Unsere Beispiele stammen aus dem Buch "Ungewöhnliche Wertanlagen", das beim UVK Verlag erschienen ist. Der Autor Gerald Pilz ist Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und Autor zahlreicher Bücher über Finanz- und Börsenthemen
Eine besonders lukrative Geldanlage in den vergangenen Jahren war der Wein. Immer mehr Investoren investieren in das exquisite Getränk, um von den hohen Wertsteigerungsraten zu profitieren. Und nicht wenige halten den edlen Rebensaft inzwischen für eine interessante Alternative zum Aktienmarkt, zumal der Preis weitaus weniger schwankt und eine kontinuierliche Rendite verspricht. Doch bevor Sie voller Euphorie und Neugier einige Weinflaschen kaufen, sollten Sie einiges bedenken.
In der Realität eignen sich nur zwei Prozent aller Weine als Investment. Die Rebsäfte, die Sie im Supermarkt erhalten, sind gänzlich ungeeignet. Überhaupt wird nur ein winziger Bruchteil der Weine für eine Geldanlage in Frage kommen. Das entscheidende Stichwort ist hier „Bordeaux“. Die französische Weinstadt bildet das Zentrum der erlesenen Kultur. Obwohl auch in Australien, Chile, Südafrika und in den USA immer mehr Winzer Auszeichnungen gewinnen und durch innovative Methoden von sich reden machen, haben es bislang nur Bordeaux-Weine in den Anlegerolymp geschafft.
Aufgrund des hohen Interesses ist der Weinmarkt im Vergleich zur Aktie sehr transparent und selbst für Laien ohne größeren Aufwand zu durchschauen. Sie müssen sich also nicht von blasierten Sommeliers über Ihre Anlage belehren lassen und kein höhnisches und spöttisches Grinsen befürchten, wenn Sie französische Zungenbrecher nicht richtig aussprechen können.
Ähnlich wie beim Whisky gibt es hier nämlich ein etabliertes und funktionierendes Bewertungssystem, das jedem Wein eine exakte Punktzahl zuordnet.
Weine sind in ihrer Wertentwicklung stetiger und zuverlässiger als Aktien oder andere Wertpapiere. Dennoch sollten Sie bedenken, dass eine schwere Wirtschaftskrise die Nachfrage nach dem edlen Getränk zurückgehen lässt.
Während der Weinindex in den Boomjahren zwischen 2004 und 2008 kontinuierlich zulegen konnte, sorgte das alles überschattende Krisenjahr 2008 mit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers auch auf den Weinmärkten für einen Rückgang. Die wohlhabende Klientel verzichtete in einer solch schweren Situation auf den Kauf von Weinen. Dennoch ist der Einbruch weitaus geringfügiger als an den internationalen Finanzmärkten. Einen Gipfel erreichte der Livex 100 Mitte 2011 bei 360 Punkten. Seitdem machte sich bei dem Weinindex ein leichter Abwärtstrend bemerkbar.
Der Kauf von hochwertigem Wein ist bei autorisierten Fachhändlern für Privatanleger sinnvoll. Die wirklich lukrativen und exquisiten Rebensäfte sind indes meist schon ausverkauft, und Sie werden Probleme haben, solche Flaschen zu bekommen. Sie können sie aber vormerken lassen – was in Fachkreisen als Subskription bezeichnet wird.
Welche Rendite Sie bei Wein erwarten können
Glücklicherweise hat sich der hoch angesehene „Weinpapst“ Robert Parker die Mühe gemacht, 8000 Weine zu verkosten und sie in einem Bewertungssystem einzuordnen. Für ein Investment eignen sich grundsätzlich nur Weine, die eine Mindestbewertung von 80 Punkten vorweisen können. Sammelwürdig ist zudem nur Rotwein aus Bordeaux, der sieben bis zehn Jahre gereift ist. Gehen Sie bei dieser Auswahl niemals Kompromisse ein. Es lohnt sich nicht, Abschläge zu machen, um ein Schnäppchen zu erhalten.
Weine aus anderen Anbaugebieten wie der Toskana oder aus Burgund erzielen bislang keine sinnvolle Rendite, obwohl diese Tropfen durchaus einigen Kennern munden.
In dem Index der Weinbörse Livex haben lediglich zehn Prozent der Weine ein Rating von mehr als 97 Punkten. Am sichersten ist Ihr Investment, wenn Sie sich auf edle Tropfen mit einer Höchstprämierung von 99 oder 100 Punkten konzentrieren. Diese erzielen jedoch auch stolze Preise.
