Die Inflation in Deutschland insgesamt beruhigt sich. Bei einzelnen Waren und Dienstleistungen ist das allerdings nicht der Fall. Im Gegenteil: Bei manchen Preisen meldet das Statistische Bundesamt wilde Sprünge - nach oben wie nach unten. So ist die Inflationsrate, die die Veränderung aller Verbraucherpreise zusammenfasst, im Mai weiter zurückgegangen auf 6,1 Prozent. Im April hatte die Rate noch bei 7,2 Prozent gelegen. Im Vergleich von Monat zu Monat, also zum April 2023 sanken die Verbraucherpreise im Mai sogar leicht um 0,1 Prozent. Bei einzelnen Produkten – auch innerhalb sich meist parallel entwickelnder Warengruppen – zeigen sich dagegen große, teils gegensätzliche Preisbewegungen.
Auffällig sind gegenläufige Entwicklungen, etwa bei den Energiepreisen. Für diese in der Inflationsstatistik wichtige Kategorie meldet das Statistische Bundesamt einen moderaten Preisanstieg von 2,6 Prozent im Jahresvergleich. Tatsächlich bekommen Verbraucher, je nachdem, welche Energie sie zum Heizen nutzen, ganz unterschiedliche Entwicklungen zu spüren: Erdgas etwa war im Mai 2023 über 40 Prozent teurer als im Vorjahresmonat, auch die Strompreise liegen weiterhin deutlich über Vorjahresniveau. Heizöl war dagegen mehr als fünf Prozent billiger als ein Jahr zuvor, während die Spritpreise regelrecht eingebrochen sind: Superbenzin kostete im Mai zwölf Prozent weniger, der Dieselpreis brach um mehr als 20 Prozent ein.
Noch stärker haben sich im Mai die Lebensmittelpreise auseinanderentwickelt. Insgesamt lagen die Nahrungsmittelpreise knapp 15 Prozent über denen vom Mai 2022, auch wenn sie im Monatsvergleich wieder leicht gesunken sind. Bei einzelnen Produkten zeigen sich aber auch hier gegensätzliche Entwicklungen. Die krasseste Steigerung unter den Grundnahrungsmitteln zeigt sich bei Zucker, der sich im Jahresvergleich um 70 Prozent verteuerte. Auch die Preise für Milchprodukte wie Käse und Quark zogen mit knapp 30 Prozent stark an. Bei Margarine oder Pflanzenfett stiegen die Preise ähnlich stark. Butter dagegen verzeichnete einen Preiseinbruch um gut 23 Prozent.
Versorger haben Preissenkungen angekündigt
Auch bei Dienstleistungen gab es gegenläufige Entwicklungen. So zogen die Flugpreise mit einem Plus von 28 Prozent stark an. Bahntickets im Nahverkehr wurden dagegen nur um 0,6 Prozent teurer, kombinierte Tickets für Bus und Bahn waren gar 22,9 Prozent billiger. Hinter der Entwicklung beim Öffentlichen Verkehr steckt das Deutschlandticket, das im Mai eingeführt wurde und die Nutzung des Nahverkehrs bundesweit für einen Einheitspreis von 49 Euro ermöglicht. Im Fernverkehr und insbesondere in der Luftfahrt stiegen die Preise dagegen.
Bei den Nahrungs- und Energiepreisen stecken andere Gründe hinter den auseinanderdriftenden Preisen. Offensichtlich haben die dominierenden Einzelhändler nach den drastischen Preiserhöhungen des vergangenen Jahres, die viele Verbraucher verärgert haben, mit einem Preiswettbewerb begonnen, zunächst bei der Butter. Auch einige andere Lebensmittel wie Gemüse, das sich im Winter stark verteuert hatte, wurde zuletzt wieder billiger, auch wenn die Preise noch über Vorjahresniveau liegen. Doch ob dies der Beginn einer allgemeinen Trendwende bei den Lebensmittelpreisen ist oder sich die Teuerung fortsetzt, ist laut Experten noch nicht ausgemacht.
Klarer ist die Entwicklung bei den Energiepreisen: So sind die Preise für Heizöl, Benzin und Diesel entsprechend der Entwicklung am Weltmarkt relativ schnell auch für die Verbraucher wieder gefallen. Bei Erdgas und Strom, die zum Großteil in Form langfristiger Verträge angeboten werden, bewegen sich die Verbraucherpreise dagegen mit erheblicher Verzögerung zu den Großhandelspreisen. So waren im vergangenen Jahr die historischen Preisschocks beim Erdgas und an der Strombörse bei den meisten Verbrauchern erst mit mehreren Monaten Verzögerung angekommen. Mehrere Versorgungsunternehmen haben allerdings angekündigt, dass sie ihre inzwischen wieder gesunkenen Einkaufspreise auch an ihre Kunden weitergeben werden.
Dieser Artikel ist zuerst auf n-tv.de erschienen.