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Finanzkontrolle Wie die Regierung im Kampf gegen die Schwarzarbeit aufrüstet

Lars Klingbeil und Bärbel Bas nehmen an einer Prüfung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls teil
Passend zum Kabinettsbeschluss nahmen Finanzminister Klingbeil und Arbeitsministerin Bas an einer Prüfung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls teil
© Soeren Stache/dpa / Picture Alliance
Durch Schwarzarbeit entgehen dem Fiskus Jahr für Jahr hohe Einnahmen. Jetzt will die Regierung die Finanzkontrolle Schwarzarbeit stärken und auch Barbershops und Nagelstudios ins Visier nehmen. Das ist geplant

Inhaltsverzeichnis

Die Bundesregierung will den Kampf gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung mit einer umfassenden Reform verschärfen. Ein am Mittwoch vom Kabinett beschlossener Gesetzentwurf von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) sieht eine Stärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls vor, die zum Teil mit polizeiähnlichen Befugnissen ausgestattet wird und digital prüfen soll. „Klemmbrett und die Überprüfung von Papierordnern entsprechen nicht dem Prüfprozess der digitalen und modernen Bundesverwaltung“, hieß es im Ministerium. 

Schärfere Regeln kommen auf Friseurgeschäfte, Barbershops und Kosmetikstudios zu. In Barbershops sei zuletzt nicht nur Schwarzarbeit, sondern auch Geldwäsche und die Einbindung in Strukturen der Clankriminalität zu beobachten gewesen, hieß es in Regierungskreisen. Auch bei Nagelstudios seien illegale Beschäftigung und zum Teil ausbeuterische Beschäftigungsformen festzustellen. Das sieht der Gesetzentwurf im Einzelnen vor.

Warum gibt es Reformbedarf?

Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung verursachen nach Schätzungen volkswirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe. Sie führen zu massiven Ausfällen bei Steuern und Sozialbeiträgen. Die Regierung will mit der Reform die Schlagkraft des Zolls erhöhen und ihn für die Herausforderungen der digitalen Wirtschaft wappnen. „Der Ehrliche darf hier nicht der Dumme sein“, hieß es dazu im Finanzministerium. Dem Gesetzentwurf zufolge haben in der Vergangenheit sowohl der Bundesrechnungshof als auch die Mindestlohnkommission wiederholt bemängelt, dass die Kontrollen der FKS nicht den gewünschten Effekt erzielten.

Was sind die Kernpunkte der Reform?

Im Zentrum steht die Einführung eines risikoorientierten Prüfansatzes. Kernstück ist ein neues „Operatives Informations- und Datenanalysesystem“ (OIDA). Es soll große Datenmengen von Finanzämtern, Sozialversicherungsträgern und anderen Behörden bündeln und automatisiert auf Risiken prüfen. Durch die Analyse sollen die schwarzen Schafe gezielt herausgefiltert werden, etwa in Subunternehmerketten auf Großbaustellen oder bei Firmen mit Verbindungen zur organisierten Kriminalität.

Welche neuen Befugnisse erhält der Zoll?

Die Befugnisse der FKS werden erheblich erweitert. Sie erhält Zugang zum polizeilichen Informationsverbund, um Verdächtige schneller und ohne Amtshilfe der Polizei identifizieren zu können. Zur Bekämpfung von Betrug mit Scheinrechnungen, einer laut Ministerium regelrechten „Scheinrechnungsindustrie“, soll auch die Überwachung der Telekommunikation ermöglicht werden. Zudem wird die Rolle der FKS als „kleine Staatsanwaltschaft“ ausgebaut. Sie kann künftig mehr Verfahren, etwa bei Sozialleistungsbetrug, selbstständig zum Abschluss bringen und so die Justiz entlasten.

Welche Branchen rücken in den Fokus?

Neu in den Katalog der besonders prüfungsintensiven Branchen wird das Friseur- und Kosmetikgewerbe aufgenommen. Dazu zählen auch Barbershops und Nagelstudios. Die Regierung begründet dies mit einem erhöhten Risiko für Schwarzarbeit, Geldwäsche und teils ausbeuterischen Beschäftigungsformen in diesen Bereichen. Für die betroffenen Betriebe bedeutet dies neue Pflichten: Ihre Angestellten müssen bei der Arbeit immer ein Ausweisdokument mitführen. Zudem müssen Arbeitgeber neue Beschäftigte sofort bei der Sozialversicherung anmelden.

Was kostet die Reform und was soll sie bringen?

Im vorigen Jahr hat die FKS des Zolls einen Gesamtschaden durch Schwarzarbeit in Höhe von 766 Mio. Euro aufgedeckt. Die Reform soll dieses Volumen erhöhen und durch Nachzahlungen zu Mehreinnahmen führen. Die Modernisierung ist zunächst aber mit erheblichen Investitionen verbunden. Für den Bund entstehen 2026 bis 2029 laut Entwurf Mehrkosten von insgesamt rund 474 Mio. Euro, vor allem für zusätzliches Personal und neue IT-Systeme. Dem stehen erwartete Mehreinnahmen gegenüber: 2028 sollen Bund, Länder und Sozialkassen zusammen rund 800 Mio. Euro zusätzlich einnehmen, 2029 knapp 860 Mio. Euro. Die Milliardenlücken in der Finanzplanung von Klingbeil bis 2029 werden dadurch kaum kleiner: Von den Mehreinnahmen 2029 entfallen laut Entwurf 131,5 Mio. Euro auf den Bund.

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rtr/dpa/kb

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