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Aktien Autoaktien - Vollgas oder Vollbremsung?

Der Kursmotor der Autoaktien stottert. Kommt er wieder in Gang? Von Nadine Oberhuber

Eindeutige Richtungsvorgaben helfen ungemein, wenn es darum geht, die Spur zu halten. Und eine klare Richtung hätten die deutschen Autobauer auch sehr gut gebrauchen können. Denn zuletzt war vielen Anlegern nicht ganz klar, wohin sie nun steuern würden. Zumal nach diesem harten Jahr 2016, das sie beinahe komplett im Rückwärtsgang verbrachten. Am Ende fragten sich viele: Geht es nun endlich wieder langfristig bergauf mit den Auto-Kursen, oder wählen sie weiter den Seitwärts- oder Abwärtsgang? Das war noch im November die große Frage. Zum Jahresende schien die Antwort klar: Es ging bergauf bei Daimler, BMW und Co. Die Kurse der Autobauer legten zu, die Trendwende schien endlich geschafft. Doch nun stottert der Kursmotor auch schon wieder.

Seit Ende Januar hat der Index der deutschen Automobilindustrie wieder einen Gang runter geschaltet: von 1574 Punkten ist er auf 1470 Punkte abgerutscht. Und auch die geplante Übernahme von Opel hat in der vergangenen Woche nicht den erhofften neuen Schub gebracht, obwohl doch sonst solche Übernahmephantasien üblicherweise die Kurse beflügeln. Nun könnte man sagen: Das ist halb so schlimm, die Kurse schwanken ständig, warum sollte es ausgerechnet bei den Autoaktien anders sein? Stimmt wohl, aber kaum ein Papier reagiert derzeit so flatterhaft wie diejenigen der Autobauer. Denn die reagieren dieser Tage nicht nur auf den gewöhnlichen Lauf der Konjunktur und die üblichen Launen der Anleger – was ja schon Unsicherheit genug birgt. Nein, sie zucken auch noch bei jeder Idee des amerikanischen Präsidenten Donald Trump.

Der dachte zuerst über Strafzölle nach, die er ausländischen Autobauern auferlegen könnte, wenn sie ihre Fahrzeuge nach Amerika exportieren. Zuletzt nahm er aber wieder Abstand davon. Zuvor hatte er japanischen Autobauern ebenfalls mit Strafzöllen gedroht, falls sie ihre neuen Fabriken in Mexiko statt in den USA bauen würden. Mit all diesen Drohungen und möglichen Beschränkungen steht und fällt nun auch die Aussicht der deutschen Automobilhersteller auf dem großen und absatzträchtigen amerikanischen Markt. Deshalb kommt das Stottern nicht von ungefähr.

Opel-Deal sorgt nur für kurzen Kurshüpfer

Mitten in diese Gemengelage platzte am vergangenen Dienstag die Ankündigung von General Motors, das defizitäre Europageschäft und die deutsche Tochter Opel an einen Konkurrenten verkaufen zu wollen. Der französische Hersteller Peugeot Citroen will die GM-Tochter übernehmen. Die ersten Marktreaktionen fielen optimistisch aus: Die Papiere fast aller deutschen Autobauer waren bei den Anlegern gefragt. Denn der Verkauf des ungeliebten deutschen Autobauers, der in der Finanzkrise 2008 arg ins Schlingern geraten war, hätte für die Branche zweierlei bedeutet: Erstens womöglich eine Konsolidierung und bessere Aussichten für die verbliebenen hiesigen Marken, vor allem für den Wolfsburger Autobauer VW, der ebenfalls auf den Massenmarkt setzt. Und zweitens eine Stärkung der Autobranche in Europa gegenüber ihren amerikanischen und japanischen Konkurrenten. Beides waren auch die Hoffnungen, die Anleger veranlassten, Autoaktien zu kaufen. Davon profitierten vor allem VW, BMW und Daimler. Ihre Aktienkurse schnellten kurzfristig in die Höhe. Aber eben nur kurzfristig.

Danach drehten sie wieder ab und glitten in den Seitwärtsgang. Wohin geht es also jetzt? Noch am Jahresende hatten schließlich einige Marktbeobachter euphorisch angekündigt, die Autoaktien würden 2017 wieder zu ihrer Stärke zurückfinden. Denn das abgelaufene Jahr war wahrlich kein erfolgreiches für sie, die meisten Aktien lagen im Minus. Ebenso wenig wie das Jahr davor. Seit März 2015 nämlich befanden sich die Kurse im Rückwärtsgang. Und zwar mächtig. Der März markierte den vorläufigen Höhepunkt des sechsjährigen Aufschwungs, den die Autobranche nach dem tiefen Fall der Finanzkrise erlebt hatte. Dann kam eine erneute Vollbremsung bei den Kursen und sie hielt eineinhalb Jahre bis zum Juli 2016 an. In diesen 18 Monaten verloren so gut wie alle deutschen und europäischen Autoaktien erheblich an Wert und die Autobauer dementsprechend an Börsensubstanz. Im vergangenen Sommer war der Tiefpunkt erreicht.

