An einem Sommerabend 2016 tritt eine Königin auf die Bühne des Londoner Wembley-Stadions, um zu ihren Untertanen zu sprechen. Flammen schießen vor der Bühne empor, Alicia Keys’ Song „Girl on Fire“ wummert aus den Boxen. Eine korpulente Frau mit schwarzem Haar stolziert auf die Bühne, das Feuer erlischt, die Glitzersteine auf ihrem roten Kleid funkeln im Scheinwerferlicht. „Thank you“, sagt sie mit leichtem osteuropäischem Akzent, dann startet Dr. Ruja Ignatova, 36, Gründerin der Kryptowährung Onecoin , ihre Präsentation.
Der Auftritt, immer noch als Video im Netz zu finden, ist ein einziges Versprechen auf Glück und Wohlstand. „Über eine Million Händler weltweit werden Onecoin in zwei Jahren akzeptieren“, sagt Ignatova, die sich selbst die „Cryptoqueen“ nennt.
Es gibt Onecoin zu dem Zeitpunkt noch keine zwei Jahre, doch sie ist sicher: In nur zwei weiteren Jahren werde Onecoin die Kryptowährung mit den meisten Transaktionen weltweit sein – noch vor dem viel bekannteren Bitcoin. Sie strahlt. Sie schwärmt. Sie predigt. Sie spricht zu ihren Anhängern wie zu einer Schar Jünger, die es zu erretten gilt. Nur: Fast nichts von dem, was sie sagt, stimmt.
Mit Bitcoin zum Millionär?
Staatsanwaltschaften weltweit ermitteln heute gegen Ignatova, ihr Bruder und andere Komplizen sitzen längst im Gefängnis. Die Cryptoqueen selbst ist untergetaucht, und nicht nur ihr Verschwinden macht ihre Geschichte zum mutmaßlich spektakulärsten Betrug, auf den Anleger in der Euphorie um Bitcoin und andere Kryptowährungen hereingefallen sind. Allein bis Oktober 2016 haben die Jünger der Cryptoqueen mehr als 3,3 Mrd. Euro in ihre Idee gesteckt – die sich mittlerweile als weitgehend wertlos entpuppt hat.
Düsseldorf im Frühjahr 2015: Ein Bekannter erzählt Heinrich Koch, Rentner, Akademiker, Schnauzbartträger und damals 67 Jahre alt, von Onecoin. Das sei eine „Kryptowährung“, sagt der Bekannte, ein pensionierter Banker. Koch (der in Wirklichkeit anders heißt) weiß nicht, was Kryptowährungen sind. Er informiert sich. Der ganz große Hype um Bitcoin ist noch nicht einmal ausgebrochen, doch es ist bereits eine Zeit des Staunens über diese erste Kyptowährung: Binnen wenigen Jahren ist sie vom wertlosen Alternativgeld für Computerfreaks zu einem weltbekannten Spekulationsobjekt geworden, ihr Kurs seit der Einführung 2009 um mehr als das 6000-Fache gestiegen. Wer früh genug investiert hatte, konnte mit wenigen Bitcoin zum Millionär werden. An allen anderen nagt der Hätte-hätte-Schmerz.
Die zweitgrößte Marktkapitalisierung nach Bitcoin
Der Bekannte überreicht Koch eine Powerpoint-Präsentation, die Koch heute ausgedruckt vor sich liegen hat, als er in einer Hotellobby über seine Erfahrung mit Onecoin spricht. Auf den Folien heißt es etwa: „Onecoin ist noch im Frühstadium der Entwicklung, denn die Herstellung (…) begann erst am 20.01.2015 und ist daher hochinteressant für Investoren – wohingegen beim Bitcoin die Chance nicht mehr so groß ist.“
Die Präsentation beschreibt Onecoin als Kryptowährung, die schon damals mit 880 Mio. Euro die zweitgrößte Marktkapitalisierung nach Bitcoin haben soll. Es folgt eine Beispielrechnung, die zeigt, wie schnell sie Anlegergeld vermehrt. Die wenigsten Investoren dürften sie auf Anhieb begriffen haben.
