Der Sparkassen Innovation Hub stellt in seiner Studie „Female Finance“ selbstkritisch nicht nur eine überfällige Frage, sondern liefert auch gleich die treffende Lagebeschreibung:
„Da Finanzservices oft ausschließlich von Männern entwickelt werden … , müssen wir uns fragen, ob wir die Bedürfnisse von 50,7 Prozent der deutschen Bevölkerung ausreichend betrachten.“
Die Antwort lautet: Nein, das tut ihr nicht, liebe Banken, Sparkassen und Vermögensverwalter. Selbst die Neobroker, Robo-Advisor und andere Institutionen der Finanzindustrie nehmen die Bedürfnisse von Frauen über ihre Lebensphasen hinweg nicht wahr und ernst. Zwar wurden Frauen inzwischen als Zielgruppe entdeckt, als „Female Economy“, die weltweit ein höheres Wachstumspotential haben soll als China und Indien zusammen, so die Sparkassen Hub Studie. Die Lösungen aber, die sie bisher anbieten, sind zweifelhaft.
Teure Angebote und geschlechtsbasierte Diskriminierung
Wenn Frauen beispielsweise in die Beratung bei Banken und Sparkassen gehen, kommen sie oft mit Produkten wie der Riester-Rente, teuren Aktien-Fonds und Zertifikaten heraus. Und nicht mit einer persönlichen Finanzplanung und Strategie für ihre Altersvorsorge.
Es ist wissenschaftlich belegt, dass Frauen im Vergleich zu Männern systematisch unterschiedliche Empfehlungen von Finanzberaterinnen und -beratern erhalten – zu ihrem Nachteil. So schreibt die Meta-Studie „Gender Differences in Financial Advice“: Frauen werden tendenziell häufiger Multi-Asset-Fonds empfohlen, die höhere Kosten haben als reine Aktienfonds und deshalb niedrigere Renditen erwirtschaften. Frauen erhalten auch seltener Rabatte auf Gebühren. Und: Ihnen werden spezielle „Frauen- oder Genderfonds“ empfohlen.
Fragwürdige Zielsetzungen und Anlagestrategien bei „Frauenfonds“
Ein besonders augenfälliges Beispiel eines „Frauenfonds“ ist der DWS Invest ESG Women for Women. Er wird „von Frauen für Frauen gemanagt“, so die Werbung der DWS, einer Tochter der Deutschen Bank. Der Fonds „ziele speziell auf die Bedürfnisse von Frauen bei der Auswahl ihrer Geldanlage“ ab.
Zu diesen Bedürfnissen zählt die DWS: Herz und Verstand müssen ja sagen, die Herz-Komponente mache bei Frauen den Unterschied bei der Geldanlage, Rendite sei nicht so wichtig und soziale Belange stünden im Vordergrund. Dieser Schwurbel steht tatsächlich bei der DWS!
Dazu im Kleingedruckten: Der Fonds schließt in wesentlichem Umfang Derivategeschäfte ab und weist wegen der verwendeten Techniken eine hohe Schwankungsstärke auf. Dazu verlangt er einen Ausgabeaufschlag von 5,26 Prozent und laufende Kosten von 1,93 Prozent.
Zusammengefasst heißt das:
- Der DWS-Frauenfonds verfolgt vor allem soziale Aspekte
- ohne Renditeziel
- legt in komplizierte Anlagekonstrukte
- nach einem komplexen Regelwerk an,
- wodurch sein Wert stark schwanken kann und
- hohe Kosten verursacht.
Das wollen Frauen?
Hohe Kosten führen langfristig zu Vermögensschäden
Eine Modellrechnung: Investiert eine Frau zehn Jahre 200 Euro monatlich in den DWS-Frauenfonds, betrüge ihr Vermögen bei 6 Prozent Jahresrendite etwa 28.000 Euro. Würde sie 200 Euro in einen Aktien-Welt-ETF mit 0,2 Prozent Jahreskosten anlegen, hätte sie rund 32.300 Euro. Also 3700 Euro mehr. Bei 25 Jahren betrüge der Kostenunterschied 22.600 Euro beim aktiven Fonds versus 2500 Euro beim passiven Welt-ETF.
Das Marketing um „Frauenfonds“ behauptet gern, die Bedürfnisse von Frauen zu kennen und zu erfüllen. Für mich ist das ein kollosales Missverständnis.
Frauen möchten risikobewusst investieren, dabei renditestark und unkompliziert, sie möchten Anlagelösungen, die sie verstehen und die kostengünstig sind. Und manche wollen nachhaltig, sozial und ökologisch ihr Geld anlegen – aus nachvollziehbaren Gründen.
Frauenfonds bedienen dagegen stereotype Sichtweisen auf Frauen. Und warum müssen Frauen jetzt auch noch die Welt retten? Mich erinnern Anlagefonds für Frauen an das Buch von Alexandra Zykunov: „Was wollt ihr denn noch alles?!“
Die Lösung? Bildung und einfache Produkte
Um Vermögen aufzubauen, brauchen weder Frauen noch Männer spezielle Fonds, an denen vor allem ihre Initiatorinnen und -initiatoren verdienen. Dafür Zugang zu fairer Finanzbildung und Anlagelösungen, die tatsächliche Bedürfnisse reflektieren. Nachhaltig orientierte Aktien-ETFs und auch einige aktiv gemanagte Aktien-Fonds bieten einfache, günstige und transparente Möglichkeiten, ohne Genderschwurbelei und unnötige Kosten.
Bei einer Bank oder Sparkasse ohne Finanzbildung in eine „Beratung“ zu gehen, ist deshalb riskant. Und Marketingversprechen sind keine Anlagestrategie, sie produzieren im Zweifel hohe Vermögensverluste! Wer Impact über die Geldanlage will, kann beispielsweise auch in einzelne Aktien von Unternehmen investieren und auf der Hauptversammlung Vorstand und Aufsichtsrat Fragen zu Themen stellen, die einem wichtig sind.