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Kommentar Warum Peter Thiel zu Trump schweigt

Der Investor gibt gern den Verfechter der Freiheit. Es sei denn, man fragt ihn zu seinen politischen Vorlieben. Von Nils Kreimeier

Peter Thiel ist zweifellos ein interessanter Mensch. Der Mann, der einst in Frankfurt am Main geboren wurde, hat Paypal mit hochgezogen. Er hat bei Facebook investiert, als in Deutschland noch Poesiealben herumgereicht wurden. Er ist mit einem geschätzten Vermögen von 2,7 Mrd. Dollar ein reicher Mann und trotzdem noch hungrig. Und er hat als langjähriger Bewohner des Silicon Valley eine Sicht auf die Welt, die erfrischend sein kann im großkoalitionären Rente-mit-63-Deutschland. Freier. Liberaler. Manchmal auf den Punkt. „Die Minuszinsen in Europa zeigen, dass wir keine guten Ideen für die Zukunft haben.“ Nicht Mario Draghi ist Schuld, sondern wir alle in unserer Bequemlichkeit. Das ist so ein klarer Thiel-Gedanke, wie er ihn auch am Mittwochabend in Berlin auf einer Veranstaltung im Bundesfinanzministerium äußert.

Aber Thiel ist auch: ein Delegierter für den US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Für einen Mann also, der eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen will. Der allen Muslimen die Einreise verweigern möchte. Der freien Handel zum Übel erklärt hat. Der zum Boykott von Apple aufgerufen hat, weil der Konzern sich weigerte, seine Software für das FBI zu öffnen. Der mit allem, was er sagt und tut, für das Gegenteil von Freiheit steht.

Fragezeichen hinter dem Freigeist

Was also hat jemand wie Thiel mit Trump zu tun? Man hätte ihm gern diese Frage gestellt an diesem Abend in Berlin. Doch als bei einer der ersten Wortmeldungen aus dem Publikum der Name „Trump“ fällt, blockt Thiels Moderator, der CDU-Politiker Jens Spahn, sofort ab. Es gehe ausschließlich um „Themen der Digitalisierung“, keine Fragen zur Politik bitte. Und das, nachdem Thiel sich ausführlich über den mitunter schlechten Einfluss von Regierungen ausgelassen hat. In einem Gespräch, in dem es laut Titel um „gesellschaftlichen Zusammenhalt 4.0“ gehen soll.

Es ist nach einem bis dato sehr launigen Abend eine kalte Dusche, die den ganzen zuvor zur Schau gestellten Liberalismus wie eine hohle Phrase erscheinen lässt. Für die Großkopferten des Silicon Valley, die sich gerne als Weltenretter gerieren, ist das keine unübliche Haltung. Nach außen feiern sie die Kraft der Innovation, die sich, von staatlicher Gängelung befreit, frei entfalten kann. Sobald es aber um ihre eigenen Belange geht, spielt all das oft keine Rolle mehr. Tesla-Gründer Elon Musk feiert auf Twitter, dass Norwegen künftig Verbrennungsmotoren verbieten möchte („You guys rock!“). Facebook verbannt Bilder übergewichtiger Models von seiner Plattform, weil sie gegen die „Gesundheit und Fitness“-Richtlinie des Konzerns verstoßen. Und keine Fragen bitte!

All das ist natürlich das gute Recht von Unternehmern. Auch die Unterstützung für Trump. Aber es passt überhaupt nicht zu Leuten, die sich ständig als Freigeister präsentieren, als Vorreiter einer neuen Zeit, in der alles ausprobiert, alles gedacht und alles gesagt werden darf. Zurück bleibt nur das unangenehme Gefühl, dass all jene, die vor der Hybris des Valleys warnen, vielleicht doch Recht haben könnten.

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