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Gerd Kerkhoff Wie Unternehmen nach der Pandemie ihre Lieferketten neu aufziehen

Gerd Kerkhoff
Gerd Kerkhoff gründete 1999 in Düsseldorf Kerkhoff Consulting. Seit 2009 wurde das Unternehmen sieben Mal in Folge als Hidden Champion der Beraterbranche ausgezeichnet.
© Johannes Arlt / Laif
Kerkhoff Consulting ist Dauergast bei den Hidden Champions – und als Spezialist für Einkauf mit vielen aktuellen Problemen der Wirtschaft konfrontiert 

Herr Kerkhoff, in der Pandemie haben wir gelernt, wie wichtig Lieferketten und ein gutes Einkaufsmanagement sind. Haben hiesige Unternehmen die damaligen Probleme überwunden?
GERD KERKHOFF: Die Versorgungslage mag sich verbessert haben, aber die Risiken und kritischen Aspekte in den Lieferketten bleiben. Viele Einkaufsmanager vernachlässigen weiterhin die strategischen Aspekte ihrer Aufgabe – und konzentrieren sich zu sehr darauf, einfach die Versorgung sicherzustellen. Wenn sie dann auch noch mit hohen Preissteigerungen ihrer Lieferanten konfrontiert sind, laufen sie schnell Gefahr, zu teuer einzukaufen. Der Aufbau robuster Lieferketten aber – das ist die Lehre aus der Pandemie – erfordert strategische Kompetenzen, die in vielen Bereichen des Einkaufs immer noch fehlen. 

Es hieß immer, die Industrie müsse resilienter werden und Abhängigkeiten reduzieren. Gilt das noch, oder dominieren wieder andere Faktoren wie Kosten?
Trotz des hohen Kostendrucks nach der Pandemie ist es wichtig, die Anpassungsfähigkeit der deutschen Industrie zu stärken und Abhängigkeiten zu verringern. Die Balance zwischen Kosteneffizienz und Resilienz zu finden ist aber kompliziert: Unternehmen brauchen Zeit, um ihre Lieferketten breiter aufzustellen und alternative Lieferanten zu finden. Und zur Wahrheit gehört auch, dass wir bei bestimmten Technologien, etwa Solarpaneelen, kaum aus der Abhängigkeit herauskommen. Wenn wir Unternehmen beim Einkauf beraten, dann versuchen wir immer beides: höhere Kosten abzuwehren beziehungsweise Kosten zu reduzieren und neue Lieferbeziehungen aufzubauen. 

Manchmal hat man den Eindruck, die Krisen lösen sich gar nicht auf, sondern es kommen ständig neue hinzu. Was ist aktuell das drängendste Problem im Einkauf?
Jedes Unternehmen hat da seine eigenen Themen und Herausforderungen. Manche Firmen sind gerade besonders von den geopolitischen Spannungen betroffen, andere kämpfen mit knappen Rohstoffen und explodierenden Preisen. Für viele gleichermaßen neu ist nach meinem Eindruck die Nachhaltigkeit im Einkauf. 

Über dieses Thema reden ja alle: Wie wichtig sind in Ihrem Beratungsgeschäft inzwischen spürbar bessere Sozialstandards bei Lieferanten oder weniger Treibhausgasemissionen in der Vorproduktion?
Sehr wichtig, Tendenz steigend! Mit unserer eigenen Software können wir beispielsweise den CO₂-Fußabdruck von Bestandteilen der Einkäufe ermitteln. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Eine Betonung der Nachhaltigkeit verursacht höhere Kosten – aber bei diesem Thema können wir ja ebenfalls helfen. 

Erschienen in Capital 1/2024

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