Die besten Investmentideen kommen Jing Ning nicht beim Blick in Bilanzen, sondern bei einem Bummel im Einkaufszentrum oder durch einen der wenigen Parks von Hongkong. Dann sieht die 45-jährige Fondsmanagerin, was die Chinesen gerade am liebsten machen: Yoga, Golf und laufen bis zum Umfallen. Und die Produkte, die sie kaufen. „Hier schickt sich gerade eine Reihe chinesischer Hersteller an, den großen westlichen Rivalen das Geschäft streitig zu machen“, sagt Ning, „bei Sportartikeln zum Beispiel Li-Ning, Anta und Fila.“ Oder Momonittu, Kingkow, JNBY und Dr. Kong, wenn die Chinesen ihre Kinder anziehen.
Was ziemlich simpel klingt, half schon dem legendären Fondsmanager Peter Lynch. Er nutzte Alltagsbeobachtungen für seinen Magellan-Fonds und schaffte damit zwischen 1977 und 1990 knapp 30 Prozent Rendite pro Jahr. Jing Ning bringt es mit ihrem knapp 4 Mrd. Euro schweren Aktienfonds gar auf 93 Prozent Ertrag über fünf Jahre, 21 Prozentpunkte mehr als der Vergleichsindex. Und das in einem der schwierigsten Aktienmärkte der Welt: China.
Für Anleger außerhalb Chinas war lange Zeit Nebensache, was an den chinesischen Aktienmärkten passiert. Chinas Unternehmen nahmen sie bisher vor allem als aggressive Eroberer wahr, wie zuletzt den Autobauer Geely bei Daimler – oder als undurchsichtige, aber hoch verschuldete Konglomerate wie den Versicherungskonzern Anbang oder den Deutsche-Bank-Investor HNA. Auch das Image der Börsen in Schanghai und Shen-zhen als Zockerbuden trug dazu bei, dass deutsche Anleger lieber die Finger von chinesischen Aktien lassen.
Doch bei aller gebotenen Skepsis: Chinas Aktienmärkte haben sich bereits stark verändert, und sie werden in den kommenden Monaten noch massiv an Bedeutung gewinnen. Im Juni wird das Riesenreich offiziell als Schwellenland in den führenden Aktienindex MSCI aufgenommen. Für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt mag das etwas spät wirken, doch bisher verweigerte MSCI China diesen Status genau wegen seines intransparenten und abgeschotteten Kapitalmarkts.
Milliarden in Bewegung
Mit der Aufnahme wird das Gewicht chinesischer Festlandsaktien im MSCI Emerging Markets und den MSCI World All Countries Schritt für Schritt steigen. Anfangs sind die Quoten überschaubar, doch sie werden im Lauf der Jahre größer werden. Und das setzt Milliarden in Bewegung.
Denn 85 Prozent aller Aktienfonds weltweit objektivieren ihre Leistung, indem sie sich an den MSCI-Indizes messen lassen – dabei geht es um Fonds mit einem Gesamtvolumen von 12. 400 Mrd. Dollar. Weitere rund 230 Mrd. Dollar stecken in Indexfonds (ETFs), die den Schwellenländeraktienindizes stoisch direkt folgen.
All jene Investoren, die sich mit ihrer Geldanlage an einem globalen oder einem Schwellenländerindex orientieren, werden damit automatisch stärker in China investieren. Doch darüber hinaus verdienen etliche chinesische Branchen und Konzerne auch eine Einzelbetrachtung. Capital hat deshalb die erfolgreichsten Profianleger Hongkongs getroffen, um sich vor Ort den langen Marsch Chinas auf die Kapitalmärkte erklären zu lassen.

„Die Aufnahme Chinas in das MSCI-Universum wird die Wahrnehmung verändern“, sagt etwa Fondsmanagerin Ning. „Die typische Frage von Kunden aus Europa und den USA an uns lautet in der Regel nicht: Wo gibt es in China Chancen? Sondern: Wo lauern die Risiken, und droht der Wirtschaft eine harte Landung?“, berichtet sie aus ihren Gesprächen. „Dabei hat sich die Struktur des chinesischen Aktienmarkts gewandelt: weg von den staatseigenen Staubindustrien wie den Versorger-, Immobilien- und Infrastrukturkonzernen hin zu Technologie- und Konsumgüterkonzernen mit rasch wachsenden Umsätzen und Gewinnen“, sagt Ning.
