Capital: Herr Schumacher, die Stiftung Warentest hat in einer Studie Angebote der Privaten Krankenversicherung getestet. Das Ergebnis war, dass nur ein kleiner Teil wirkliche zufriedenstellende Dienstleistungen liefert. Hat die PKV da ein Problem?
THILO SCHUMACHER: Wir haben kein Problem in der Privaten Krankenversicherung. Die Stiftung Warentest nimmt die Gesetzliche Krankenversicherung als Vergleichsmaßstab. Die bietet einen guten Schutz. In der PKV gibt es die Möglichkeit, einen besseren oder auch einen schlechteren Schutz zu wählen. Wenn jemand sagt, er braucht nicht so viel und möchte Geld sparen. Und dann gibt es die, die einen guten Schutz wollen und bereit sind, mehr Geld dafür in die Hand zu nehmen. Aber wenn die PKV so schlecht wäre, hätten wir nicht über 30 Millionen gesetzlich Zusatzversicherte. Fast jeder zweite Deutsche ist ja in irgendeiner Form PKV-versichert.
Also ein Imageproblem?
Wir haben grundsätzlich kein Problem. Möglicherweise vielleicht ein Imageproblem. Das kann sein. Da müssen wir immer wieder dran arbeiten und auch die Menschen aufklären, warum es gut ist, in der PKV zu sein.
Resultiert das Imageproblem nicht auch daraus, dass viele Menschen da eine Zweiklassengesellschaft wahrnehmen? Durch bevorzugte Behandlung im Krankenhaus und schnellere Terminvergabe in der PKV. Das ist ja eine deutsche Sondersituation.
Ich glaube, wir sind in Deutschland mit dem dualen System nicht schlecht gefahren. Auch der gesetzlich Versicherte ist nicht schlecht versichert. Das darf man nie vergessen. In vielen anderen Ländern höre ich oft: Bei Euch funktioniert es doch. In Amerika ist das Gesundheitssystem stark privat organisiert und viel teurer als bei uns. Wir sind gut beraten, das duale System weiter auszubauen.
Auch das duale System hat die starken Kostensteigerungen im Gesundheitswesen allerdings nicht in den Griff bekommen. Die betreffen ja beide Arten von Versicherungen.
Der Anstieg der Kosten im Gesundheitswesen lag historisch immer oberhalb der allgemeinen Inflation. Das hat zwei Gründe. Zum einen ist der medizinische Fortschritt teuer, er führt aber auch zu Leistungen. Ein Beispiel: Krebs ist einer der Hauptgründe für früheres Versterben. Wir haben inzwischen aber Medikamente, die passgenau auf das Individuum ausgestaltet werden. Aber da kostet so eine spezielle Krebstherapie zwischen 300.000 und 400.000 Euro. Das muss sich ein System erst mal leisten können. Zum zweiten werden wir einfach immer älter. Im Alter gehen wir öfter zum Arzt und brauchen mehr medizinische Betreuung.
Hören Sie in der neuen Folge von Die Stunde Null,
- Was sich gegen die steigenden Kosten im Gesundheitswesen tun lässt
- Wie KI die Medizin radikal verändert
- Warum immer mehr psychische Erkrankungen diagnostiziert werden
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