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Kolumne Was beim Euro irreversibel bedeutet

Wer den Euro verlässt, gelangt nicht wieder zum Ausgangszustand vor Einführung der gemeinsamen Währung. Von David Milleker
Griechische 1-Euro-Münze: Ist die Mitgliedschaft im Euro das Ende der Geschichte - Foto: griechenland-deals / pixelio.de
Griechische 1-Euro-Münze: Ist die Mitgliedschaft im Euro das Ende der Geschichte - Foto: griechenland-deals / pixelio.de
Kolumne: Was beim Euro irreversibel bedeutet

David Milleker ist seit 2006 Chefvolkswirt bei Union Investment, einer der größten deutschen Fondsgesellschaften. Sie gehört zur genossenschaftlichen Finanzgruppe.

Ein Land im Schwebezustand: Rechtlich gesehen ist Griechenland noch Teil der Europäischen Währungsunion (EWU). Faktisch allerdings schon nicht mehr wirklich, da seinen Banken der Zugriff auf die Refinanzierungsmöglichkeiten der Europäischen Zentralbank (EZB) fehlt. Offen ist auch, welchen Entwicklungspfad Griechenland einschlägt: zurück zur Vollmitgliedschaft nach einer Karenzzeit (wie Zypern), Verbleib als vollständig „Euro-isierte“ Volkswirtschaft ohne formelle EWU-Mitgliedschaft (wie Montenegro) oder vollständiger Austritt (wie Argentinien nach Auflösung der Dollar-Bindung)?

Und was heißt das für die gerne und oft beschworene „Irreversibilität des Euro“? Mit Sicherheit nicht das, was die meisten Menschen darunter verstehen. Nämlich die gemeinsame Währung als „Ende der Geschichte“. Vor dem historischen Hintergrund zahlreicher fehlgeschlagener Experimente mit diversen Währungsverbünden wäre dies ohnehin vermessen gewesen.

Der Euro hat den wirtschaftlichen Zustand dauerhaft verändert

Die weit bessere Definition von Irreversibilität kommt aus der Physik. Max Planck definierte diese so: „Es gibt keine Möglichkeit, einen irreversiblen Prozess auf irgendeine Art und Weise rückgängig zu machen, und gleichzeitig alle dafür etwa benutzten Hilfsmittel wieder in ihren Ausgangszustand zurückzuversetzen.“

Das gilt in dieser Form ganz sicher auch für den Euro und die an ihn gebundenen Volkswirtschaften. Seine reine Existenz hat dazu beigetragen, den wirtschaftlichen Zustand dauerhaft zu verändern. Beispielsweise wäre es ohne Euro nicht zu den gewaltigen deutschen Außenhandelsüberschüssen der jüngsten Vergangenheit gekommen. Nach den Erfahrungen vor 1999 wären sie durch regelmäßige Aufwertungsschübe ebenso regelmäßig wieder abgetragen worden. Und die engen finanziellen Verflechtungen zwischen den Mitgliedern des Euro-Raums wären in diesem Umfang auch nicht möglich gewesen.

Im Umkehrschluss würde ein Euro-Austritt auch nicht bedeuten, dass dadurch der Ausgangszustand wieder eintritt, wie er vor Einführung der gemeinsamen Währung geherrscht hat. In diesem Sinne ist der Euro ganz sicher irreversibel, auch wenn die jüngste Entwicklung zweifeln lässt, ob er vielleicht doch umkehrbar sein könnte.

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