Für 5000 Euro, so heißt es etwa in einer Tabelle der Präsentation, erhalten Anleger 60.000 One-Token. Die nächste Zeile der Tabelle zeigt sogenannte Splits, durch die sich die Anzahl der Token verdopple. Und so würden, so steht es wiederum zwei Zeilen weiter, aus 60.000 Token nach zwei Splits 240.000 Token. Aus den One-Token wiederum könnten durch einen Prozess, der sich Mining nennt, bei einem Schwierigkeitsgrad von 40 insgesamt 6000 Onecoin geschürft werden. Bei dem Onecoin-Kurs von 3,95 Euro Ende 2015 entspräche das 23.700 Euro.
So weit verständlich?
Das Einzige, was jeder auf Anhieb begreifen kann, ist die letzte Zahl: das Versprechen auf schnelles Geld. Selbst wenn der Kurs von Onecoin nicht weiter steigen sollte, würde sich das eingesetzte Geld allein dank der Technik vervielfachen.
Koch beschäftigt sich so lange damit, bis er das Konzept tatsächlich verstanden hat – und es gefällt ihm. „Als Rentner hat man einen kurzen Investitionshorizont“, sagt er heute. Koch legt 500 Euro an, dann noch einmal 1000 Euro. Dann überzeugt er Freunde und Bekannte, weitere 7000 Euro in Onecoin zu stecken.
Tatsächlich verbirgt sich hinter dem kryptischen Slang ein nicht völlig unübliches Verfahren, das bei der Neueinführung von Kryptowährungen genutzt wird. Grundsätzlich – und grob vereinfacht – funktionieren Kryptowährungen wie Bitcoin so: Anders als normale Währungen wie der Euro werden sie von keiner Zentralbank ausgegeben. Jeder kann sich an der Kryptowährung beteiligen, jeder kann sie nutzen, und jeder kann die Computerkapazität für das sogenannte Mining zur Verfügung stellen, durch das die Transaktionen im Bitcoin-Netzwerk dokumentiert und neue Bitcoin errechnet werden.
Je größer aber ein solches Netzwerk wird, desto schwieriger wird das Mining, und schnell übersteigt es die Leistungsfähigkeit eines einzelnen Rechners. Darum erhalten Anleger bei neuen Kryptowährungen häufig eine Art Gutschein – die Token. Sie lassen sich später gegen die neue Währung umtauschen, indem man sie Profis überträgt, die daraufhin die Währung minen.
Koch besitzt bald 60.000 Token, aus denen einmal Onecoin werden sollen. Dass es noch praktisch keine Möglichkeit gibt, diese dann wieder in Euro zu tauschen oder damit zu bezahlen – geschenkt. Das Netzwerk wächst ja so schnell, dass Onecoin bald schon weltweit akzeptiert werden wird. So jedenfalls lautet das Versprechen. Und wenn Koch sich auf der Onecoin-Plattform einloggt, kann er sehen, wie der Kurs immer weiter steigt.
Ein Pyramidensystem
Tatsächlich wächst die Zahl der Onecoin-Investoren schnell, und das liegt auch am Marketing. Wirbt ein Anleger einen weiteren, erhält er eine Provision. Und nicht nur er, sondern auch derjenige, der ihn zuvor angeworben hat. Onecoin ist ein Pyramidensystem: Die ersten Vertriebler an der Spitze profitieren am meisten. Je mehr Geld ein Investor in Onecoin steckt, desto höher auch die Provision, die er erhält. Je früher man bei Onecoin einsteigt, desto mehr Geld.
Koch sagt, er habe gewusst, dass es sich um ein Pyramidensystem gehandelt habe. „Aber das ist ja erst mal nichts Schlechtes.“ Solange ein so vertriebenes Produkt tatsächlich einen Wert hat, ist diese Form des Marketings auch nicht illegal. Erst wenn Provisionen nur aus den Investitionen neuer Kunden finanziert werden können, wird das Netzwerkmarketing zum illegalen Schneeballsystem.
Und dann ist da noch Dr. Ruja, wie viele Onecoin-Anhänger Ignatova respektvoll nennen. Sie sorgt für Vertrauen. Koch schaut auf Youtube Videos von ihr, liest ihre Vita. „Das sah alles professionell aus“, sagt er.
