Der Vorteil an einer starken Währung ist, dass man damit im Ausland viel kaufen kann. In Zeiten chronischer Wachstumsschwäche gilt das manchen allerdings längst als Nachteil.
Ein ehemaliger Top-Berater der Obama-Regierung hat jüngst empfohlen, die USA sollten absichtlich die Rolle ihres Greenback als Weltreservewährung schwächen: „Entthront den König Dollar!“ forderte der Ökonom Jared Bernstein in der New York Times.
Die Sonderrolle ihrer Währung verschafft den Amerikanern zwar Extra-Kaufkraft, weil sie der Welt in großem Umfang bedrucktes Papier (oder dessen elektronisches Äquivalent) verkaufen können. Der Keynesianer Bernstein kritisiert aber, dass auf diese Weise ständig Nachfrage ins Ausland abfließt: Hochwertige Industriegüter, die auch die Amerikaner selbst bauen könnten, würden stattdessen importiert. Fazit Bernstein: „Amerika kann sich das Privileg nicht mehr leisten, die Weltreservewährung bereitzustellen.“
Das ist ein bemerkenswerter Vorstoß, auch wenn Bernstein der amerikanischen Linken nahesteht und sein Artikel keine Änderung der offiziellen US-Politik signalisiert. Denn die Währung wird hier als eine Waffe im Kampf um eine knappe Ressource namens „Nachfrage“ gesehen.
Angst vor deflationärer Dauerflaute
Die Wechselkurse werden wieder politisch, die Konfliktlogik des „Beggar-Thy-Neighbour“ kehrt zurück. Viele Industrieländer fürchten eine deflationäre Dauerflaute, und auch außerhalb von Japan wächst die Furcht vor „japanischen Verhältnissen“. Da wird eine gezielte Abwertung zum Hebel, um die Nachfrage zu stützen und etwas Inflation ins Land zu holen.
Japan selbst hat es mit seinen „Abenomics“ vorgemacht. Kaum hatte Shinzo Abe, der damalige Regierungschef in spe, seine Pläne im November 2012 vorgestellt, da nahmen die Märkte das Signal auf und schickten den Yen ein halbes Jahr lang auf steile Talfahrt.
Ein in Japan hergestelltes Produkt verbilligte sich dadurch in Dollar gerechnet um 20 Prozent. Die Gewinnmargen und die Wettbewerbsfähigkeit der Exporteure verbesserten sich entsprechend, die Börse in Tokio boomte.
Mittlerweile wachsen die Zweifel an der Durchschlagskraft der bisherigen Politik und der Yen ist seit Mitte August erneut ins Rutschen geraten. Relativ zum Dollar ist er heute so billig wie seit sechs Jahren nicht.
Auch der Euro hat in den vergangenen Wochen in beschleunigtem Tempo abgewertet. Und es ist offenkundig, dass die EZB recht froh darüber ist.
Abwertung bedeutet andernorts Aufwertung
Die Experten debattieren zwar auch über eine große Politikoffensive in der Euro-Zone. Über ein dreiteiliges Konzept, bei dem monetäre Expansion, staatliche Investitionsprogramme und radikale Strukturreformen zusammenwirken sollen. Nouriel Roubini hat das hier „Draghinomics“ getauft – in Anlehnung an die „Drei-Pfeile-Strategie“ der japanischen „Abenomics“.
Dass sich die Europäer auf diese konzertierte Großaktion einigen können, bleibt allerdings ziemlich unwahrscheinlich. Wenn die „Abenomics“ überhaupt kopiert werden können, dann vielleicht noch am ehesten in Sachen Wechselkurs.
Das Problem ist, dass jeder Abwertung natürlich eine spiegelbildliche Aufwertung entsprechen muss. Wenn der Kurs der einen Währung fällt, dann steigt ex definitione der Kurs der anderen.
Verdeckter Währungskrieg?
Das trifft im Moment vor allem die USA, wo die Konjunktur vergleichsweise gut läuft und die Zeichen auf Zinserhöhung stehen. Der WSJ Dollar Index, ein Indikator für die Stärke des Greenback gegenüber den wichtigsten Währungen der Welt, steht so hoch wie seit Ausbruch der Euro-Krise nicht mehr.
Das „Wall Street Journal“ schrieb in dieser Woche schon, Mario Draghi führe mit der EZB einen „verdeckten Währungskrieg“. Bislang sieht es nicht so aus, als ob sich auch die Amerikaner in diesen „Krieg“ einschalten wollten. Aber sobald der Kursrutsch von Euro und Yen die US-Wirtschaft spürbar stört, wird Washington mit Sicherheit reagieren.