Ein Ort zum Wohlfühlen war Twitter nie. Schon lange bevor Tesla-Chef Elon Musk die Plattform im vergangenen Jahr übernahm, hatte Twitter ein Problem mit Hass und Hetze – mit Fake News und Zuspitzung. Doch eine Sache war anders: Die Person an der Spitze tat jedenfalls so, als wolle sie das Problem angehen.
Seit Elon Musk allerdings an der Macht ist, werden die alten Probleme zur Stärke verklärt. Gesperrte User werden wieder auf die Plattform geholt und können ihre umstrittenen Inhalte teilen. Hass und Hetze sind lauter als je zuvor – maßgeblich angetrieben durch Musk selbst, der in der vergangenen Woche beispielsweise antisemitische Codes gegen den Holocaust-Überlebenden George Soros verwendete.
Viele Nutzerinnen und Nutzer kehren der Plattform inzwischen den Rücken oder wollen dies tun. Bislang gibt es allerdings keine vergleichbar relevante Alternative an sozialem Netzwerk – immerhin aber einige Kandidaten, die Twitter in Zukunft gefährlich werden könnten. Capital stellt fünf von ihnen vor.
Fünf Twitter-Alternativen

Konkurrenz erhält Twitter ausgerechnet von seinem Gründer Jack Dorsey. Bluesky wirbt vor allem mit seinem dezentralen Ansatz. Im Gegensatz zu Diensten wie Twitter, Tiktok und Co., die zentral über Server der Betreiberunternehmen laufen, können sich die Nutzerinnen und Nutzer bei dezentralen Plattformen über viele kleine Server registrieren. Die Betreiber der Server sind etwa Einzelpersonen, die jeweils eigene Regeln für ihre Server aufstellen – sie sind nicht vom Netzwerk vorgegeben. Die Profiloberfläche ist der von Twitter sehr ähnlich. Nutzerinnen und Nutzer können sich einen Benutzernamen mit @-Handle erstellen, sie haben ein Profilbild, einen Hintergrund und ihnen werden Follower-Zahlen und gefolgte Accounts angezeigt. Die Posts, die Nutzer verfassen können, dürfen eine Länge von bis zu 256 Zeichen haben und Fotos beinhalten. Die Beiträge lassen sich über eine Plus-Schaltfläche erstellen.

Der bekannteste Twitter-Konkurrent dürfte aktuell wohl Mastodon sein. Ähnlich wie Bluesky setzt die Plattform auf einen dezentralen Ansatz, und war hierfür auch der Vorläufer. Angemeldete Nutzer können Kurznachrichten, ähnlich wie beim Messenger-Dienst Telegram, verbreiten. Diese werden „Toots“ genannt und dürfen maximal 500 Zeichen enthalten. Die Toots können anschließend kommentiert, geteilt und favorisiert werden. Mastodon erreichte infolge der Twitter-Übernahme ein rasantes Nutzerwachstum. Innerhalb eines Jahres verdoppelte die Plattform ihre Nutzerzahl von 5,03 Mio. auf 11,2 Mio. – wobei die Zahl der monatlichen Nutzer zuletzt wieder rückläufig war. Viele kritisieren beispielsweise, dass die Plattform aufgrund ihrer Dezentralität zu unübersichtlich sei.

Spoutible will die früheren Reize von Twitter wiederbeleben – also einen Ort schaffen, an dem vielfältige Menschen ihre Gedanken teilen. Auch optisch erinnert Spoutible stark an sein Vorbild, und ist anders als Bluesky und Mastodon eine zentrale Plattform. So finden Begegnungen zwischen Usern aller Art statt, was dem Anspruch der Plattform entspricht. Spoutible versteht sich als inklusive und explizit positive Gemeinschaft. Der Diskurs soll radikal konstruktiv sein, und Spoutible setzt hierfür auch auf Content-Moderation. Bislang kommt dies laut Nutzerumfragen gut an. Fraglich bleibt aber, ob die Moderation auch einem potenziellen Nutzerwachstum standhalten kann.

Post präsentiert sich sehr ähnlich zu Spoutible: Auch hier soll es gesitteter und konstruktiver zugehen. Im Gegensatz zu Spoutible will Post allerdings auch weitere Multiplikatoren wie Nachrichtenportale und Journalisten anlocken. Dazu bietet es eine Payment-Lösung an, wo User für Artikel und anderen Content direkt über die Plattform bezahlen können. Unterstützt wird die Plattform unter anderem durch den bekannten Investor Andreessen Horowitz (A16z), der beispielsweise in den E-Scooter-Verleiher Lime und die Buchungsplattform Airbnb investiert ist.

Artifact fällt etwas aus der Reihe, da es eigentlich keine Social-Media-, sondern eine News-Plattform ist. Nutzerinnen und Nutzer bekommen hier einen personalisierten Nachrichtenfeed von verschiedenen Artikeln. Die Inhalte können sowohl von bekannten Medienmarken als auch von kleineren Blogs stammen. Nutzerinnen und Nutzer können die Beiträge zwar kommentieren, aber keine eigenen Inhalte schaffen. Gegründet wurde Artifact von Instagram-Mitgründer Kevin Systrom, der sich für sein Start-up von Tiktok inspirieren ließ. Dessen Erfolg basiert zu einem großen Teil auf einem besonders ausgeklügelten Algorithmus, der Usern zielgenaue Kurzvideos vorschlägt. Eine ähnliche künstliche Intelligenz setzt nun auch Artifact ein.