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Daniel Saurenz Börsenstimmung bitte richtig verstehen

Handelssaal der Börse in Frankfurt
Handelssaal der Börse in Frankfurt
© IMAGO / STPP
Ein schlechter Ifo-Geschäftsklimaindex oder ein desaströser ZEW-Indikator lösen bei privaten Anlegern oft miese Laune aus. Dabei wäre das Gegenteil oft angebracht

Zur Mitte eines jeden Monats ist es so weit. Der ZEW-Index beglückt Börsianer mit seinem Ergebnis und oft ist zu lesen, dass er besonders gut oder besonders schlecht aussieht. Im Zuge des Umfelds aus Zinssorgen, Inflation, Ukraine-Krieg und China-Lockdown las er sich Mitte März 2022 ausgesprochen schlecht. Raus aus Aktien bedeutet dies demzufolge. Doch Moment. Wirklich?

Schauen wir zunächst auf die Fakten: „Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist im März unter dem dreifachen Einfluss der Ukraine-Krise, höherer Energiepreise und der immer noch rekordverdächtigen Zahl von Coronafällen stärker als erwartet eingebrochen. Die Stimmung ist auf dem niedrigsten Stand seit März 2020, und jede Hoffnung auf eine schnelle wirtschaftliche Erholung der größten europäischen Volkswirtschaft hat sich in Luft aufgelöst“, erklärt Ben Laidler, Global Market Strategist bei der Investmentplattform Etoro. Auch Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege beim Broker Robomarkets zeigt auf, dass der ZEW-Konjunkturindex auf minus 39 eingebrochen ist. Zu den Vormonaten ist dies ein Desaster.

Die Verschlechterung der Aussichten war in allen Sektoren zu beobachten, und die Umfrageteilnehmer erwarten nun in den kommenden Monaten eine „Stagflation“, eine giftige Kombination aus höherer Inflation und geringerem Wirtschaftswachstum. Diesen Argumenten ist wenig entgegenzusetzen mit einer Ausnahme: Der ZEW-Index ist ein pro-zyklischer Indikator und er speist sich aus den Wahrnehmungen von börsenaffinen Menschen. Und wie sollten jene Menschen wohl gelaunt sein, wenn der Dax in acht Wochen von 16.300 auf 12.500 Punkte durchgereicht worden ist mit dem beschriebenen Risikoumfeld?

„An der Erhebung des ZEW beteiligen sich nämlich 350 Finanzexperten“, weist Stefan Riße, Kapitalmarktstratege vom Fondshaus Acatis, auf die Besonderheit hin. Somit ist der ZEW nichts anderes als das Gute-Laune oder Schlechte-Laune-Barometer der Finanzbranche rückblickend auf die letzten Wochen. Mit dem ZEW lässt sich somit ein Index finden, der antizyklisch gelesen werden sollte und dessen desaströse Stimmung eher aufzeigt, dass man Aktien eher kaufen als verkaufen sollte.

Jedenfalls ist Nerven verlieren bei einem schlechten ZEW-Index die falsche Idee. Differenzierter kann man die Lage dagegen beim Ifo-Index betrachten, der durchaus sinnvollere Signale für die echte Wirtschaftsentwicklung liefert. Als sichere Bank für steigende oder fallende Kurse ist er aber auch nicht geeignet.

Daniel Saurenz betreibt mit seinem Team das Börsenportal Feingold Research. Es bietet täglich einen Börsenbrief an, den Sie für 14 Tage kostenfrei testen können. Melden Sie sich unter info@feingold-research.com an oder probieren Sie den Börsendienst unter diesem Link aus. Trainingstage und Coachings finden Sie NEU unter feingold-academy.com

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