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Börse Was Anleger über Immobilienaktien wissen sollten

Vor allem die Wohnraum-Debatte hat den Immobilienaktien zugesetzt
Vor allem die Wohnraum-Debatte hat den Immobilienaktien zugesetzt
© Pixabay
Im Juni gehörten Immobilienaktien zu den großen Verlierern. Noch immer schüren die Diskussionen um Mietendeckel und Enteignung bei Investoren Ängste. Wie es für Anleger weitergeht

Wer Aktien großer Immobiliengesellschaften im Portfolio hat, wurde im Juni nicht froh: Fast ausnahmslos sind die Kurse börsennotierter Immobilienunternehmen eingekracht. Dax-Mitglied Vonovia kommt auf ein Minus von knapp elf Prozent innerhalb eines Monats. LEG Immobilien – minus neun Prozent im gleichen Zeitraum. Und die Deutsche Wohnen hat im Juni sogar fast ein Viertel ihres Werts verloren.

Ginge der Kursverfall in der gleichen Geschwindigkeit weiter, wären Deutschlands Immobilienunternehmen wohl bis Ende des Jahres auf einem Zehn-Jahres-Tief.

Lange wurden Immobilienaktien an den Kapitalmärkten als sicheres Investment gefeiert. Sie galten als lukrative Alternative für Anleger, die sich kein eigenes Haus leisten konnten, aber dennoch vom Boom auf den Immobilienmärkten profitieren wollten.

Jahr für Jahr steigerten die Emittenten ihre Gewinne, beflügelt von der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Auch die Aktienkurse schienen lange Zeit nur eine Richtung zu kennen – bis der Höhenflug im Juni jäh endete.

Wohnungs-Debatte in Berlin verunsichert Investoren

Treiber des Kursrutsches ist die jüngste Politisierung des Wohnungsthemas, die in Berlin ihren Anfang genommen hat. Die Berliner Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ hat die Wohnungsunternehmen in Deutschland zum Feind erklärt. Der Berliner Senat will die Mieten in der Hauptstadt für fünf Jahre einfrieren.

„Über Berlin schwebt das Damoklesschwert der Enteignung , des Vorkaufsrechts und der immer stärkeren Regulierung – statt sich auf das Wesentliche, die Schaffung von bezahlbarem Wohnen, zu konzentrieren“, wetterte der Zentrale Immobilien Ausschuss, der Lobbyverband der deutschen Immobilienwirtschaft, jüngst in einer Stellungnahme.

Die politische Landschaft verunsichere Immobilieninvestoren, auf die Berlin dringend angewiesen ist, heißt es in dem Schreiben weiter. Und offenbar verunsichert die Politik zunehmend auch Aktien-Investoren.

Viele Anleger dürften derzeit bei Immobilienaktien hin- und hergerissen sein. Gegen den Kauf spricht: Die diskutierten Eingriffe in den Wohnungsmarkt könnten die Gewinne der Unternehmen tatsächlich empfindlich schmälern.

Das spricht für den Kauf von Immobilienaktien

Vor allem Immobiliengesellschaften, die besonders viele Berliner Wohnungen in ihrem Portfolio haben, müssten sich bei einem Mietendeckel auf geringere Gewinnmargen einrichten, warnte jüngst die Ratingagentur Moody’s. Dazu zählt nicht nur die Deutsche Wohnen, sondern zum Beispiel auch das luxemburgische Unternehmen ADO Properties. Als Folge dürfte die Verschuldungsquote der Unternehmen steigen, fürchtet Moody‘s – das hätte auch Auswirkungen auf die Bonität.

Das Problem beschränkt sich nicht allein auf Berlin. Ein Mietendeckel, wie ihn der Berliner Senat plant, könnte schon bald auch in anderen Metropolen kommen. In München zum Beispiel hat der Mieterverein eine Unterschriftenaktion für ein Volksbegehren angekündigt. Die Aktion soll im Herbst starten. Auch die Hamburger Linke spielt mit dem Gedanken, die Mieten einzufrieren. Und der SPD-Parteivorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel sprach sich jüngst sogar für einen bundesweiten Mietendeckel aus. Spätestens dann wäre die gesamte Branche betroffen.

Es gibt aber auch Gründe für einen Kauf: Das makroökonomische Umfeld ist nach wie vor gut. Anfang Juni verkündete die Europäische Zentralbank auf ihrer Zinssitzung im litauischen Vilnius, dass sie den Leitzins unverändert auf Nullniveau lässt – mindestens bis Mitte 2020. Damit verlängert die EZB das Niedrigzinsversprechen um sechs Monate; zuvor hieß es, sie wolle den Leitzins mindestens bis Herbst 2019 unangetastet lassen.

Die Finanzierungsbedingungen für Immobilieninvestoren bleiben also weiterhin günstig. Davon profitieren auch die börsennotierten Immobilienunternehmen. Denn die Wohnungsmieten bewegen sich in der Regel im Gleichschritt mit den Immobilienpreisen nach oben. Zumindest von dieser Seite spricht also nichts dagegen, dass die Rally bald wieder an Fahrt gewinnt.

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