US-Präsident Joe Biden hat eine Mission. Marihuana, das in vielen US-Bundesstaaten bereits legalisiert ist, soll nun auch im Bundesrecht der USA nicht mehr als harte Droge gelten. „Wir stellen Marihuana auf die gleiche Stufe wie Heroin“, beschwerte sich Biden am 6. Oktober auf Twitter. Dann fordert er den US-Gesundheitsminister und den Generalstaatsanwalt auf, diese Einstufung zu überprüfen. Die Aussicht auf bessere Marktbedingungen für Cannabis-Unternehmen führte zu einem Kurssprung vereinzelter Börsentitel. So machte der US-Hersteller für medizinisches Marihuana, Tilray, innerhalb eines Tages ein Plus von einem Drittel, während der kanadische Konkurrent Canopy Growth um 22 Prozent zulegte.
Viele Anleger wollen vom Sinneswandel der Politik profitieren, davon, dass sich die Marktbedingungen für das Rauschmittel bald vielerorts ändern könnten – und investieren kräftig in Cannabis-Unternehmen. Denn die potenzielle Kundschaft ist groß: Laut World Drug Report gab es im Jahr 2022 rund 209 Millionen Cannabis-Konsumenten. Das entspricht 2,5 Prozent der Weltbevölkerung. Zudem sind viele Länder bereits auf Legalisierungskurs. In Kanada und Teilen der USA ist das Rauschmittel seit einiger Zeit schon legal, in anderen Teilen stehen die Zeichen auf Lockerung. Auch hierzulande sieht der Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung eine Legalisierung der Droge vor.
Dennoch ist ein Investment in den Cannabis-Sektor höchst riskant. In der Vergangenheit kam es bereits mehrfach zu vergleichbaren temporären Kursfeuerwerken, wenn Regierungen Reformen ihrer Drogengesetze ankündigten. Kurz darauf löste sich dann aber alles in Rauch auf. Seit dem Biden-Tweet vom vergangenen Donnerstag kehrten die Marihuana-Aktien Tilray und Canopy Growth ebenso wieder auf ihr altes Niveau zurück. Es ist also Vorsicht geboten. Das unsichere Marktumfeld bleibt auch in Zukunft bestehen. In Deutschland rechnet man zwar mit einer Legalisierung im Jahr 2024. Eine Erlaubnis für nicht-medizinischen Marihuana-Konsum könnte aber gegen EU-Regeln verstoßen, warnen Juristen. In den USA gilt Cannabis nach Bundesdrogengesetz noch als Droge der Kategorie Eins, zusammen mit Heroin und LSD. Dort geht es also zunächst darum, die Droge vollständig zu entkriminalisieren.
Cannabis-ETF mit schlechter Performance
Trotzdem gibt es einige Titel, die interessierte Anleger im Blick behalten können. Einer davon ist die Aktie des US-Cannabis-Unternehmens Cresco. Der Analyst Pablo Zuanic vom US-Finanzdienstleister Cantor Fitzgerald setzt die Aktie auf „Buy“ mit einem Kursziel von 8,37 Dollar. Aktuell notiert sie bei 3,10 Dollar. Seiner Meinung nach könnte Cresco von der geplanten Übernahme des Cannabis- und Wellnessanbieters Columbia Care profitieren. Allerdings räumt Zuanic ein, dass das Marktumfeld Risiken bietet. Es könnte passieren, dass der nicht-medizinische Konsum von Cannabis nicht zum erwarteten Zeitpunkt erlaubt wird. Oder die Märkte entwickeln sich nach der Umstellung nicht so wie geplant, argumentiert er.
Wer zwar das Risiko eines Cannabis-Investments eingehen, aber nicht auf Einzeltitel setzen möchte, kann stattdessen in spezielle Themenfonds und -ETFs investieren. Einer davon ist der thesaurierende ETF Rize Medical Cannabis and Life Sciences (ISIN IE00BJXRZ273). Was angesichts der politischen Entwicklung für ihn spricht: Bei diesem ETF des britischen Finanzdienstleisters Rize geht es ausschließlich um die medizinische Wirkung von Cannabis, nicht um den Freizeitrausch. Laut Factsheet ist er in 20 Cannabis-Unternehmen investiert. Die größte Position ist das irische Biopharma-Unternehmen Jazz Pharmaceuticals mit 26 Prozent Anteil am Fonds.
Was gegen ihn spricht ist einerseits das sehr kleine Fondsvolumen von gerade einmal 22 Mio. Dollar sowie die schlechte Jahresperformance von Minus 41 Prozent. Momentan wäre ein Investment also höchst riskant. Wer allerdings von den langfristigen Aussichten der Gras-Aktien überzeugt ist, kann den ETF zumindest auf seine Watchlist setzen, um rechtzeitig am Zug zu sein.