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Western von gestern Wie ein Banker in Frauenkleidern seiner Strafe entging

Peter Young alias „Elizabeth“ auf dem Weg ins Gericht
Peter Young alias „Elizabeth“ auf dem Weg ins Gericht
© Jindrich Novotny
Der Investmentbanker Peter Young gilt als Genie, doch ein Betrugsfall beendet seine Karriere. Zum Prozess erscheint er in Frauenkleidern und nennt sich „Elizabeth“. Verurteilt wird Young nicht

Peter Young ist ein Star in der Londoner City. Bei Morgan Grenfell, der Investmenttochter der Deutschen Bank, verwaltet der Investmentbanker Mitte der 90er-Jahre Milliarden. Seine Fonds haben die besten Wertentwicklungen, 180.000 Investoren vertrauen dem jungen Briten.

Der Mathematiker mit Oxford-Abschluss gilt als Genie. Anfang 1996 wird er in der Royal Albert Hall als „Investment Manager of the Year“ geehrt. Privat führt Young eine Bilderbuchehe, hat zwei Söhne mit seiner zweiten Frau. Er lebt in einem schicken Anwesen in Buckinghamshire vor den Toren Londons.

Nur ein halbes Jahr nach der Ehrung, am 2. September, nimmt die Deutsche Bank Youngs Fonds vom Markt und feuert ihn fristlos. Von schwerem Betrug ist die Rede. Mehr als 430 Mio. D-Mark muss die Bank zahlen, um ihre Kunden für die Verluste der Fonds zu entschädigen.

Young wird vorgeworfen, die gesetzlich vorgeschriebenen Höchsteinlagen bei Gesellschaften überschritten zu haben. Mit komplizierten Deals habe er in obskure Firmen investiert, in die eigene Tasche gewirtschaftet, 13 Briefkastenfirmen in Luxemburg gegründet.

Das Serious Fraud Office (SFO), die für Wirtschaftskriminalität zuständige Ermittlungsbehörde, klagt Young an. Doch die gerichtliche Aufarbeitung misslingt bizarr. In den Gerichtssaal trippelt 1998 eine hochgewachsene Gestalt auf High Heels, im Blümchenkleid, die Lippen knallrot, die Wangen gepudert. Unter der schwarzen Perücke steckt Peter Young, der Fondsmanager. Er stellt sich als „Elizabeth“ vor und reagiert nur auf diesen Namen.

Schmierenkomödie oder ernsthafte Erkrankung

Seine Anwälte erklären, Young höre Stimmen, die ihn zur Geschlechtsumwandlung und sogar zu einem misslungenen Kastrationsversuch gedrängt hätten. Von seiner Frau sei er inzwischen getrennt. Gutachten werden vorgelegt, die belegen sollen, dass der Banker schizophren und nicht verhandlungsfähig sei.

In der City glauben viele an eine Schmierenkomödie. Psychische Probleme will dem Wunderkind Young nie jemand angemerkt haben. Für die meisten Banker steht fest: Der Mann spielt den Verrückten, um nicht belangt zu werden.

Die Richter aber schließen sich dieser Interpretation nicht an. Sie sehen sich außerstande, den Psychiatriepatienten Young zu verurteilen. Auch wenn das Gericht 2003 in der Sache seine Schuld feststellt, kommt er ohne Strafe davon.

Hauptperson

Peter Young wurde 1958 in Guildford geboren. Seit 1992 arbeitete er als Investmentbanker für Morgan Grenfell, eine Tochter der Deutschen Bank. Die Performance seiner Fonds war grandios. Dann wurde er 1996 des Betrugs überführt. Wo Young heute lebt, ist unbekannt.

Western von gestern: Die Wirtschaft ist voller Skandale, Fehden und Machtkämpfe. Capital erinnert an die besten.

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