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Geldanlage Abe lässt Geld regnen

Japans Ministerpräsident Shinzo Abe kündigte ein Konjunkturpaket im Wert von 240 Mrd. Euro an
Japans Ministerpräsident Shinzo Abe kündigte ein Konjunkturpaket im Wert von 240 Mrd. Euro an
© Getty Images
Japan könnte das erste Land sein, das Helikoptergeld verteilt. Anleger sollten nicht lange zögern

Nadine Oberhuber ist Wirtschafts- und Finanzjournalistin. Sie schreibt auf Capital.de über Geldanlagethemen.

Die Vorstellung klingt für viele unglaublich, und doch spielen etliche Ökonomen und Notenbanker genau dieses Szenario durch: Was wäre, wenn eine Regierung ganz direkt Geld ausgeben würde? An die Unternehmen ihres Landes, an alle Bürger und an die Finanzmarktbeteiligten ebenso. So, als würde sie die Notenpresse anwerfen, Millionen von Geldscheinen drucken und die über den Köpfen der Menschen abwerfen. Wäre das dann der große Aufschwung für die heimische Wirtschaft, weil plötzlich alle einkaufen gingen? Oder eher der Anfang vom Ende, weil sich gewaltige Blasen an den Märkten aufblähen würden, die früher oder später irgendwann platzen müssen? Bisher weiß man das noch nicht. Möglich aber, dass Japan es als erstes Land der Welt ausprobieren wird.

Land der Wirtschaftsexperimente

Bisher haben sich die Verantwortlichen in Japan zwar öffentlich gegen das sogenannte Helikoptergeld ausgesprochen, doch Japan ist schon seit Langem ein Land, in dem Politiker und Notenbanker viel experimentieren und ungewöhnlich aufgeschlossen gegenüber Maßnahmen mit ungewissem Ausgang sind. Sie wollen nämlich endlich die Krise der 90er Jahre hinter sich lassen, die seitdem die Wirtschaft lähmt.

Die Wirtschaft schreibt nur noch minimale Wachstumsraten von einem Prozent. Und die bisherige Geldpolitik der Lockerung hat das Land in eine Deflation gestürzt. Denn auch mit dem sogenannten Quantitative Easing (QE) und dem massenhaften Aufkauf von Staatsanleihen hat die Bank of Japan als Erste weltweit wahrhaft experimentiert. Und die neuesten Ankündigungen klingen nun nicht so, als sei die Idee vom Helikoptergeld wirklich schon vom Tisch: Japans Ministerpräsident Shinzo Abe hat ein gigantisches Konjunkturpaket angekündigt. Abgesegnet werden soll es am 2. August und noch sind nicht alle Details bekannt.

Aber Abe spricht von 28 Billionen Yen, die zusätzlich in die Wirtschaft gepumpt werden sollen, die Hälfte davon über direkte staatliche Investitionen. Das Gesamtpaket entspricht einem Wert von 240 Milliarden Euro, die Abe lockermachen will. Zum Vergleich: Der gesamte deutsche Bundeshaushalt beträgt derzeit 316 Milliarden Euro. Das japanische Paket hat also einen enormen Umfang. Zusätzlich denkt der Ministerpräsident über geldpolitische Lockerungen nach sowie über die Ausgabe neuer Anleihen, die eine Laufzeit von 50 Jahren haben sollen. Genau das käme nach Ansicht vieler Ökonomen dem Helikoptergeld gleich.

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Geschenktes Geld

Unter Helikoptergeld versteht man die Ausgabe von staatlichem Geld an Unternehmen oder Bürger, die sicher sein können, dass der Staat sich dieses Geld von ihnen nicht zurückholt. Bei Staatsanleihen bekommen die Anleihenkäufer eine Verzinsung vom Staat gezahlt. Ist sie positiv und gilt sie für eine Laufzeit von 50 Jahren, dann ist das quasi wie ein Geschenk. Wenn der ausgebende Staat dabei die Papiere nicht direkt über den Anleihenmarkt platziert, sondern sie an die Notenbank verkauft, die solche Anleihen direkt aufkauft, entspricht das genau dem Konzept vom Geldabwurf aus dem Hubschrauber.