Ruja Ignatova, so kann man erfahren, wird 1980 in Bulgarien geboren. Die Familie zieht nach Deutschland. Ignatova besucht ein Gymnasium im Schwarzwald, studiert Jura in Konstanz. Sie erlangt an der Fernuni Hagen einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften, an der englischen Eliteuni Oxford einen Master in Jura und an der Uni Konstanz eine Promotion in Jura. Sie wird Beraterin bei McKinsey und rettet als Geschäftsführerin sogar ein deutsches Gusswerk vor der Pleite. 2012 beginnt sie, für eine bulgarische Investmentfirma zu arbeiten. Makelloser kann ein Lebenslauf kaum sein.
Magische Vertriebsmaschine
Koch ist nicht der Einzige, der sich von Dr. Ruja beeindrucken lässt. Jen McAdam etwa, 49, aus Glasgow setzt sich heute für Onecoin-Geprellte auf der ganzen Welt ein – damals aber ist sie besonders von Dr. Rujas Auftritten begeistert. Sie sieht ein Video, wie Dr. Ruja 2015 auf einer Konferenz des britischen Magazins „The Economist“ spricht. McAdam erfährt, dass sogar die bulgarische Ausgabe des „Forbes“-Magazins sie schon auf der Titelseite platziert hat. „Ich war begeistert von Dr. Ruja. Ich dachte, sie sei eine clevere Unternehmerin“, sagt McAdam heute. Sie investiert das Erbe ihres kürzlich verstorbenen Vaters. Bis August 2016 überzeugt sie Freunde und Familie, insgesamt 250.000 Euro in Onecoin zu stecken.
Was weder Koch noch McAdam ahnen: Die ganze wunderbare Geschichte ist ein Riesenschmuh. Unterlagen der Staatsanwaltschaft New York etwa erzählen heute eine ganz andere Story über Onecoin. Im Juni 2014, zwei Jahre vor dem Auftritt in Wembley, mailt Ruja Ignatova ihrem Mitgründer. Laut US-Behörden nennt er sich „Master Distributor 001“, vieles deutete darauf hin, dass ein bekanntes Gesicht aus dem internationalen Netzwerkmarketing dahintersteckt. Sie wollen Onecoin gründen. Ignatova schreibt: „Du als magische Vertriebsmaschine – und ich als jemand, der wirklich mit Zahlen und Recht arbeiten und dich auf gute und professionelle Weise unterstützen kann – wir können es groß machen – Netzwerkmarketing trifft die Bitch of Wall Street.“
Über die nächsten Monate planen sie den Aufbau von Onecoin. Es soll alles aussehen, als hätten sie eine echte Kryptowährung gegründet, mit einer Handelsplattform, Kursen und allem. Aber, schreibt Ignatova: „Wir minen nicht wirklich. Wir erzählen den Leuten Scheiße.“
Der Kurs steigt - natürlich
Da, wo bei tatsächlichen Kryptowährungen Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen, wollen sie ihn einfach immer wieder selbst festlegen können – genauso das angebliche Handelsvolumen. So könnten sie tun, als würde der Kurs wirklich steigen und fallen, schreibt Ignatova.
Als die Plattform in Betrieb ist, lassen sie den Kurs natürlich in erster Linie: steigen. Von 0,50 Euro pro Onecoin im Januar 2015 auf 1 Euro im Mai. Im August hat er 2 Euro erreicht. Vervierfacht binnen sieben Monaten – Onecoin soll schneller im Wert klettern als Bitcoin.
Ignatova erklärt ihren Investoren den Wert von Onecoin so: Die Währung steige im Wert, weil immer mehr Menschen sie nutzten. Und die wachsende Nachfrage träfe eben auf ein begrenztes Angebot. Die maximale Anzahl der Onecoins sei auf 2,1 Milliarden Stück begrenzt – sicherstellen würde das eine fälschungssichere Blockchain-Technik, die auch dafür sorge, dass immer nur wenige Onecoin geschürft werden könne. Nur: Diese Blockchain hat es wohl gar nicht gegeben.
Wie willkürlich stattdessen irgendwelche Marktpreise festgelegt werden, zeigt ein späterer Nachrichtenaustausch zwischen einem Onecoin-Mitarbeiter und Ignatovas Bruder Konstantin, der später ebenfalls im Onecoin-Management sitzt. US-Ermittler haben sie auf Konstantin Ignatovs Handy gefunden.
