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Sparen Altersvorsorgepolicen: Zeit, mal aufzuräumen

Mit der Zeit sammelt sich ganz schön was an, zu Hause und im Depot
Mit der Zeit sammelt sich ganz schön was an, zu Hause und im Depot
© Serge Seidlitz
Viele Arbeitnehmer sammeln im Laufe der Zeit eine Vielzahl von Altersvorsorgepolicen an. Nicht alle lohnen sich noch. Capital bringt Ordnung ins Chaos und erklärt, welche Policen man besser auflösen und welche man dringend behalten sollte

Manchmal wird Klaus Brockmüller* ganz mulmig, jetzt, da er endlich Kassensturz gemacht hat. Seitdem hat er das Gefühl, er schaufelt jeden Monat einen Batzen Geld in ein großes schwarzes Loch. Gut 400 Euro im Monat zahlt der 47-Jährige in drei Verträge ein, aus denen er sich eine Zusatzrente im Alter erhofft. Geld, das er heute lieber ganz anders anlegen würde, zum Beispiel in einem ETF-Sparplan – die Börse hat ja seit April gezeigt, wie schnell sie Kapital vermehren kann. „Wäre also nicht alles andere besser als diese alten Verträge?“, fragt er sich. Brockmüller will endlich ausmisten.

Experten warnen seit Jahren, dass die Deutschen mit ihrem konservativen Sparverhalten über Lebensversicherungen und Tages- sowie Festgeldkonten auf lange Sicht in eine ziemliche Bredouille geraten werden – ohne Zinsen. Allein in den 83 Millionen Lebens- und Rentenpolicen stecken rund 2,3 Billionen Euro an Vermögen, das seit Jahren kaum noch Erträge abwirft.

Noch im Jahr 2000 lockten Versicherer ihre Kunden mit Renditen von 6,2 Prozent in solche Policen. Davon kann man nur noch träumen: Wer so einen Vertrag heute ausgezahlt bekommt, schafft rund 3,7 Prozent im Schnitt. In 20 Jahren werden es mit Glück zwei Prozent sein. Aktuell prognostizieren etliche Anbieter nur 1,3 Prozent Rendite – und Marktführer Allianz kündigte jüngst für Neuverträge an, nicht mal mehr die eingezahlten Beiträge voll zu garantieren.

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Mehr als den Beitragserhalt garantiert auch das Riester-Sparen nicht, obwohl es vom Staat nach wie vor üppig gefördert wird. Gut zwei Drittel der Riester-Verträge sind nämlich ebenfalls Versicherungen, und die sind oft nicht lukrativ, was auch die Kunden durchschauen: Ein Fünftel der Verträge wird aktuell gar nicht mehr bespart, sondern ruht.

Dazu kommen noch die Sorgen um die betriebliche Altersvorsorge (bAV). Selbst die Versicherungsmathematiker vom Sachverständigeninstitut IVS warnten jüngst: Ohne steigende Zinsen könne man Einzahlern nicht einmal zusichern, dass sie überhaupt ihre Beiträge wiedersehen. Mehrere Pensionskassen sind in Schieflage geraten, 36 Kassen stehen derzeit unter intensiver Aufsicht der Bafin. Zwar mühte sich die Regierung zuletzt, die Betriebsrente attraktiver zu machen – doch diese Zahlen stärken nicht gerade das Vertrauen.

Kein Wunder also, dass sich viele Sparer fragen, ob sie ihr Geld weiterhin in solche Verträge stecken sollen. Konstellationen wie die der Brockmüllers sind typisch: Den ersten Vertrag im Studium geschlossen, zum Berufseinstieg der zweite hinterher, ein dritter vielleicht über den Arbeitgeber – und dann ändert sich das Leben: Kinder, ein Immobilienkauf, vielleicht auch noch Unsicherheit im Job – nach 15 oder 20 Jahren passen die alten Arrangements nicht mehr.

„Das ist die Regel“, sagt Honorarberater Volkmar Heinz aus München, „wenn Kunden zu uns kommen, ist meist von allem etwas vorhanden.“ Rund 16 Millionen bAV-Policen gibt es hierzulande. Das klingt erst mal viel, doch ein Blick in die Statistik zeigt, was dabei rumkommt: oft nur Kleckerbeträge von 150 oder 200 Euro im Monat. Und selbst wenn nun mehr Geld in die betriebliche Vorsorge fließen sollte, wird daraus kaum mehr werden – eben wegen der niedrigen Zinsen.

Gleiches gilt für die rund 16 Millionen Riester-Verträge und 2,2 Millionen Rürup-Sparverträge, die sich vor allem an Selbstständige richten. Von den 83 Lebens- und Rentenpolicen ruhen bezeichnenderweise derzeit 28 Prozent. Eigentlich sei es die Regel, dass Kunden die Langfristverträge nicht durchhielten, kritisiert der Bund der Versicherten (BdV). Rund 70 Prozent der Kunden kündigen laut Statistik vor Rentenbeginn – obwohl sie damit oft hohe Verluste erleiden.

Was also ist besser: den Vertrag weiterlaufen zu lassen oder ihn auszumisten? Und wenn ausmisten, wie spart man dann geschickter fürs Alter? Die Antworten hängen zum einen vom Vertrag und seiner Laufzeit ab. Zum anderen von der Situation jedes Anlegers: Will man mehr Flexibilität? Oder braucht man akut Geld, um etwa eine Immobilie zu finan­zieren? Capital geht die typischen Anlegerfälle mithilfe unabhängiger Finanzberater durch.

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