Dieser Wandel ist auch in Hongkong allgegenwärtig. Natürlich war die Metropole schon immer eine Ausnahme, privilegiert durch den langjährigen Status als Kronkolonie und durch große wirtschaftliche und gesellschaftliche Freiheiten. Gerade deshalb aber fällt der Vormarsch Chinas hier besonders auf. In den großen Einkaufszentren verdrängen immer mehr chinesische Anbieter die alten westlichen Renommiermarken, auch die Jogger in den Parks drehen immer seltener in Adidas oder Nike ihre Runden, sondern tragen heimische Marken – zu durchaus westlichen Preisen.
Ning versucht aber nicht nur, ihre Alltagsbeobachtungen in ihren Aktienfonds einzubringen. Zu ihrer Strategie gehört auch, unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Etwa indem sie auf Titel setzt, die derzeit ungeliebt sind, aber einen hohen Substanzwert aufweisen. In dieses Raster passen Finanzwerte wie die China Construction Bank, die ICBC und China Life Insurance sowie der Energiekonzern CNOOC. „Die staatseigenen Betriebe haben einen schlechten Ruf, aber erfolgreiche Restrukturierungen hinter sich“, sagt Ning, „sie senken Kosten und haben begonnen, Sonderdividenden zu zahlen.“
Ihr Faible für antizyklische Anlagen hat auch biografische Gründe. Die Fondsmanagerin startete ihre Karriere 1999 in der New-Economy-Euphorie. „So habe ich auch meine privaten Ersparnisse rasch verspekuliert, eine Erfahrung, die ich nicht wiederholen möchte“, erzählt sie.
International und Weiblich
Ning ist in mehrfacher Hinsicht typisch für den chinesischen Aktienmarkt: Sie ist exzellent und international ausgebildet, hat viele namhafte Stationen in ihrem Lebenslauf wie den Versicherer AIG, die Fondsgesellschaft Blackrock und seit 2008 Fidelity – und: Sie ist eine Frau.
Frauen spielen auf Chinas Aktienmarkt eine größere Rolle als in anderen Ländern. Sie arbeiten meist in Hongkong, verwalten Milliarden und schlagen ihre männlichen Kollegen um Längen. In Hongkong beträgt die Quote von Frauen in leitenden Positionen im Fondsmanagement 26 Prozent, in Deutschland lediglich neun Prozent.
Gerade über dieses Thema zu sprechen ist den meisten Managerinnen aber oft unangenehm. Lieber reden sie über Märkte und schlicht über ihre Leistungen.

So auch Lilian Co, bei der der unprätentiöse Auftritt und der bescheidene Sitz ihrer Fondsboutique in einem für die Finanzbranche seltenen Kontrast zu ihrer Leistung stehen. Um 240 Prozentpunkte hängte sie ihren Vergleichsindex für chinesische Aktien zwischen 2001 und 2007 ab. Damit machte sie den China-Aktienfonds der Fondsgesellschaft Barings – nicht zu verwechseln mit der untergegangenen Bank – zu einem milliardenschweren Erfolgsprodukt.
Seit sie sich 2008 mit dem Strategic Panda Fund selbstständig gemacht hat, hat sie für ihre Anleger erneut 120 Prozentpunkte Vorsprung vor dem Index herausgearbeitet. Dennoch arbeitet die kaum 1,60 Meter große Hongkong-Chinesin in einem Zweckbau aus den 90er-Jahren an Hongkongs trubeliger Des Voeux Road, gefühlt alle 30 Sekunden rattert eine bimmelnde Doppelstock-Straßenbahn vor der Tür entlang. Im Erdgeschoss verkauft ein Laden chinesischen Ramsch. Wenig deutet darauf hin, dass hier im achten Stock eine der besten Geldverwalterinnen der Welt arbeitet.
Hightech und Qualität
Schon die erste Frage lässt sie kehlig auflachen: Ob denn die knapp 60 Prozent Kursgewinn für chinesische Aktien 2017 keine Übertreibung darstellten? „Nein, eine Übertreibung war die Unterbewertung, mit der chinesische Aktien ab 2015 gehandelt wurden, weil sich die Investoren in den USA und Europa laufend Sorgen vor einem Absturz von Wirtschaft und Börse machen“, sagt Co.
