Start-ups sind womöglich die Champions von morgen. Da wollen Investoren verstärkt von Anfang an dabei sein. Die Folge: „Europäische Jungunternehmen haben im ersten Halbjahr so viel Geld erhalten wie nie zuvor“, berichtete die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) in ihrem Start-up-Barometer für das erste Halbjahr 2019. Demnach erhöhte sich der Gesamtwert der Start-up-Finanzierungen im Vergleich zum Vorjahr um 62 Prozent auf 16,9 Milliarden Euro. Damit wurden den Angaben zufolge bereits 78 Prozent des Gesamtjahresvolumens von 2018 erreicht, das seinerseits bereits einen historischen Höchststand markiert hatte.
Die Zahl der Finanzierungsrunden stieg hingegen im ersten Halbjahr 2019 nur um zehn Prozent auf 2301. „Gerade sehr große Deals boomen: Europaweit hat sich die Zahl der Transaktionen, bei denen 100 Millionen Euro und mehr geflossen sind, von 12 auf 26 mehr als verdoppelt“, erklärte Hubert Barth, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY in Deutschland. EY attestierte dem europäischen Start-up-Markt eine beeindruckende Dynamik. Die erreiche zunehmend kleinere Märkte, die bislang nicht so im Fokus gestanden hätten.
Als Start-ups gelten in der EY-Statistik Unternehmen, die nicht älter als zehn Jahre sind. „Ausnahmen sind solche Unternehmen, deren Gründungsjahr nicht bekannt ist, oder die trotz eines höheren Alters in der öffentlichen Wahrnehmung weiterhin als Start-ups gelten“, teilten die Wirtschaftsprüfer mit.
In diesen zehn Ländern gab es für europäische Start-ups 2019 bislang am meisten Geld.
In diesen Ländern gibt es am meisten Geld für Start-ups
Manchmal reicht schon ein Start-up, um einem Land einen Platz in der europäischen Spitzengruppe zu sichern. Im Falle von Schweden war das im ersten Halbjahr 2019 der Batteriehersteller Northvolt. Seine 885-Millionen-Euro Finanzierung war laut EY die zweitgrößte Transaktion in Europa. Geld kam unter anderem von Volkswagen und BMW. Dank Northvolt stieg Schwedens Halbjahres-Bilanz von 432 auf 1293 Millionen Euro. Die Zahl der Finanzierungsrunden erhöhte sich um 19 Prozent.
Deutschland war im ersten Halbjahr 2019 der drittgrößte Markt für Start-ups. Das Investitionsvolumen wuchs allerdings vergleichsweise leicht um sieben Prozent auf 2,7 Milliarden Euro. Zwei Milliarden Euro entfielen den Angaben zufolge auf die Hauptstadt. Am meisten Geld gab es demnach mit 428 Millionen Euro für die Berliner Reiseplattform GetYourGuide. „Die aktuelle Konjunkturflaute scheint dem Risikokapitalmarkt kaum etwas anhaben zu können – zumindest hält der Aufwärtstrend im laufenden zweiten Halbjahr in Deutschland an“, teilte EY mit. So seien im dritten Quartal hierzulande 2,2 Milliarden Euro an Jungunternehmen geflossen, mehr als doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum (965 Millionen Euro). Damit sei in den ersten drei Quartalen 2019 bereits das Niveau des gesamten Vorjahres erreicht worden.
Deutschland wurde 2019 jedoch von Frankreich abgehängt. Der Nachbar sprintete mit einem Plus von 43 Prozent auf jetzt 2,8 Milliarden Euro auf den zweiten Platz in Europa vor. 2,2 Milliarden Euro entfielen auf Paris, das 230 Start-up-Investitionen verzeichnete. In Berlin waren es laut EY nur 129. „Die französische Politik hat den Start-up-Sektor zur Chefsache erklärt und verfolgt das klare Ziel, Frankreich zum Top Start-up-Standort in Europa zu machen, indem bürokratische Hürden für Jungunternehmer abgebaut werden und der Staat Investoren und Gründer zusammenbringt“, erklärten die Wirtschaftsprüfer das französische Start-up-Wunder. Doctolib, ein französisch-deutsches Unternehmen mit Sitz in Paris und Berlin wurde für die Analyse als französisches Unternehmen gewertet
Da mag sich die Konkurrenz noch so anstrengen: Das Vereinigte Königreich bleibt unangefochten der Start-up-Standort Nummer eins in Europa. Das Investitionsvolumen im ersten Halbjahr 2019 verdoppelte sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 3,1 auf 6,7 Milliarden Euro. Damit entfielen rund 40 Prozent aller Investitionen in Europa auf das Vereinigte Königreich. London dominierte mit 5,7 Milliarden Euro das Städte-Ranking. „Jeder dritte Euro an Risikokapital, der im ersten Halbjahr in Europa investiert wurde, floss an ein Londoner Start-up. Das Brexit-Chaos scheint der starken Entwicklung der Londoner Start-up-Szene kaum etwas anhaben zu können“, urteilte Peter Lennartz, Partner bei EY. Auch die bislang größte Finanzierung des Jahres ging an ein britisches Unternehmen. Das Internet-Satelliten-Start-up OneWeb erhielt 1,1 Milliarden Euro.