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Kampf ums Präsidentenamt Zitterpartie für Harris – so läuft es im Endspurt gegen Trump

Kamala Harris vor der Residenz der Vizepräsidentin in Washington
Kamala Harris vor der Residenz der Vizepräsidentin in Washington
© AP/ Ben Curtis / Picture Alliance
Wenige Wochen vor der Wahl wird die Kandidatin der Demokraten immer beliebter. Aber wird das auch reichen, wenn die Amerikaner auf die Wirtschaft schauen? Die wichtigsten Daten zu den Themen des Wahlkampfs

Auf der Zielgeraden des Wahlkampfs ums US-Präsidentenamt feuert Kamala Harris noch einmal aus allen Rohren. Innerhalb weniger Tage absolvierte die bisher eher interviewscheue Demokratin Auftritte in dem bekannten Podcast „Call her Daddy“, der Talkshow „60 minutes" auf CBS und in der Late-Night-Show von Stephen Colbert.

Der Grund dürfte klar sein. Der Kampf um das Präsidentenamt ist nach wie vor denkbar knapp, auch wenn sich Harris in den landesweiten Umfragen einen kleinen, aber beständigen Vorsprung vor Donald Trump erarbeitet hat. Zudem ist der Vizepräsidentin etwas gelungen, was Trump schon lange nicht mehr geschafft hat: Ihre persönlichen Umfragewerte sind mittlerweile im positiven Bereich, die Zahl der Menschen, die ihr zustimmen, ist also größer als die jener, die sie ablehnen. 

Zugleich allerdings steht fest, dass das Rennen zwischen Harris und Trump extrem eng bleibt. Die Zahl der unentschiedenen Wähler wird geringer, aber der Republikaner bleibt Harris auf den Fersen – wie die vom Datenportal Fivethirtyeight ermittelten gewichteten Durchschnittswerte der Ergebnisse verschiedener Institute zeigen.

Wie knapp der Zweikampf wird, zeigt sich vor allem dann, wenn man einen Blick auf die Zahlen in den sogenannten Swing States wirft – also in jener Handvoll Bundesstaaten, in denen beide Kandidaten gute Chancen haben und die am Ende angesichts des US-Wahlsystems das Rennen entscheiden werden. Fast in allen diesen Staaten liegen Harris und Trump sehr nahe beieinander. Da Trump in den Umfragen vor früheren Wahlen tendenziell eher unterschätzt wurde, ist das ein schlechtes Zeichen für die Vizepräsidentin.

Doch natürlich gibt es auch andere Daten, die den Wahlkampf prägen und ihn letztlich auch mitentscheiden könnten. Was spricht für Trump und was für Harris, jetzt, da das Rennen in die ganz heiße Phase eintritt? Capital sammelt kontinuierlich wichtige Umfragewerte und wirtschaftliche Kennziffern, die diesen Zweikampf begleiten.

Zunächst zum Geld: Harris hat gleich zum Start die Wahlkampfkasse von Biden übernommen und viel Geld von neuen Spendern eingesammelt. Das Resultat zeigt sich in den Finanzen ihres Teams. Jeden Monat müssen die Wahlkampfteams ihre Einnahmen und Ausgaben an die Föderale Wahlkommission melden, und hier hat die Demokratin deutlich die Führung übernommen.

Die amerikanischen Wählerinnen und Wähler dürfte allerdings eher interessieren, wie sich ihre persönliche ökonomische Lage entwickelt. Die alte Frage „Geht es Ihnen besser oder schlechter als vor vier Jahren?“ und die Antwort darauf werden auch diesmal wieder Einfluss auf das Wahlergebnis haben. 

Der Aufschwung nimmt wieder Fahrt auf

Und hier gilt: Die US-Wirtschaft läuft gut, sie hat an Dynamik sogar wieder zugelegt. Zwar rief der Einbruch der Börsen Anfang August Rezessionsängste hervor, doch bisher ist davon wenig zu sehen. Während das erste Quartal 2024 eher enttäuschend verlief, hat das Wachstum nun wieder die Drei-Prozent-Marke erreicht. Dazu beigetragen haben das Konjunkturprogramm „Inflation Reduction Act“, sinkende Energiepreise und ein alles in allem gut laufender Arbeitsmarkt. Für Harris ist das ein gutes Signal, da sie in ihren Reden auch die Bilanz der gemeinsamen Arbeit mit Biden anpreist. Sollte sich der Trend verstetigen, kann ihr das bei den wenigen noch Unentschlossenen helfen.

