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Aktien Die Bankenkrise ist noch nicht vorbei

Händlerin an der Frankfurter Börse
Händlerin an der Frankfurter Börse
© dpa
Die erste Zinsentscheidung des neuen US-Notenbankchefs Powell ist kaum im Markt angekommen, da löst sie schwere Turbulenzen aus. Nicht nur die Deutsche Bank hat zu kämpfen

Das Leiden der Aktionäre der Deutschen Bank kennt kein Ende. Das Papier ist auf das Niveau von November 2016 eingebrochen, damit rückt das Rekordtief vom September 2016 zügig näher. „Für den jüngsten Kursrutsch haben die Aussagen von Finanzchef James von Moltke auf einer Investorenkonferenz in London gesorgt“, sagt Jochen Stanzl, Chefstratege bei CMC Markets. Demnach muss Deutschlands Branchenprimus im Auftaktquartal eine Belastung von 300 Mio. Euro wegen Wechselkursen und von 150 Mio. Euro wegen steigenden Finanzierungskosten verkraften.

Die nächste Bankenkrise?

Die Deutsche Bank bekommt ebenso wie viele Konkurrenten den kräftigen Anstieg des Libor (London Interbank Offered Rate) zu spüren, der die Zinsen am Interbankenmarkt in London abbildet. Es handelt sich also um eine Art Referenzzinssatz für Kredite zwischen Banken und anderen institutionellen Anlegern. Der Libor wird für fünf Währungen berechnet: Dollar, Euro, Yen, Pfund und Schweizer Franken, wobei der Großteil der Kredite auf Dollar-Basis ist.

Wegen des Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank sind nicht nur die Zinsen für kurzfristige US-Anleihen, sondern auch für Libor-Kredite auf Dollar-Basis kräftig geklettert. So ist der Zinssatz für den Drei-Monats-Libor auf Dollar-Basis gegenüber dem Stand von vor einem Jahr um mehr als 100 Basispunkte (1,1 Prozentpunkte) nach oben geschossen. Die Refinanzierungskosten für die Kreditinstitute haben sich in den vergangenen zwölf Monaten also beinahe verdoppelt

Das bekommen nicht nur die US-amerikanischen, sondern auch andere Institute wie etwa die Deutsche Bank zu spüren, weil viele von ihnen erhebliche Dollar-Libor-Kredite in den Büchern haben. Daher sind zuletzt bei Investoren Sorgen über eine mögliche Rückkehr der Bankenkrise in Europa hochgekocht.

Der ganze Sektor leidet aber auch unter anderen Problemen, wie Norbert Betz, Leiter Handelsüberwachung der Börse München/Gettex, feststellt: „Bankaktien waren eigentlich über einen langen Zeitraum eine ziemlich ‚sichere Bank‘ für Anleger. Aber spätestens die Finanzkrise hat gezeigt, dass das Geschäftsmodell nicht einfach ist. Die internationale Verstrickung und die große Abhängigkeit von politischen Entscheidungen machen ein Investment in Banken schwer kalkulierbar. Hinzu kommt noch der Angriff der Fintechs auf wesentliche Geschäftsprozesse der Finanzinstitute und der hohe Aufwand, der die Regulierung kostet. Die nächsten Jahre bleiben für Banken extrem spannend, aber es ist fraglich, ob der Anleger diese Art von Spannung im Depot haben möchte. Vielleicht lohnt auch ein Auge auf kleinere, stark spezialisierte und so relativ unabhängig agierende Bankinstitute - aber da kommt es auf die Einzelfallprüfung an, die nicht immer einfach sein dürfte.“

An den Libor sind Billionen-Kredite gekoppelt

Die Rückkehr der Krise hätte massive Auswirkungen für die Realwirtschaft, denn wenn es den Instituten nicht gut geht, dürften sie sich bei der Kreditvergabe zurückhalten, was viele hochverschuldete Verbraucher und Unternehmen erheblich belasten dürfte. Dann könnte die Konjunkturerholung in der Euro-Zone, die in den vergangenen Jahren vor allem von den niedrigen Zinsen angetrieben worden ist, schnell auslaufen.

Zum Hintergrund: Weltweit sind Kredite im Volumen von rund 350 Billionen Dollar an den Libor, also an sämtliche fünf Währungen, gekoppelt. Das lässt inzwischen auch den US-Hypothekenmarkt nicht mehr kalt. Der Zinssatz für US-Hypotheken mit variabler Verzinsung ist seit dem Tief von Ende Mai 2017 um 60 Basispunkte auf knapp 3,70 Prozent gestiegen.

Viele Normalverdiener in den USA, die in den vergangenen Jahren diese Kredite in Anspruch genommen haben, in der Erwartung, dass die Zinsen unten bleiben würden, sehen sich plötzlich steigenden Belastungen gegenüber. Die zuletzt schwachen Daten vom US-Immobilienmarkt bestätigen zunehmende Probleme.

Da viele Banken wie die Deutsche Bank oder die Commerzbank bereits deutlich an Boden verloren haben, sind antizyklische Investments nun gefragt. Mutige Anleger greifen zu leicht gehebelten Turbo-Bull-Papieren MF4PXF (Deutsche Bank) sowie ST0L1H (Commerzbank). Beide Papiere haben einen Hebel von 5. Vorsichtiger können Anleger mit Aktienanleihen in die abgestraften Banken investieren: CY29QX (Deutsche Bank) und CY6L9C (Commerzbank).

Daniel Saurenz betreibt das Investment- und Anlageportal Feingold Research. Der Journalist hat unter anderem für Börse Online und die Financial Times Deutschland geschrieben

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