Das Erfolgsgeheimnis ihres Fonds: Sie setzte schon früh auf den Aufstieg der Konsumgüter- und Technologiekonzerne. Von der Aufnahme Chinas in den MSCI-Index verspricht auch sie sich eine neue Wahrnehmung durch ausländische Investoren. „Bei näherem Hinsehen werden die bislang noch skeptischen Investoren erkennen, dass sich der chinesische Aktienmarkt längst von den typischen Boom- und Bust-Zyklen emanzipiert hat und nun vom Wachstum der Unternehmensgewinne getrieben wird anstatt von makroökonomischen und zyklischen Einschätzungen“, sagt Co.
Investiert hat sie vor allem in den Internetkonzern Tencent, bekannt für den Messenger Wechat und dessen nach eigenen Angaben eine Milliarde Nutzer. Dies ist die größte Position ihres Fonds, gefolgt vom Internetkonzern Alibaba und Sunny Optical, einem Hersteller von Linsen für Smartphones, Kameras und Industrieroboter. Der wichtigste strukturelle Trend der kommenden Jahre ist für sie das Qualitätsbewusstsein der Chinesen. „Neben den Herstellern von Konsumgütern dürften auch die IT- und die Automobilindustrie von diesem strukturellen Trend profitieren“, sagt Co.
Bisher wollten von solchen Entwicklungen nur wenige Investoren etwas wissen. Dies zeigt die Untergewichtung chinesischer Aktien in den meisten Fonds. So steckt heute nicht einmal ein Prozent des deutschen Vermögens in Publikumsfonds direkt oder indirekt in chinesischen Titeln. Global hält ein Drittel aller Schwellenländerfonds bisher überhaupt keine Aktien aus China, hat die Fondsgesellschaft Alliance Bernstein ermittelt. Und das war wahrscheinlich auch ganz klug so. Denn gerade mal gut zwei Prozent Rendite pro Jahr brachten chinesische Aktien im letzten Vierteljahrhundert – nervenaufreibende Crashs und dramatische Spekulationsblasen inklusive.
Zudem fiel die Untergewichtung auch nicht weiter auf, da lediglich Aktien aus Hongkong in den gängigen Indizes vertreten sind. „Ab Sommer heißt keine chinesischen Festlandaktien aber, eine aktive Entscheidung zu treffen. Und der Markt ist zu groß, um ihn weiter zu ignorieren“, sagt Raymond Chan, Chefanlagestratege Asien für Allianz Global Investors.
Wer aktuell etwa 10.000 Euro in einen ETF auf den Schwellenländeraktienindex MSCI -Emerging Markets angelegt hat, hat aktuell noch keinen Cent in chinesische Festlandsaktien investiert, den sogenannten A-Aktien. Lediglich die in Hongkong notierten Titel sind darin vertreten.
Im Juni jedoch wird sein ETF-Anbieter die Fondszusammensetzung ändern. Er wird die Gewichtung sämtlicher aktuell enthaltener Wertpapiere etwas senken und für die Verkaufserlöse von 70 Euro – 0,7 Prozent der 10.000 Euro – chinesische Festlandsaktien kaufen. Der Vorgang wird sich in den kommenden Jahren mehrfach wiederholen. Aktive Fondsmanager wiederum sind zwar nicht verpflichtet, chinesische Festlandsaktien zu kaufen, und haben auch heute schon die Möglichkeit, Aktien an der Börse Hongkong zu kaufen, zumal viele Titel Doppelnotizen haben in Hongkong und dem Festland. Doch wer ab Juni keine A-Aktien kauft und hält, muss sich von Investoren womöglich unangenehme Fragen anhören, wenn der Fonds künftig keine Leistung bringt.
„Es ist zunächst ein symbolischer Akt, der Nettozuflüsse zwischen 15 und 20 Mrd. Dollar in Aktien Chinas zur Folge haben wird“, sagt Will Stephens, Aktienstratege Asien der Deutschen Bank. Das entspricht lediglich einem Drittel des typischen Börsenumsatzes eines Tages in China. Also kurzfristig einsteigen, um von der Aufnahme zu profitieren – das wird nicht funktionieren.
Langfristig sieht die Rechnung anders aus. Denn bei einer vollen Aufnahme aller chinesischen Aktien klettert der Anteil Chinas an allen Schwellenländertiteln inklusive der in Hongkong gehandelten Papiere auf rund 38 Prozent. China ist damit auf dem Weg, über die kommenden Jahre hinweg nicht nur ökonomisch, sondern auch in den Indizes zu einem Schwergewicht aufzusteigen.