In immer mehr Schwellenländern wird das Weintrinken zu einem Statussymbol einer wachsenden Mittelschicht. Millionäre aus Russland und China legen sich Bordeaux-Weine zu.
Zu den absoluten Spitzentropfen, die jeden Weinkenner in Verzückung versetzen, zählen Château Lafite-Rothschild, Château Mouton-Rothschild, Château Latour, Château Margaux und Château Haut-Brion.
Diese herausragenden Weine wurden bereits Mitte des 19. Jahrhunderts zur Elite gerechnet. Ausgezeichnete und exquisite Sorten sind auch Pétrus, Cheval blanc, Le Pin, Ausone oder Château d’Yquem.
Der besonders bekannte Château Mouton-Rothschild wurde nur in einer Auflage von 300.000 Flaschen an Liebhaber verkauft. Spitzenjahrgänge sind vor allem Sonnenjahre, die den Weintrauben zu mehr Qualität verhelfen. Hierzu gehören 1982, 1986, 1988 und 1990 sowie die Jahrgänge 2000 und 2003. Vor allem der Jahrgang 1982 erwies sich als ein Jahrhundertinvestment; denn diese edlen Tropfen konnten bis heute um rund 1000 Prozent im Wert steigen.
Vorsicht bei Online-Auktionen
Dennoch sollten Sie berücksichtigen, dass sich die Konsumgewohnheiten allmählich wandeln. Ähnlich wie beim Tabakverbrauch ist der Konsum von Wein rückläufig. Das einst stolze Weintrinkerland Frankreich ist inzwischen zu einer Mineralwasserregion mutiert, und das der Dolce Vita eher zuneigende Italien hat sich an die Spitze der Weinkenner und -genießer gesetzt.
Länder wie Chile, Australien, Südafrika und die USA versuchen, den Weinmarkt durch neue Kreationen und Produktionsmethoden zu erobern. Diese stoßen aber bei der alten Elite der Bordeaux-Trinker auf unverhohlene Ablehnung.
Herausragende Weine erhalten Sie vorrangig bei autorisierten Fachhändlern und bei renommierten Auktionshäusern wie Christie’s und Sotheby’s. Besonders hohe Zuschläge verbuchte 2012 übrigens eine Kiste 1982 Château Lafite-Rothschild mit 42.350 US-Dollar. Eine Kiste mit sechs Flaschen Château Pétrus kam auf 26.620 US-Dollar. Der Durchschnittspreis für Bordeaux-Weine lag bei Sotheby’s im Jahr 2013 bei 490 US-Dollar. Die Kunden hatten den Wein im Handel für durchschnittlich 122 US-Dollar erworben. Auch kleinere Auktionshäuser wie Wermuth in Zürich oder Koppe & Partner in Bremen konnten sich als Spezialisten etablieren.
Hüten Sie sich davor, Wein aus vermeintlich besonders günstigen Quellen zu erwerben. Denn Weinflaschen und Etiketten werden inzwischen systematisch gefälscht.
7 Regeln für Wein als Geldanlage
1 - Achten Sie darauf, dass das Etikett absolut unbeschädigt ist. Ein beschädigtes Etikett mindert den Wert der Flasche sofort.
2 - In der Regel werden keine Einzelflaschen auf Auktionen verkauft, sondern Kisten. Dabei spielt die originalgetreue Präsentation der Weinkiste eine ausschlaggebende Rolle.
3 - Bewertungskriterien sind neben dem Zustand des Etiketts die Flaschengröße, der Füllstand, und der Kapselzustand.
4 - Sorgen Sie für eine größere Streuung, indem Sie auf verschiedene Jahrgänge und Châteaux setzen.
5 - Vergleichen Sie sorgfältig die Preise, und kaufen Sie nur bei autorisierten Weinfachhändlern (sogenannte Négociants) oder auf renommierten Auktionen, die sich auf Wein spezialisiert haben.
6 - Sie sollten Ihre Investments mindestens fünf Jahre halten.
7 - Sparen Sie nicht bei der Lagerung. Nur durch eine sachgerechte Lagerung stellen Sie sicher, dass der Wert Ihres Weines erhalten bleibt. Lagern Sie Ihre Flaschen am besten in einer Klimakammer, und kümmern Sie sich regelmäßig um Ihre Bestände.
Bislang in dieser Serie veröffentlicht: Whisky als Geldanlage