Mit dem Kauf des Konkurrenten Lyxor Asset Management bringt Amundi die Konsolidierung der europäischen Fondsbranche in Fahrt. Der Ball liegt nun bei der Deutschen-Bank-Tochter DWS, deren Chef Asoka Wöhrmann laut der Nachrichtenagentur Bloomberg grünes Licht für Zukäufe hat.
Amundi kündigte am Mittwoch an, bis Februar 2022 Lyxor von der Societe Generale zum Gesamtpreis von 825 Mio. Euro zu übernehmen. Lyxor wurde 1998 gegründet und verwaltet ein Vermögen von 124 Mrd. Euro, davon 77 Mrd. Euro in passiven, börsengehandelten Indexfonds (ETF). Amundi mit Sitz in Paris befindet sich zu 70 Prozent in Besitz der Großbank Crédit Agricole.
Durch die Übernahme würde Amundi selbst einen großen Sprung nach vorn im europäischen ETF-Geschäft machen. Das kombinierte Geschäft würde nach Daten von Morningstar (Stand 31. März 2021, siehe Tabelle) auf einen Marktanteil von 13,7 Prozent kommen.

Zum Marktführer iShares, einer Blackrock-Tochter, bliebe jedoch ein weiter Abstand. Sie vereinigt in Europa knapp 43,6 Prozent des ETF-Geschäftes auf sich. Unter Druck gerät jedoch Xtrackers, die passive Sparte der DWS. Sie ist bislang in Europa Nummer zwei mit einem Anteil von 11,2 Prozent – und damit der größte auf dem Kontinent ansässige Anbieter für börsengehandelte Indexfonds.
Nach dem Zusammenschluss von Amundi und Lyxor, wozu auch die frühere Commerzbank-Sparte Comstage zählt, würde die DWS auf Platz drei zurückfallen. Auf Rang vier liegt aktuell die UBS mit einem Anteil von 6,3 Prozent. Die in den USA bedeutenden ETF-Anbieter Vanguard und State Street spielen in Europa eine untergeordnete Rolle, ebenso wie beispielsweise Deka oder Wisdom Tree.
Zusammen könnten DWS und UBS also Rang zwei zurückerobern. Die Vermögensverwaltungssparte der Schweizer Großbank war in der Vergangenheit bereits als Fusionspartner der DWS genannt worden. Laut Bloomberg könnte auch das Assetmanagement des Konkurrenten Credit Suisse nach den Archegos- und Greensill-Skandalen ins Schaufenster gestellt werden. „Wir wollen eine aktive Rolle bei der Konsolidierung spielen, aber nicht um jeden Preis“, sagte ein DWS-Sprecher zu Capital am Mittwoch.
Das könnte ein Hinweis sein, dass Lyxor als zu teuer betrachtet wurde. Als die Deutsche Bank vor drei Jahren ein Fünftel der DWS an die Börse brachte, gab sie das Ziel aus, unter die Top Ten in globalen Fondsbranche aufzusteigen. Mit einem verwalteten Vermögen von 793 Mrd. Euro zu Ende 2020 lag die DWS allerdings erst auf Platz 17 und kann nach Einschätzung von Branchenexperten nur durch organisches Wachstum unter die Top Ten kommen.
DWS wächst im ETF-Geschäft schneller als Konkurrenten
Wie Bloomberg berichtete, habe DWS-Chef Wöhrmann nicht nur grünes Licht für Zukäufe erhalten. Die Deutsche Bank sei auch bereit ihren 80-Prozent-Anteil abschmelzen zu lassen, wenn die DWS im Zuge einer Übernahme neue Aktien ausgibt, berichtete die Nachrichtenagentur unter Verweis auf mit der Sache vertraute Personen. Die DWS hat dies nicht dementiert.
Allerdings wächst die DWS im ETF-Geschäft deutlich schneller als viele Konkurrenten. Den Morningstar-Daten zufolge konnte sie in den zwölf Monaten bis 31. März 2021 gut 15 Prozent der Nettozuflüsse von insgesamt 139 Mrd. Euro auf sich vereinen. Lyxor und Amundi wuchsen deutlich schwächer, Lyxor wurde beim Netto-Neugeschäft sogar von State Street überflügelt. Lyxor war lange Zeit sehr stark im Geschäft mit geswapten ETF, die allerdings an Boden gegenüber physisich replizierenden Indexfonds verloren haben. Bei geswapten ETF finden sich nicht zwangsläufig die Wertpapiere aus dem Index auch im Fonds wieder, ihre Performance wird durch Derivate gewährleistet.
Unterdessen könnte der Zukauf für Amundi sinnvoll sein, um seine eigene ETF-Sparte aus dem Mittelfeld nach vorn zu bringen. Das Geschäft mit ETF ist sehr wettbewerbsintensiv und dementsprechend margenschwach. Größe ist deshalb ein wichtiger Faktor in diesem nach wie vor wachsenden Segment. Möglicherweise steht hinter der innerfranzösischen Fusion aber auch ein industriepolitischer Plan. Amundi würde seine Rolle als einer der führenden europäischen Fondsanbieter verstärken – und das vom Standort Paris aus, der nach dem Brexit eifrig dabei ist, Geschäft aus London abzusaugen.