Dafür wird nicht zuletzt auch der Expansionskurs chinesischer Konzerne im Ausland sorgen. Erst Ende Februar gab der Autobauer Geely bekannt, für gut 7,5 Mrd. Euro knapp zehn Prozent am Autokonzern Daimler erworben zu haben. Das Erstaunliche an der Transaktion: Daimlers Marktkapitalisierung ist knapp dreimal größer als die von Geely. Das hält die deutlich schwächer bewerteten Chinesen aber nicht davon ab, groß zu denken.
Das gilt auch für die nicht börsennotierte Holding HNA, die knapp zehn Prozent an der Deutschen Bank hält. Der chinesische Midea-Konzern wiederum übernahm bereits 2016 den Roboterhersteller Kuka.
Solche Übernahmen und Einstiege bei westlichen Konzernen sorgen zwar für Zündstoff, Geely etwa trifft sowohl bei Daimler als auch bei deutschen Politikern auf massive Vorbehalte. Doch die Attacken illustrieren auch den Hunger, den Anspruch und die Finanzkraft chinesischer Unternehmen.
Hierzulande bleibt der Eindruck haften, der chinesische Boom sei vor allem auf Schulden gebaut und könnte jederzeit kollabieren. Doch Ökonomen vor Ort zeichnen ein differenzierteres Bild: „Die Wahrnehmung ist, dass sich in China die Schulden türmen. Dabei hat das Land keinerlei Außenverbindlichkeiten, sondern rund 4000 Mrd. Euro Nettoauslandsvermögen, das angelegt werden muss“, sagt Michael Spencer, Chefvolkswirt der Deutschen Bank in Hongkong.
Das heißt nicht, dass es keine Risiken gäbe. Es gibt sie, auch für Anleger: Allein die beiden Technologiekonzerne Alibaba und Tencent stellen aktuell rund 32 Prozent des gesamten chinesischen Aktienmarkts. Wer also in chinesische Aktien über einen ETF investiert, legt ein Drittel seiner Gelder in zwei Techwerte an. In aktiv verwalteten Fonds ist ihre Gewichtung immerhin auf maximal je zehn Prozent gedeckelt.
Doch die beiden Konzerne stützen ihren hohen Börsenwert auch auf stark steigende Umsätze und Gewinne: Knapp ein Fünftel der chinesischen Einzelhandelsumsätze entstanden 2016 online – ein weltweiter Spitzenwert. Die Hälfte davon erfolgt zudem über Mobiltelefone, ebenfalls ein Zeichen für den gesellschaftlichen und technologischen Wandel. Die Dynamik, mit der die Mittelschicht ihre Einkäufe vom stationären zum Onlinehandel umschichtet, ist rund dreimal höher als in Europa und in den USA.
Eine riesige Mittelschicht

Dass Chinas Mittelschicht immer reicher wird und sich daraus nicht nur Absatz-, sondern auch Anlagemöglichkeiten ergeben, ist zwar nicht neu. „Aber nur den wenigsten Investoren ist die Tragweite klar, was die Umstellung der Wirtschaft hin zu privatem Konsum und qualitativ besserem Wachstum für die Aktienmärkte bedeutet“, sagt auch Joanna Kwok, Fondsmanagerin bei JP Morgan Asset Management.
Sie ist die Vertreterin eines flexiblen Anlagestils und beschränkt sich dabei nicht nur auf China. Vielmehr sucht die Managerin des JP Morgan Asia Growth Fund aussichtsreiche Aktien in ganz Asien. Und hat dennoch fast jeden zweiten Euro in China angelegt.
Trotz der zuletzt deutlichen Kursgewinne seien chinesische Aktien günstig. „Die Rechnung ist simpel: Schwellenländer werden mit dem 13-Fachen, chinesische Aktien mit dem 14-Fachen der erwarteten Gewinne bewertet, US-Titel mit dem 18-Fachen. Dem gegenüber steht, dass Wirtschaft wie Unternehmensgewinne in China und den Schwellenländern schneller wachsen und große Aufholeffekte haben“, sagt Kwok.