Das Geld aus dem Konjunkturpaket soll über Staats- und Verwaltungsausgaben in die Infrastruktur fließen und auch ganz direkt bei Unternehmen ankommen. Über die Ausgabe günstiger Kredite nämlich, die gezielt in den Privatsektor fließen. Davon können Firmen dann Innovationen und neue Maschinen finanzieren. Und wenn auch Bürger in den Genuss des neuen Geldes kommen, können sie damit den Konsum ankurbeln. Je mehr neue Güter alle gemeinsam nachfragen, desto stärker springt die Wirtschaft endlich wieder an. So ist die Hoffnung.

Heilsbringer Helikoptergeld

Sie ist auch nicht unberechtigt, sagen etliche Studien von Banken und Vorzeigeökonomen. Die Mehrzahl von ihnen hält das Hubschraubergeld für eine gute Idee, weil es so direkt Geld in den Kreislauf pumpt, also in die Realwirtschaft. Dort beflügele es Unternehmen und den Export unmittelbar. Geldpolitische Lockerungen dagegen sorgten eher dafür, dass das Zusatzgeld an den Finanzmärkten lande und sich dort bei den Anleihen- oder Aktienkursen Blasen aufblähten. Die jüngsten Versuche der europäischen und weltweiten Zentralbanken künden davon ja ganz gut.

Der zweite positive Punkt dabei: Das Land verhindert damit eine größere Staatsverschuldung. Genau die kann sich Japan nämlich nicht leisten: Bereits jetzt steht der Pazifikstaat mit einer Verschuldungsquote von 245% seines Sozialprodukts in der Kreide. Im Sinne der Regeln in Europa ist das eindeutig viel zu viel. Auch wenn die nicht für Japan gelten: Langfristig muss das Land von den Schulden wieder herunter - über die Notenpresse könnte das gelingen.

Doch hat das Helikoptergeld denn gar keine Risiken oder Nachteile? Natürlich hat es die. Die Inflation steigt, weil die Geldmenge steigt. Das ist in einem Land mit Deflationsproblem zunächst das kleinere Übel, aber es könnte sich natürlich irgendwann negativ auswirken. Den Kurs des Yen wird das zusätzliche Geld drücken. Das beflügelt zwar wiederum die japanischen Unternehmen, zumindest diejenigen, die exportstark sind. Denn sie können ihre Produkte dann billiger und besser ins Ausland verkaufen.

Doch es heizt vermehrt auch die „Carry Trades“ an, jene Spekulationsgeschäfte, bei denen Investoren Kredite in „billigen“ Yen aufnehmen und davon US-Aktien oder europäische Aktien kaufen, um am Ende doppelte Gewinne einzufahren: Kursgewinne und Währungsgewinne. Außerdem garantiert natürlich niemand, dass die Bürger das Geld, das sie geschenkt bekämen, auch tatsächlich größtenteils für den Konsum ausgeben. Sie könnten ja genauso gut Aktien davon kaufen, oder mehr Immobilien, wenn es auch billigere Kredite gibt. So könnte das Helikoptergeld an den Märkten dennoch für neue Preisblasen sorgen.

Manche sagen deshalb, Ministerpräsident Abe solle seine neue Amtszeit lieber dafür nutzen, endlich mutige Reformen in der Wirtschaft einzuleiten, den Haushalt zu konsolidieren, den Strommarkt zu liberalisieren und mehr Frauen und ausländische Arbeitskräfte in die Betriebe zu bringen. Das wäre eine Lösung, um die marode Struktur der japanischen Wirtschaft auf Vordermann zu bringen.

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Jetzt schon Aktien kaufen

Doch Abe hat gerade erst die Wahlen gewonnen und größtmögliche weitere Maßnahmen angekündigt. Ein Strukturreform-Kleinklein stellt er sich darunter möglicherweise nicht vor. Ob er nun das Geld „nur“ über normale Anleihenverkäufe in den Markt pumpt, oder es „pur“ unter die Leute bringt, bleibt abzuwarten. Wie dieses Helikoptergeld dann wirkt, wäre eine interessante Blaupause für die Welt.

Eines scheint aber recht sicher: Anleger, die von Abes neuer Politik profitieren wollen, sollten jetzt über den Kauf japanischer Aktien nachdenken. Die waren nämlich die ersten, die bereits euphorisch auf die Ankündigung des Konjunkturpakets reagiert haben. Denn beflügeln werden die 240 Milliarden die Wirtschaft in jedem Fall. Es ist nur die Frage, wie lange.

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