Für die Republikaner in den USA lief es in den vergangenen Tagen nicht gerade nach Plan: Die Corona-Infektion des US-Präsidenten bestimmte die Nachrichten, doch wirklich bemerkenswert war eher das Scheitern eines neuen Konjunktur- und Stimulus-Pakets. Donald Trump verliert damit seinen letzten Trumpf vor den Wahlen. Anlegern jedoch gibt dies einen Vorgeschmack auf die Zeit nach November.
Denn in Deutschland hieß es früher einmal, dass „die Roten nicht mit Geld umgehen können“. Die Roten, das ist hier die SPD und in den USA sagte man dies den Demokraten lange nach. Speziell Donald Trump hat als Republikaner aber die Schulden in die Höhe getrieben und Nullzinsen für lange Zeit zementiert. Nullzinsen, die für Anleger auch hierzulande bedeuten, dass man sein Geld investieren muss. Jeder Euro auf der Sparkasse ist totes Kapital.
In Europa war vielen schon der erste Triumph Donald Trumps ein Rätsel. Und sie können jetzt nicht verstehen, dass der Präsident nach zahlreichen Skandalen und dem Missmanagement der Corona-Krise noch Chancen auf die Wiederwahl hat. Auch wenn verschiedene Faktoren wie die Polarisierung innerhalb der Bevölkerung stark zunehmen, bleibt es bei dem alten Satz „it's the economy stupid“, den ein Wahlkampfberater von Bill Clinton in den 90er-Jahren prägte. Auf diesem Gebiet hat Trump bis zur Corona-Krise abgeliefert. Übrigens ebenso wie partiell auf dem Gebiet der Außenpolitik, denn anders als seinem Vorvorgänger George W. Bush kann man Trump vieles nachsagen, Kriegstreiberei jedoch nicht unbedingt.
Aus Börsensicht stiegen die Gewinne der großen Konzerne deutlich, was maßgeblich an Trumps massiven Steuersenkungen lag, die er nach der Wahl 2016 auf den Weg brachte. Aber auch die breite Bevölkerung profitierte. Der Arbeitsmarkt boomte bis zur Corona-Krise, das verfügbare Haushaltseinkommen stieg landesweit deutlich an und viele Amerikaner profitieren vom Aktienmarkt, der nach Corona wieder auf Rekordniveau notiert und in den vergangenen Jahren nach Berechnungen des Brokers Etoro im Gegensatz zum europäischen Markt weit höhere Gewinne abwarf.
Nun droht Trump auf den letzten Metern in diesem Metier an Boden zu verlieren. Die US-Konjunktur braucht laut Fed-Chef Jerome Powell dringend neue staatliche Unterstützung. Viele Amerikaner sind auf neue Stimulus-Checks angewiesen, die Trump als Reaktion auf Corona verteilt hatte. Doch mit den Demokraten scheint eine Einigung vor der Wahl ausgeschlossen. Danach aber wird der Stimulus kommen, die Schulden steigen und die Zinsen werden bei null bleiben.
Die Finanzmärkte drehen auf Joe Biden
An den Finanzmärkten war der Schock über den vorerst geplatzten Deal nur von kurzer Dauer. Trumps Chancen auf eine Wiederwahl sind in den vergangenen Tagen deutlich gesunken. Laut Berechnungen des US-Portals Five Thirty Eight gewinnt Trump derzeit nur in 17 von 100 simulierten Fällen die Abstimmung.
Die US-Börsen fürchten primär das Chaos eines knappen Wahlausgangs, weshalb die Pro-Biden-Prognosen derzeit wohlwollend aufgenommen werden. Am Markt wird das Szenario einer „blauen Welle“ gespielt. Biden könnte neben dem Präsidentenamt auch den Senat erobern und das Repräsentantenhaus verteidigen. Auch wenn die Demokraten die Steuerreform zum Teil rückgängig machen würden, wäre dieses Szenario für die Börsen ausgezeichnet. Denn die Demokraten könnten durchregieren und wären in ihrer Ausgabenpolitik nicht minder spendabel als die Trump-Administration.
Damit wäre es dann wieder fast egal, wer unter der Fed regiert. Für Anleger aber bedeutet es: Den Vermögensaufbau muss man selbst in die Hand nehmen und ewige Nullzinsen als Fakt akzeptieren.
Daniel Saurenz betreibt mit seinem Team das Börsenportal Feingold Research. Es bietet täglich einen Börsenbrief an, den Sie für 14 Tage kostenfrei testen können. Melden Sie sich unter Info@feingold-research.com an oder probieren Sie den Börsendienst unter diesem Link aus. Trainingstage und Coachings finden Sie NEU unter feingold-academy.com