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Kolumne Triumph des Volkswagen‑Triumvirats

Nie war die Macht der Gewerkschaften bei VW größer. Die Prinzipien guter Corporate Governance bleiben auf der Strecke. Von Bernd Ziesemer
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Bernd Ziesemer ist Capital-Kolumnist. Der Wirtschaftsjournalist war von 2002 bis 2010 Chefredakteur des Handelsblattes. Anschließend war er bis 2014 Geschäftsführer der Corporate-Publishing-Sparte des Verlags Hoffmann und Campe. Ziesemers Kolumne erscheint jeden Montag auf Capital.de. Hier können Sie ihm auf Twitter folgen.

Nun also auch noch Uwe Hück. Seit dem 1. Juli sitzt der laut- und kampfstarke Betriebsratsvorsitzende von Porsche auch im Aufsichtsrat der Muttergesellschaft Volkswagen. Dort zieht bereits sein IG-Metall-Kollege Bernd Osterloh mit großem Machtbewusstsein die Fäden. Und seit nunmehr gut zwei Monaten leitet ihr ehemaliger Gewerkschaftschef Berthold Huber sogar kommissarisch den ganzen Aufsichtsrat – ein einmaliger Vorgang in der deutschen Wirtschaft. Huber, Hück und Osterloh bilden ein Triumvirat bei Volkswagen, an dem nichts mehr vorbei geht. Alle drei verstanden sich schon immer als Co-Manager, nun aber mutieren sie zu Übervorständen. Selbst bei Produktentscheidungen reden die Belegschaftsvertreter inzwischen ein gehöriges Wort mit. Und VW-Betriebsratschef Osterloh äußert sich in seinen zahlreichen Interviews zu jedem Hölzchen und Stöckchen im Konzern.

Nie war die Macht der Gewerkschaften so groß wie heute bei VW. Sicherlich spielen sie schon seit Jahrzehnten eine sehr wichtige Rolle in dem Autokonzern. Doch so lange Ferdinand Piëch in Wolfsburg als Übervater regierte, gab es zumindest ein starkes Gegengewicht. Davon kann augenblicklich keine Rede mehr sein. Auf der Kapitalbank des Aufsichtsrats sitzen fast ausnahmslose schwache Figuren, die in einem normalen Dax-30-Konzern niemals an ein Mandat gekommen wären. Und Stephan Weil, im Hauptberuf Regierungschef von Niedersachsen, legt sich mit seinen drei SPD-Parteigenossen Huber, Hück und Osterloh im Zweifel auch nicht an.

Winterkorn ist abhängig von Gewerkschaftern

Viele sehen den Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn als neuen starken Mann in Wolfsburg. Doch der 68-jährige Manager verdankt seinen Sieg im Machtkampf gegen Piëch allein den Gewerkschaftern. Das schränkt seine Möglichkeiten, dem Triumvirat Paroli zu bieten, ganz empfindlich ein. Winterkorns Traum, Piëch auch als Aufsichtsratschef zu beerben, hängt allein am Wohlwollen der mächtigen Strippenzieher aus dem Gewerkschaftslager.

Gute Unternehmensführung erfordert eine klare Aufgabenteilung – und ein System von „Checks and Balances“. Davon ist bei VW nur wenig übriggeblieben. Die Verantwortungslinien gehen durcheinander und geordnete Entscheidungsprozesse fehlen. Auf Dauer kann das nicht gut gehen. Zwar verweisen die Anhänger des „VW-Modells“ gern auf die großen Erfolge des Konzerns – aber das sind eben Erfolge der Vergangenheit.

Im Konzern mehren sich die Zeichen, das vieles nicht mehr rund läuft. Die schwachen Absatzzahlen in den USA und in China sprechen für sich, die schwache Rendite der Hauptmarke VW belastet die Zukunft des ganzen Konzerns. Unternehmen mit einer schlechten Corporate Governance – man denke nur an das Beispiel ThyssenKrupp unter dem damaligen Aufsichtsratschef Gerhard Cromme –können auf Dauer nicht erfolgreich bleiben. Man darf gespannt sein, wie sich die Co-Manager aus den Reihen der Gewerkschaften verhalten, wenn es eines Tages zu einem großen Einbruch bei Volkswagen kommen sollte.

Hier geht es zur letzten Kolumne von Bernd Ziesemer: Die Sandburgen der Bosse

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