Vergleichsportal Schreck24

Check24-Zentrale in München
Check24-Zentrale in München
Wer im Netz Versicherungen, Finanz­produkte, Strom- oder Handyverträge verkaufen will, kommt an Check24 kaum vorbei. Ein Erfolg – einerseits. Doch die Macht des deutschen Marktführers ist vielen längst unheimlich

Roman Rittweger ist eigentlich kein Typ, der schnell den Mut verliert. Als der gelernte Mediziner 2017 das Versicherungs-Start-up Ottonova startete, wagte er damit die erste deutsche Neugründung eines privaten Krankenversicherers seit 17 Jahren. Doch als Ottonova ein Jahr nach dem Start gerade einmal 400 Kunden beisammenhatte, sah sich Rittweger gezwungen, sich von einem seiner wichtigsten Vorsätze zu verabschieden: Er gab seine Unabhängigkeit auf. Das Unternehmen listete seine Tarife fortan auf Check24, einem Vergleichsportal mit enormer Reichweite. „Wir hatten mal die Idee, das ohne die Checks dieser Welt zu machen“, bilanziert Rittweger. „Aber ein gutes Produkt zu haben reicht nicht.“

Inzwischen hat sich der Gründer mit Check24 arrangiert. Rittweger hat seine Tarife sogar so umbauen lassen, dass sie nach den Kriterien des Vergleichsportals möglichst weit oben landen. Mit einem Beamtenanwärtertarif hat er kürzlich eine Police gelauncht, die nur über Check24 verkauft wird – offenbar höchst erfolgreich: „Da hätten wir wie sonst was auf Facebook oder im Fernsehen Werbung schalten können, das hätte nicht den gleichen Effekt gehabt.“

Mit der Einsicht, dass an Check24 kein Weg vorbeiführt, ist Rittweger nicht allein. Nicht nur für Versicherer, auch für Telekommunikationsanbieter, Stromkonzerne oder Banken sind Vergleichsportale die entscheidenden Gatekeeper beim Zugang zu online erreichbaren Kunden geworden. Das Bundeskartellamt schätzt, dass je nach Branche zwischen fünf und 25 Prozent des Umsatzes über die Plattformen abgewickelt werden, Tendenz steigend. Check24 ist dabei in Deutschland der mit Abstand wichtigste Player, teilweise mit monopolähnlicher Stellung dank der Konzentrationslogik, die Plattformmärkten eigen ist.

Quelle: Verbraucherzentrale Bayern
Quelle: Verbraucherzentrale Bayern

Beispiel Versicherungen: Knapp 40 Prozent der einfachen Policen für Haushalt, Hausrat oder Autos werden laut den Marktforschern von Heute & Morgen über Vergleichsportale abgeschlossen. Brancheninsider schätzen, dass die Plattformen allein mit Provisionen etwa 300 Mio. Euro jährlich verdienen. Ein Großteil davon dürfte an Check24 gehen – bei Kfz-Versicherungen etwa liegt der Anteil des Münchner Unternehmens laut der Beratung Sirius Campus bei 70 Prozent.

In Summe dürfte Check24 die Milliardengrenze beim Umsatz vor einigen Jahren überschritten haben. Das Unternehmen arbeitet dabei hochprofitabel, die Gewinnmarge soll zweistellig sein. Als Marke ist das Portal inzwischen den meisten Verbrauchern ein Begriff, vor allem dank der allgegenwärtigen Fernsehwerbung, die sich Check24 laut Nielsen mehr als 150 Mio. Euro pro Jahr kosten lässt.

Öffentlich kaum bekannt ist dagegen, welche Strategie eigentlich hinter dem Primus der Vergleichsbranche steckt – und wie weit dessen Marktmacht inzwischen reicht. Capital konnte für diese Recherche mit dem seit 2015 amtierenden CEO Christoph Röttele sprechen und dazu ein gutes Dutzend Kenner des Unternehmens befragen: Geschäftspartner, Konkurrenten, Dienstleister und ehemalige Mitarbeiter, die zumeist lieber anonym bleiben, um nicht den Zorn der Münchner auf sich zu ziehen. Mit ihrer Hilfe lässt sich das Bild einer äußerst mächtigen Plattform zeichnen, die um ihren Erfolg beneidet, aber für ihr Geschäftsgebaren auch gefürchtet wird.

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