Mitarbeiter: „Die neue Mining-Schwierigkeit ist 300, der ONE-Preis 29,95 Euro.“
Ignatov: „Wann?“
„Ich schlage vor, am Montag.“
„Großartig.“
Nach Onecoin-Finanzdaten, die Capital vorliegen, sind im Mai 2015 schon über 100 Mio. Euro an Onecoin geflossen, die Cryptoqueen feiert rauschende Partys. Zu ihrer Geburtstagsfeier im Mai 2016, als Onecoin mit über zehn Millionen Anlegern schon 2 Mrd. Umsatz gemacht hat, kommen 250 Gäste ins Victoria and Albert Museum in London. In einem Video sieht man Ignatova einen goldenen Geburtstagskuchen anschneiden – standesgemäß in Form einer Krone. Neben der Cryptoqueen selbst sind die größten Onecoin-Verkäufer geladen, die das Versprechen auf schnelles Geld weltweit verhökern. Drei Brüder aus Südtirol etwa, die anscheinend alles vermarkten, was sie zu Geld machen können, oder ein Finne, der stets mit Onecoin-Kette und einem funkelnden Gehstock mit Totenkopfgriff auftritt.
Unbezahlte Rechnungen
Praktisch unbemerkt jedoch wird währenddessen vor dem Amtsgericht Augsburg ein Betrugsprozess verhandelt, der unter den Onecoin-Investoren sämtliche Alarmglocken hätte schrillen lassen müssen. Im Lebenslauf auf ihrer Website nämlich behauptet Ignatova, ein Gusswerk gerettet zu haben, in Waltenhofen im Oberallgäu. Bloß scheint das Gegenteil richtig zu sein: Sie investierte nicht in das Unternehmen. Sie nahm es aus.
Carlos Gil, Geschäftsführer der IG Metall Allgäu, begegnete Ignatova 2010. „Wir hatten eine Insolvenz in Waltenhofen. Wir sind die IG Metall, also wollten wir die Arbeitsplätze halten“, sagt er. Mit dem Insolvenzverwalter suchte er neue Investoren. Zwei Interessenten waren Ignatova und ihr Vater Plamen Ignatov. Der Vater stellte sich als erfahrener Arbeiter vor, Ignatova als Finanzexpertin. Es passte perfekt. „Wir hatten den Eindruck: Die sind seriös“, sagt Gil.
Erst sei alles in Ordnung gewesen – doch nach anderthalb Jahren hätten erste Mitarbeiter Verdacht geschöpft. Teile seien nicht mehr ausgeliefert worden, Kunden unruhig geworden. Ruja Ignatova dagegen bestellte weiter bei anderen Unternehmen, ohne die Rechnung zu begleichen. Die Gusswerke nämlich waren seit November 2011 wieder pleite. Ignatova verkaufte Anfang 2012 noch schnell ihre Gesellschaftsanteile, der neue Geschäftsführer meldete vier Tage später Insolvenz an. Ignatova und ihr Vater verschwanden.
Peanuts für die Cryptoqueen
Doch zuvor hatten die Vorbesitzer laut Insolvenzverwalter Michael Jaffé damit begonnen, Produktionsanlagen abbauen zu lassen. Die Lieferung einer Alugussanlage nach Bulgarien konnte im letzten Moment gestoppt werden. Eine weitere Rettung des Werks scheiterte, mehr als 100 Mitarbeiter verloren den Job.
Polizei und Staatsanwaltschaft immerhin können Ignatova aufspüren, im April 2016 verurteilt das Amtsgericht Augsburg sie in dieser Sache unter anderem wegen Betrugs. Die Strafe: 14 Monate zur Bewährung und 18.000 Euro Bewährungsauflage. Peanuts für die Cryptoqueen.
Während in Augsburg der Prozess läuft, Promoter für Onecoin weltweit Millionen einnehmen und der Wert der Währung angeblich immer weiter steigt, beginnen jedoch erste offizielle Stellen, sich mit Onecoin zu beschäftigen. Mitte 2015 nehmen die finnischen Behörden nach Hinweisen aus der Bevölkerung Untersuchungen auf, Anfang 2016 die schwedische Glücksspielaufsicht, dann die chinesische Polizei.
Wertlose Währung?