Wichtigstes Investitionsmotiv ist auch für Kwok noch auf Jahre hinaus „die aufstrebende Mittelklasse Chinas“, die Erlöse und Gewinne im Konsumgütersektor treiben dürfte. Konsumgüter hat sie doppelt so hoch gewichtet wie der Vergleichsindex. Über Einzeltitel will Kwok wie ihre Kolleginnen nicht sprechen – die Compliancerichtlinien in Hongkong sind nach diversen Handelsskandalen streng. Doch der letzte Jahresbericht ihres Fonds gibt Aufschluss darüber, welchen Konzernen sie jenseits bekannter Namen noch Kurspotenzial zubilligt: etwa dem Kasinobetreiber Galaxy Entertainment, dem Küchenhersteller Hangzhou Robam Appliances, dem Hotelkonzern China Lodging Group und dem Bildungsanbieter Tal Education.
Wie bedeutsam Chinas Mittelschicht für die künftigen Erlöse globaler Konzerne ist, zeigt eine einfache Zahl: „In China leben inzwischen mehr Millennials – also Menschen, die zwischen 1980 und 2000 geboren wurden – mit über Jahrzehnte steigendem Einkommen, als die USA und Westeuropa zusammen an Erwerbsbevölkerung haben“, sagt Will Ballard, Leiter für Emerging-Markets-Investitionen bei der Fondsgesellschaft Aviva.
Mit den Einkommen steigen nicht nur Konsumausgaben, sondern auch Budgets für Altersvorsorge und Versicherungen, die sich Chinesen bisher nicht leisten konnten. Nicht die ausländischen Investoren seien der entscheidende Faktor für die Geldanlage und Vermögensentwicklung in China, sagt Will Stephens, Asien-Aktienstratege der Deutschen Bank, die seien nur das Sahnehäubchen obendrauf. „Für mich sind die Chinesen selbst die treibende Kraft für steigende Aktienkurse, da ihnen immer mehr Geld zur Anlage zur Verfügung steht“, so Stephens.
Nach Hochrechnungen seines Instituts kann sich die Pro-Kopf-Wirtschaftskraft in China und damit auch das Haushaltseinkommen nochmals verdrei- oder vervierfachen, ehe man auf dem Niveau westlicher Industriestaaten angekommen ist. Ähnlich kalkuliert auch die Credit Suisse: Laut ihren Hochrechnungen wächst das chinesische Privatvermögen in den kommenden fünf Jahren um rund 2 000 Mrd. Euro – pro Jahr. Das ist theoretisch genügend Geld, um alle zwei Wochen einen Konzern von der Größe Siemens’ zu schlucken.
Dritter Megatrend: Bildung
Neben Technologie und immer höherwertigem Konsum kann man bei den drei Fondsmanagerinnen Kwok, Co und Ning noch einen dritten Megatrend für Chinas Wirtschaft ausmachen: Bildung und Ausbildung. Alle drei Frauen reden nur ungern über Privatleben und Familien, doch sie haben beides – und auch hier investieren sie viel Geld. In Betreuung, Privatschulen und Hochschulen. Auch dies ist längst kein Phänomen einer kleinen Elite mehr.
Viele Chinesen haben erkannt, dass staatliche Schulen und Universitäten kaum ordentlich auf das spätere Leben vorbereiten. Daher nehmen sie inzwischen auch für die Ausbildung ihrer Kinder viel Geld in die Hand.
Davon profitieren private Bildungsanbieter in China wie Tal Education, der sich auf außerschulische Nachhilfe und Förderung im Technologiebereich spezialisiert hat. Oder China Maple Leaf Education Systems, der internationale Schulen betreibt. Im Fonds von Jing Ning etwa finden sich Papiere der New Oriental Education & Technology Group.
Die Verdreifachung (Maple Leaf), Vervierfachung (New Oriental) oder sogar Verzehnfachung (Tal Education) der Kurse in den letzten fünf Jahren machen Bildungsaktien jedenfalls zu einer der populärsten Langfristspekulationen in China. Und das ganz ohne Mithilfe lokaler Spekulanten.
Die Bildungsaktien werden allesamt bislang nur in Hongkong gehandelt. Das dürfte auch so bleiben: Zwar ist China beim Zukauf in Schlüsselbranchen in Europa wenig zimperlich. Den Bildungssektor hat China indes selbst zum Schlüsselsektor erklärt: Ausländische Investitionen in chinesische Bildungseinrichtungen sind auf dem Festland bis auf Weiteres verboten.