Während viele Deutsche trotz des Abgasskandals an ihren Dieselautos hängen, setzen immer mehr Inder auf E-Mobilität. Im Jahr 2020 sollen rund sieben Millionen Elektro- und Hybridautos über Indiens Straßen rollen. Für das Jahr 2030 sieht der „National Electric Mobility Mission Plan“ der Regierung gar vor, dass überhaupt keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mehr zum Einsatz kommen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden E-Autos in Indien deutlich niedriger besteuert als herkömmliche Autos.
Indiens Ehrgeiz in punkto E-Mobilität steht exemplarisch für die Entwicklung vieler Schwellenländer: Sie wollen nicht nur zu den Industriestaaten aufschließen, sondern sie womöglich sogar überholen. An den Aktienmärkten ist ihnen das bereits gelungen. Der Schwellenländer-Index MSCI Emerging Markets ist seit Jahresbeginn deutlich kräftiger gestiegen als der globale Aktienindex MSCI World. Nach jahrelanger Schwächephase geht es in den Emerging Markets aufwärts. Immer mehr Investoren kehren an die Schwellenmärkte zurück.
Russland bleibt für Investoren ein Risiko
Die Hausse wird sich im kommenden Jahr fortsetzen, sind viele Fondsmanager und Ökonomen überzeugt. Sie führen mehrere Gründe dafür an: Erstens profitierten die Schwellenländer vom soliden Weltwirtschaftswachstum. Zweitens verzeichneten Unternehmen in den Emerging Markets mittlerweile ein kräftiges Gewinnwachstum. Drittens verschafften stabilere Rohstoffpreise und ein schwacher US-Dollar den Aktienmärkten der Schwellenländer Rückenwind. Viertens stünden trotz der jüngsten Rallye noch immer viele Anleger an der Seitenlinie. Entschieden sie sich zum Einstieg, würden sie die Aktienkurse weiter in die Höhe treiben.
Allein an der Frage, welche Schwellenländer für Anleger in der kommenden Zeit am aussichtsreichsten sein könnten, scheiden sich die Geister. Manche Fondsmanager sehen kurzfristig Chancen in Russland, wo sich die Wirtschaft allmählich vom Ukraine-Konflikt erholt. Auf lange Sicht bleibt Russland allerdings für Investoren ein riskantes Terrain. Sicherer sind Südkorea und Taiwan: Beide Volkswirtschaften wachsen stabil und bieten Investoren ein solides politisches Umfeld. Nicht zuletzt sitzen in beiden Ländern zahlreiche international erfolgreiche Konzerne.
Bei China wachsam bleiben
Besonderer Liebling vieler Fondsmanager ist China. Gerade chinesische Technologieunternehmen liegen bei Investoren im Trend: Der Internetriese Tencent etwa war Ende November an der Börse erstmals mehr wert als Facebook. Der Anstieg des Tencent-Aktienkurses hatte die Marktkapitalisierung des Unternehmens auf 522 Mrd. US-Dollar getrieben, Facebook hatte zuletzt eine Marktkapitalisierung von 519 Mrd. Dollar. Zwar sind chinesische Technologieaktien mittlerweile teuer. Fondsmanager sehen aber noch Luft nach oben. Daneben zeigen sie sich für chinesische Konsumgütertitel optimistisch. „Chinas Konsumwachstum hat sich zu einem der spannendsten Investmentthemen entwickelt“, schwärmt Maarten-Jan Bakkum, Emerging-Markets-Stratege bei NN Investment Partners.
Paradoxerweise stellt China für Schwellenländer-Investoren nicht nur eine der vielversprechendsten Anlageregionen dar, sondern zugleich auch das größte Risiko. Sollte die chinesische Wirtschaft deutlich langsamer wachsen als erwartet, würde das nämlich dem Welthandel und den Rohstoffpreisen einen Dämpfer versetzen. Andere Schwellenländer würden unter einer Schwäche Chinas besonders leiden. Die meisten Anlageprofis gehen zwar davon aus, dass dieses Negativszenario nicht eintreffen wird. Es gibt allerdings auch warnende Stimmen. So weist Hans Bevers, Chefökonom des belgischen Fondsanbieters Degroof Petercam, auf die hohe Verschuldung der öffentlichen Hand in China hin. „Man muss sich fragen, ob bereits eine Kreditblase entstanden ist“, sagt er. Klar ist: Schwellenländerinvestoren sollten im kommenden Jahr bei allem berechtigten Optimismus ein wachsames Auge auf China haben.