Im April 2017 friert die deutsche Finanzaufsicht Bafin Konten eines Grevener Unternehmens ein, eines von vielen, die weltweit das Geld für Onecoin eintreiben. Allein zwischen Dezember 2015 und Dezember 2016 sind der GmbH 360 Mio. Euro zugeflossen. Auch Heinrich Koch hat auf ihre Konten Geld überwiesen, als er in Onecoin investierte – nur besaß die GmbH für ihre sogenannte Finanztransfergeschäfte gar keine Genehmigung. Als die Bafin die Konten einfriert, kann sie noch 29 Mio. Euro sicherstellen.
Im August 2017 ermitteln mehr als 20 Behörden weltweit. Doch Onecoin macht weiter. Auch wenn die Anleger selbst längst misstrauisch sind. Immer wieder etwa verschiebt sich das Datum, ab dem die Währung öffentlich gehandelt werden kann. Ab Februar 2017 lässt sich zwar im unternehmenseigenen Onlineshop Dealshaker mit Onecoin einkaufen – jedoch nur überteuerter Ramsch.
Koch möchte sich schon Mitte 2016 das Geld aus seinem Account auszahlen lassen. Doch es geht nicht. Er schreibt E-Mails an Onecoin, zurück kommen Ausreden. Man brauche Identifikationsdaten, sonst könne man kein Geld auszahlen. Koch lädt Bilder seines Ausweises hoch. Geld kriegt er nicht. Ende 2018 gibt er auf.
McAdam widerfährt Ähnliches. Onecoin hat versprochen, dass sie nach zwölf Wochen ihr Geld zurückbekäme. Doch sie wird immer wieder vertröstet. Auch einen zugesagten Bonus erhält sie nicht. Schließlich kontaktiert ein Unbekannter sie übers Internet: Onecoin sei ein Betrug, sagt der. Die Währung wertlos.
Dazu entpuppen sich selbst die prächtigen Details aus Ignatovas Leben als Lüge. Ihre prominente Rede beim „Economist“? Tatsächlich hatten die Veranstalter sie nicht wegen ihrer Vision eingeladen, Ignatova hatte sich den Auftritt als Sponsorin erkauft. Das „Forbes“-Cover? Nur eine bezahlte Anzeige, die aussah wie der Titel. All das Geld, das McAdam investiert hatte: weg. „Die haben 250.000 Euro von meiner Familie und Freunden gestohlen“, sagt sie.
Onecoin ist ein Betrug
Im April 2017 gründet McAdam eine Selbsthilfegruppe für Onecoin-Opfer. Ihre Botschaft: Onecoin ist ein Betrug. Bis heute bekommt sie dafür Anzeigen, Morddrohungen und Nachrichten von Onecoin-Investoren, die sie als „Hater“ beschimpfen – dabei ist eigentlich schon bei Gründung der Gruppe klar, dass Onecoins wertlos sind. Kein unabhängiger Händler akzeptiert sie als Zahlungsmittel.
Immer mehr der Onecoin-Star-Promoter springen schließlich ab, sie wissen, dass das Schneeballsystem bald zusammenbricht. Ignatova selbst taucht unter. Am 25. Oktober 2017 besteigt sie einen Ryanair-Flug von Sofia nach Athen. Danach verliert sich ihre Spur. Anderen gegenüber behauptet ihr Bruder, Ignatova sei jetzt Vollzeitmutter.
Mehrere Personen übernehmen nun die Führung von Onecoin, zuletzt Ignatovas Bruder Konstantin. Doch die Lüge lässt sich immer schwerer aufrechterhalten. Im Januar 2018 durchsuchen Ermittler Onecoins Hauptquartier in Sofia. Im selben Jahr wird Onecoin-Mitgründer Sebastian Greenwood in Thailand festgenommen. Konstantin Ignatov verhaften die US-Behörden im März 2019 am Flughafen von L. A. Die Vorwürfe unter anderem: Betrug sowie Verabredung zu Geldwäsche und Bankbetrug. Das Strafmaß: bis zu 90 Jahre Haft. Ignatov unterschreibt im Oktober ein Schuldeingeständnis, auf ein Urteil wartet er noch. Seine Schwester, die Cryptoqueen, bleibt bis heute verschollen.
Die Onecoin-Website ist dafür seit Januar wieder online. Wenn Heinrich Koch sich heute dort einloggt, kann er sehen, dass sich auf seinem Konto 17.539 Onecoin befinden. Den Kurs sieht er darunter. Anfang 2020 ist ein Onecoin angeblich immer noch 29,95 Euro wert.