Wenn es um den Zustand der russischen Wirtschaft geht, schauen die Deutschen gern auf die falschen Zahlen. Immer mal wieder liest und hört man Kommentare, so lange sie immer noch leicht wachse, könne der Effekt der westlichen Sanktionen ja nicht besonders groß sein. In Wahrheit stellt sich Putins Reich immer stärker auf eine Kriegsökonomie um, in der nichts mehr so läuft wie in normalen Zeiten und viele gängige Indikatoren wie etwa das Bruttoinlandsprodukt kaum noch etwas aussagen.
Eine einzige Ziffer spricht für sich: Allein in den ersten beiden Monaten dieses Jahres explodierten Putins Militärausgaben um 282 Prozent, wie die Nachrichtenagentur Reuters meldete. Damit die Welt nicht erfährt, wie es wirklich um Russland steht, gibt es seit letzter Woche keine weiteren neuen Zahlen aus dem Militärhaushalt mehr. Schon seit langem veröffentlicht Moskau auch keine Angaben mehr über seine Erdöl- und Gaseinnahmen. Eine typische Reaktion aus Sowjetzeiten: Je schlimmer es wird, umso mehr Geheimniskrämerei betreibt der Kreml.
Die russische Wirtschaft hat sich nach einigen Verzögerungen inzwischen voll auf den Krieg umgestellt. Alle Privatfirmen müssen Staatsaufträge für das Militär vorrangig abarbeiten. Der Bedarf der Front geht immer vor. Immer mehr Unternehmen gliedern sich damit auch in den gewaltigen staatlichen Apparat zur Umgehung der westlichen Sanktionen ein. Kurzfristig hält Putin damit seine Kriegsmaschinerie am Laufen, langfristig aber zerstört er damit die Wettbewerbsfähigkeit des Landes.
Putins Russland kann den Rüstungswettlauf nicht gewinnen
Sanktionen können Russland nicht völlig vom Weltmarkt abschotten – zumal der Westen bisher zahlreiche Ausnahmen einräumt und erst allmählich die Umwege durch die Nachbarländer versperrt. Aber schon jetzt drücken die Sanktionen massiv auf die Einnahmen Putins und verteuern die Geschäftstätigkeit quer durch alle Sektoren. Die „guten Freunde“ Putins, allen voran die Volksrepublik China, helfen zwar auf der Importseite. Aber sie machen keineswegs Freundschaftspreise. Und die „neutralen Länder“ wie Indien, die seit dem Beginn des Kriegs verstärkt russische Rohstoffe kaufen, zahlen keineswegs Aufschläge, sondern verlangen kräftige Preisabschläge.
Langfristig ist Russland viel zu schwach, um in dem neuen Rüstungswettlauf mit dem Westen mitzuhalten. Die Sowjetunion ging trotz ihrer damaligen europäischen Satellitenstaaten endgültig wirtschaftlich zugrunde, weil sie die Kosten ihres Militärs nicht mehr tragen konnte. Der zehnjährige russische Afghanistan-Krieg nach 1979 besiegelte das Schicksal der Sowjetunion, die 1991 schließlich zerfiel. Die Ausgaben für Putins Ukrainekrieg übersteigen die damaligen Kosten um ein Vielfaches. Und die Zahl der russischen Opfer erst recht: In Afghanistan fielen gut 60.000 Soldaten, in der Ukraine bereits jetzt über 200.000.
Das Argument, die Zeit arbeite für Putin, stimmt weder wirtschaftlich noch politisch noch militärisch. Diese Rechnung geht für den Kreml-Diktator nur dann auf, wenn der Westen seine Unterstützung für die Ukraine einstellt. Putins einzige Hoffnung richtet sich auf das Jahr 2024 – und einen Sieg Donald Trumps.