Bidens Wirtschaftspolitik gilt unter den meisten Beobachtern als erfolgreich. Unter „Bidenomics“ wurden die Erneuerbaren Energien ausgebaut und damit Jobs geschaffen. Es kam zu einer historisch einzigartigen Phase, in der die von den US-Behörden ausgewiesene Arbeitslosenrate unter dem Wert von vier Prozent blieb. Das ist zwar seit Mai vorbei, aber auch hier geht der Trend wieder in eine positive Richtung.

Inflation schwächt sich ab

Auch beim größten Sorgenkind der US-Regierung – der Preissteigerung – hat unlängst spürbare Entspannung eingesetzt. Die Inflation liegt inzwischen unter drei Prozent und damit in einem Bereich, der Hoffnungen weckt. Mitte September senkte die US-Zentralbank den Leitzins dann auch in einem ungewöhnlich großen Schritt um einen halben Prozentpunkt. Das erleichtert die Kreditaufnahme und dürfte die Wirtschaft befeuern. Die Aktienmärkrt reagierten jedenfalls schon mit Euphorie.

Traditionell reagieren die US-Bürger in einem Bereich besonders empfindlich auf die Preise, und zwar beim Treibstoff. Und auch hier hat sich die Lage sichtbar verbessert. Seit einigen Monaten gehen die Preise an den Zapfsäulen wieder nach unten.

Wird die Laune wieder besser?

Wie aber schlagen sich die gemischten Rahmendaten in der Stimmung der US-Amerikaner nieder – also in dem, was letztlich an der Wahlurne entscheidend sein könnte? Das Vertrauen der US-Bürger in die Wirtschaftslage – so wie es regelmäßig von der University of Michigan erhoben wird – machte zu Anfang des Jahres einen deutlichen Sprung nach oben, erreichte den höchsten Wert seit Sommer 2021 und stieg im März noch weiter. Danach ging es recht deutlich abwärts. Dass sich keine wirkliche Konsumlaune breit macht, ist ein eher schlechtes Zeichen für Harris.

Weniger Probleme mit der Einwanderung

Allerdings spielen neben ökonomischen Faktoren auch andere Themen eine Rolle, und dazu gehört die illegale Einwanderung. Es ist ein Problemfeld für die Regierung, da vor allem an der südlichen Grenze der USA in der zweiten Jahreshälfte 2023 eine steigende Zahl von Versuchen der nicht legalen Einreise registriert wurde. Einen parteiübergreifenden Deal für die Grenze hatten die Republikaner aus wahltaktischen Gründen in einer Blockadeaktion im Kongress verhindert. Daher hat die Regierung per Verordnung die Schrauben an der Grenze angezogen, und das durchaus mit Erfolg. Seit Jahresbeginn 2024 gibt es einen deutlich rückläufigen Trend. Für Harris ist dies besonders wichtig: Sie war offiziell mit der Aufgabe betraut worden, an der Grenze für Ordnung zu sorgen.

Alle Umfragen weisen darauf hin, dass die Wahl mit einem der knappsten Ergebnisse der jüngeren US-Geschichte enden wird. Womöglich entscheiden gleich in mehreren Bundesstaaten einige Zehntausend Stimmen über den Ausgang. Das Wirtschaftswachstum und auch der Arbeitsmarkt sprechen durchaus für die amtierende Regierung. Die Inflation aber ist das größte Ärgernis für viele Wähler. Und auch wenn sie nun sinkt, so vergleichen die Wähler die Preise eben mit denen von vor einem Jahr oder gar vor vier Jahren. Und dabei fällt das Ergebnis eher schlecht für Harris aus.

Hinweis: Dieser Artikel wird laufend aktualisiert.

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