richtung 100 Dollar fehlt die Fantasie, da sich mit neuen Fördermethoden in den USA die Angebotsseite völlig verändert hat. Damit heizen die Energiepreise die Inflation nicht mehr an. Gleichzeitig wird die Inflation in Europa durch den kräftig gestiegenen Euro merklich gedämpft. Er hat gegenüber Ende 2016 um 8,5 Prozent gegenüber dem Dollar und um 4,0 Prozent gegenüber dem britischen Pfund zugelegt. Damit werden von dort eingeführte Produkte in der Eurozone billiger, während hiesige Produkte im Ausland teurer werden. Das dämpft gleichzeitig die Konjunkturperspektiven für die Eurozone.
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Zinserträge dennoch möglich
Bei einem steigenden Euro bekommt die Wirtschaft Gegenwind, was die Inflation bremsen würde. Entgegen der Erwartung vieler Investoren könnten die Zinsen in der Eurozone in den nächsten Monaten daher nur langsam steigen. Für Sparer gilt daher, dass sie ihre Kaufkraftverluste – die bei vielen auch ungeachtet der offiziellen Inflation anfallen – anders ausgleichen müssen. Ein Ausweg sind festverzinsliche Anleihen wie jene, die gerade in der Zeichnung sind. Die A2E4QJ liefert 1,5 Prozent Verzinsung pro Jahr bei fünf Jahren Laufzeit. Eine Alternative ist die Inflationsanleihe A2E4QK, die im ersten Jahr 0,9 Prozent bringt und danach vier Jahre lang 0,35 Prozent plus Inflationsrate oben drauf.

Daniel Saurenz betreibt das Investment- und Anlageportal Feingold Research. Der Journalist hat unter anderem für Börse Online und die Financial Times Deutschland geschrieben

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