Der Trend hat wirklich gedreht

Seitdem steigen die Kurse wieder. Zuerst war nicht klar, ob es nur die üblichen Zuckungen werden würden, mit denen sich überverkaufte Papiere kurzfristig wieder zurechtruckeln, bevor es weiter abwärts geht. Doch spätestens seit Jahresende ist klar: Der Trend hat wirklich gedreht. Zu sehen ist das an der langfristigen 200-Tage-Linie, die nun wieder nach oben strebt. Das bedeutet also, dass wohl ein längerer Kursaufschwung zu erwarten ist. Und das gilt nicht nur für die einzelnen Papiere, sondern auch für den Dax-Sektorindex. Ebenso gilt es für den Eurostoxx 600 Automobiles & Parts, dessen langfristiger gleitender Durchschnitt ebenfalls kurz vor Jahresende wieder nach oben drehte. Gute Aussichten für die Autobranche also.

So gesehen war de Euphorie zum Jahresbeginn nicht übertrieben. Zumal fast alle Analysten für das laufende Jahr von einem weiteren Wirtschaftsaufschwung in Deutschland und Europa ausgehen, von dem die Autoaktien als zyklische Papiere gut profitieren müssten. Aber hält der Optimismus auch noch an? Wird er also selbst die Launen des Herrn Trump überstehen? Würde der US-Präsident tatsächlich Strafzölle verhängen, wäre das für die hiesige Industrie ein herber Schlag – aber nicht gleich der Untergang. Der größte Absatzmarkt für heimische Anbieter ist ohnehin eher der Ferne Osten als der wilde Westen. VW verkauft in China einen Großteil seiner Wagen, andere Wettbewerber schielen auf den riesigen Absatzmarkt in Indien. Der verspricht noch hohe Gewinne und in Indien sind vor allem deutsche Autos der Oberklasse sehr beliebt.

Wenn sich die Branche hierzulande neu sortiert und sich vor allem kostenbewusster aufstellt, ist das grundsätzlich ein gutes Zeichen. So gesehen wäre ein europäischer Autokonzern aus Opel und Peugeot schlagkräftiger als zwei einzelne Konkurrenten, die gemeinsam vorwiegend den europäischen Markt beackern und sich damit gegenseitig Konkurrenz machen. Auf den amerikanischen Markt haben es diese beiden ohnehin gewiss nicht abgesehen.

Anleger können in den Autoindex investieren

Die noch viel größere Herausforderung für die Branche dürfte aber ein ganz anderes Marktsegment sein: Die Entwicklung der Elektromobilität – die auch nicht maßgeblich von amerikanischen Kunden vorangetrieben wird, sondern deren Zukunft sich eher in Asien entscheiden wird. Und zudem der Ausbau „alternativer Mobilitätsdienste“, wie es in den Chefetagen so gern heißt. Also die Netzwerke, an denen Autobauer mit Carsharing-Anbietern und Fahrdiensten derzeit tüfteln, um all jene mobil zu halten, die schon bald in Großstädten leben, in denen ein eigenes Auto zunehmend weniger Sinn macht. Das sind die Herausforderungen, vor denen die hiesigen Autobauer stehen. Und mit denen sie entweder schrumpfen oder wachsen. Damit hat Trump herzlich wenig zu tun.

Wer daher daran glaubt, dass die Autobranche die Kurve kriegt, der kann in diesen turbulenten Zeiten noch gut darüber nachdenken, sich ein paar ihrer Papiere zuzulegen, so lange sie nicht wieder ihre alten Höhen von März 2015 erreicht haben. Denn wenn es gut läuft, schießen sie irgendwann darüber hinaus. Einzelwerte sind jedoch riskant, damit kann man schnell auf den falschen Wettbewerber setzen. Oder hätten sie vor 20 Jahren gedacht, dass sich von diesen dreien – BMW, Daimler und Fiat – ausgerechnet Fiat an der Börse verzehnfachen würde? Daimler dagegen hat sich gerade einmal verdoppelt. BMW sich immerhin vervierfacht. Eben darum zahlt es sich langfristig vermutlich mehr aus, ein Papier auf den Dax Automobilindex zu kaufen oder gleich auf den Eurostoxx Autoindex. Der Auto-Eurostoxx legte auf zehn Jahre immerhin 7,6 Prozent pro Jahr zu. Der Dax sogar 14,5 Prozent. Und es wäre Zeit für einen neuen Kursschub

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