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Minus 16 Prozent Eventim-Aktie rauscht nach Böhmermann-Kritik zweistellig ab

Satiriker Jan Böhmermann
Jan Böhmermann nahm sich in seiner Sendung die Gebührenpraxis des Ticketverkäufers Eventim vor
© IMAGO / Panama Pictures
Satiriker Jan Böhmermann nimmt in seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“ den Konzertveranstalter und Ticketverkäufer CTS Eventim ins Visier. Die Aktie des MDax-Konzerns rutscht daraufhin gewaltig ab

CTS Eventim hat zum Anfang der Börsenwoche nichts zu lachen: Nach der Satire-Sendung „ZDF Magazin Royale“ am Freitagabend ist die Aktie des MDax-Unternehmens knapp 16 Prozent nach unten gerauscht. Moderator Jan Böhmermann nahm sich den Ticketverkäufer und Konzertveranstalter in der Sendung vor und übte Kritik unter anderem an dem Gebührenmodell des Unternehmens.

Grund genug für viele Investorinnen und Investoren, die Aktie auf Talfahrt zu schicken: Während sie zum Börsenschluss am Freitag noch bei 71 Euro lag, drehte sie am Montag stark nach unten und notierte zum Schluss bei nur noch 64,70 Euro und damit 9 Prozent niedriger. Am Dienstag ging der Kurssturz weiter auf zwischenzeitlich 59,80 Euro – ein Minus gegenüber Freitag von knapp 16 Prozent.

Das ZDF überschreibt die letzte Böhmermann-Sendung vor der Sommerpause mit dem Titel „Mit Fantasiegebühren zum Eventimperium“. Der Satiriker stellt darin die zahlreichen Gebühren infrage, die Kunden zusätzlich zum regulären Ticketpreis an Eventim bezahlen müssen. Darunter fallen demnach eine Vorverkaufsgebühr von rund zehn Prozent, eine Systemgebühr sowie eine Online-Buchungsgebühr.

Eventim schlage die Gebühren sogar gerne doppelt drauf, so Böhmermann. Über die Tochter-Plattform „fanSale“ können Käufer ihre Tickets wiederverkaufen, wofür Eventim abermals Kaufgebühren verlange plus eine Provision vom Verkäufer. „Warum Schwarzmarkt bekämpfen, wenn man selber mitverdienen kann. Sehr gute Idee, Klaus-Peter“, witzelte Böhmermann und adressierte seine Kritik an den Eventim-Vorstandsvorsitzenden Klaus-Peter Schulenberg.

Eventim steht wegen seiner Geschäftsbedingungen immer wieder in der Kritik. Sofern ein Event abgesagt wird, erstattet Eventim in der Regel nur den Ticketpreis, nicht aber die Gebühren. Dagegen wehren sich derzeit viele Kundinnen und Kunden mit einer Musterfeststellungsklage. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hatte sie auf den Weg gebracht, nachdem vor allem während der Coronapandemie reihenweise Konzerte und Veranstaltungen abgesagt wurden, Eventim aber nicht den vollen Kartenpreis erstatten wollte.

Eventim-CEO in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt

CEO Schulenberg machte CTS Eventim über die Jahre zu einem Konzern mit großer Marktmacht. Das Bundeskartellamt untersagte ihm deshalb 2017 die Übernahme der Booking-Agentur Four Artists, hinter der die Band Die Fantastischen Vier steckt. „CTS Eventim ist als Anbieter des mit Abstand größten Ticketsystems in Deutschland marktbeherrschend“, begründete damals der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, die Entscheidung. „Durch den Erwerb von Four Artists würde das Unternehmen Kontrolle über weitere, relevante Ticketkontingente erhalten und seine Marktposition weiter ausbauen.“

Später gründete Eventim allerdings die Tochtergesellschaft All Artists Agency. Laut Böhmermann wechselten viele Mitarbeiter von Four Artists zur neuen Agentur, woraufhin Four Artists den Betrieb einstellte.

Gegen Schulenberg, der schon zu Schulzeiten als Musikmanager jobbte, ermittelte die Justiz wegen illegaler Steuerhinterziehung mit sogenannten Cum-Ex-Deals. Nach Informationen des Handelsblatts soll er Millionen durch die Geschäfte mit Hanno Berger verdient haben, der wiederum als wichtiger Konstrukteur der Steuerdeals gilt. Die Staatsanwaltschaft lud Schulenberg deshalb 2019 als Zeugen vor dem Landgericht Bonn.

Schulenbergs Unternehmen CTS Eventim legte zuletzt gute Zahlen vor. Bereits 2022 veröffentlichte der Konzertveranstalter Rekordzahlen und ließ die Coronakrise hinter sich. Erst Anfang 2022 erhielt Eventim Überbrückungshilfen vom Staat in Höhe von 36 Mio. Euro, um die Liquidität zu stärken. Laut Böhmermann summiert sich die staatliche Unterstützung im Zuge der Pandemie auf insgesamt 272 Mio. Euro.

Für Anlegerinnen und Anleger war und ist die Aktie wegen der guten Unternehmenszahlen interessant. Im ersten Quartal 2023 lag der Umsatz mit 366,2 Mio. Euro um das 2,6-Fache über dem Niveau des Vorjahresquartals. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) verdreifachte sich auf 76 Mio. Euro.

Der Konzern verdient annähernd 9 von 10 Euro im Bereich Ticketing. Im Gegensatz dazu verbuchte die Veranstaltungssparte in ersten Quartal einen kleinen Gewinn, wobei die Geschäfte hier erst im Sommer richtig Fahrt aufnehmen. Trotzdem ist der Ausblick verhalten. Das Management rechnet mit stagierendem Umsatz und Ergebnis für 2023.

Bei Analystinnen und Analysten stand der MDax-Titel bisher gut im Kurs. Als Eventim den Ausblick im März vorgelegt hatte, bezeichneten sie die Zielsetzung zwar als ziemlich konservativ. Trotzdem riet die Mehrheit zum Kauf der Aktie. Nach dem Kurssturz dieser Woche sind Börsenexperten nun etwas verhaltener: Reuters zählt nach wie vor elf Ratings, doch nur noch sechs statt acht Analysten raten zum Kauf, vier empfehlen „Halten“ und einer spricht sich dafür aus, die Eventim-Aktie zu verkaufen.

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