Der Versicherer Axa sorgte in der vergangenen Woche für Schlagzeilen. Er will künftig nicht mehr in die Tabakindustrie investieren. Der Grund: Tabakkonsum führe jedes Jahr weltweit zu rund sechs Millionen Todesfällen und damit zu einer enormen finanziellen Belastung für die Gesellschaft. Für die Axa, die auch als Krankenversicherer tätig ist, seien Tabak-Investments deshalb nicht sinnvoll. Die Entscheidung der Axa betrifft Anleihen mit einem Volumen von rund 1,6 Mrd. Euro und Aktien im Wert von rund 200 Mio. Euro. Der Versicherer will die Aktien sofort abstoßen, die Anleihen ersatzlos auslaufen lassen.
Mit dem Schritt, eine komplette Branche aus dem Portfolio zu werfen, liegt die Axa im Trend. Immer mehr Großinvestoren trennen sich von Anlagen in Branchen, die als schädlich für Umwelt oder Gesellschaft gelten. Besonders verpönt sind mittlerweile Investments in fossile Rohstoffe. Mehrere Großinvestoren verkündeten in den vergangenen Jahren, sich von ihren Anlagen in die Kohleindustrie zu trennen, darunter der norwegische Staatsfonds, die Allianz und die Axa. Im Fachjargon bezeichnet man den Abzug von Kapital als Divestment. Die zehn größten Investoren, die Divestment betreiben, haben weltweit laut der Nichtregierungsorganisation 350 bereits mehr als 3 Billionen US-Dollar aus fossilen Rohstoffen abgezogen.
Neben Kohle-Konzernen und anderen Klimasündern stehen bei vielen Versicherern, Pensionskassen und Stiftungen unter anderem Hersteller von Streubomben oder Palmöl-Produzenten auf der schwarzen Liste. Marktbeobachter berichten: Die sogenannten ESG-Kriterien – das Akronym steht für „environmental, social und governance“ – werden für institutionelle Investoren immer wichtiger. Es geht also nicht mehr nur um Profit, sondern auch um die Frage, welche sozialen oder ökologischen Folgen ein Investment haben kann.
Schwierige Balance zwischen Nachhaltigkeit und hohen Renditen
Auch Privatanleger verzichten immer häufiger auf Investments in Branchen, die als schädlich für Umwelt und Gesellschaft gelten. Viele Nachhaltigkeitsfonds verfolgen den sogenannten „Best of Classes“-Ansatz: Ihre Manager schließen Aktien etwa aus der Rüstungs- oder der Tabakindustrie von vornherein aus. Im vergangenen Jahr verwalteten Nachhaltigkeitsfonds in Deutschland, Österreich und der Schweiz insgesamt rund 64 Mrd. Euro, zeigen Zahlen des Forums Nachhaltige Geldanlage. Das ist zwar im Vergleich zum Rest des Marktes nicht viel. Der Trend geht aber klar nach oben: Im Jahr 2014 hatte das Volumen von Nachhaltigkeitsfonds in der DACH-Region gerade einmal bei 50 Mrd. Euro gelegen.
Allzu strikte Ausschlusskriterien können allerdings zum Problem werden. Zwar deuten Studien darauf hin, dass die Berücksichtigung von ESG-Kriterien das Rendite-Risiko-Profil einer Anlage verbessert. So war etwa der Verzicht auf Wertpapiere aus dem krisengeschüttelten Fossile-Energien-Sektor in den vergangenen Jahren von Vorteil. Einige Branchen, die als nicht nachhaltig gelten, bieten aber gute Renditechancen. Wer sein Anlageuniversum zu stark beschneidet, riskiert ein schlechteres statt besseres Rendite-Risiko-Profil.
Die Balance zwischen Nachhaltigkeit und hohen Renditen ist nicht leicht. Das musste etwa Calpers feststellen. Der US-Pensionsfonds ist im Jahr 2014 aus Tabak-Investments ausgestiegen und denkt nun darüber nach, diese Entscheidung rückgängig zu machen. Grund: Die Tabakindustrie fährt hohe Gewinne ein. Der Ausstieg aus dieser Branche hat Calpers Berechnungen zufolge seit 2014 rund 3 Mrd. US-Dollar Gewinn gekostet. Auch bei der Axa rechnet man damit, dass die Entscheidung gegen Tabak-Investments die Rendite drücken wird. „Wir wissen, dass uns das Geld kosten wird“, sagte ein Sprecher gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“. Die Axa hat beschlossen, die Einbußen hinzunehmen. Privatanleger müssen diese Entscheidung selbst treffen.